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Das Sommerfestival auf Kampnagel

Von Sommer war nichts zu spüren bei der Eröffnung des diesjährigen Sommerfestivals auf Kampnagel (bis 28. August), Intendantin Amelie Deuflhard und Matthias Von Hartz, der künstlerische Leiter des Festivals, waren dennoch bester Laune. Was Wunder: Der Vorverkauf lief so gut wie nie, mehr als eineinhalb soviel Karten wie im vergangenen Jahr waren im Vorfeld gefragt.

Wer also die großen Tanz- und Theatervorstellungen von Pina Bausch (am Samstag, 13.8.), der Needcompany (17., 18. und 20.8.) oder der spirituell aufgeladenen Akram Khan Company aus London (27./28.8.) noch sehen will, sollte sich beeilen.
Ob sich Pina Bauschs „Kontakthof“, ihr Klassiker aus dem Jahr 1978, als Festivalauftakt eignet, darüber lässt sich sicher trefflich streiten. Festivallaune jedenfalls wollte sich nicht so recht einstellen, dazu ist das Stück doch zu schwer, mitunter auch zu langatmig und anstrengend mit seinen drei Stunden Spielzeit. Um über diesen langen Zeitraum das Publikum konstant zu fesseln, braucht es schon charismatische Tänzer – oder eben reife Persönlichkeiten, wie sie im Jahr 2000 zu sehen waren, als Pina Bausch (1940-2009) ihr Schlüsselwerk über die Annäherung und Aggression, Zärtlichkeit und Zurückweisung mit Senioren über 65 Jahren inszenierte. Die Intensität und Dichte von damals fehlt in der „Jugendversion“, die jetzt in Hamburg zu sehen ist. An ihre Stelle jedoch sind neue Qualitäten getreten, die diesen Abend zu einem ganz besonders anrührenden Erlebnis machen. In diesem, von Bühnenbildner Rolf Borzik als große Aula mit Bühne, Klavier und ein paar Stühlen ringsherum gestalteten „Kontakthof“, knüpfen 26 blutjunge Menschen die ersten zarten Bande. Keine Profis, sondern Laien, Schüler aus Wuppertal, das macht diesen Abend so authentisch. Die meisten der 13 Mädchen und 13 Jungen dürften zwischen 15 und 20 Jahre alt sein, und die Balz-Rituale und „Übersprungs-Handlungen“, die sie hier so grandios überzeichnen, erleben sie in Ansätzen wahrscheinlich täglich – ob auf jedem Schulhof oder in der Tanzstunde.

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In der leeren Aula sitzen sie anfangs wie die Spatzen auf der Stange, herausgeputzt und unsicher - die Jungs in schwarzen Anzügen, die Mädchen in bonbonfarbenen Coctail-Kleidern. Zu Walzerklängen und Schlager der 20er und 30er Jahre bohren sie ihre Schuhspitzen verlegen in den Boden, sie zupfen an ihren Kleidern, zappeln herum, streichen sich selbstbewusst durch die Haare, necken sich, testen sich aus, wackeln mit dem Po, fassen sich an, rennen chaotisch durcheinander, zwei wagen sogar einen halben Striptease und ein Mädchen schaukelt zwischendurch stoisch auf einem Spielzeugautomaten-Pferd. Gegen Ende sitzen die Teenager wieder den Zuschauern gegenüber und erzählen von der ersten Liebe. Bekenntnis-Fetzen erfährt man da, die eigentlich nur für die Ohren der besten Freundin (oder des besten Freundes) bestimmt sind.
Keine Frage, das Stück funktioniert in der Jugendversion. Über den Mut, die Souveränität und ja, auch das tänzerische Können dieser jungen Leute kann man nur staunen. Und die geniale, 30 Jahre alte Choreographie der Wuppertaler Tanztheater-Legende Pina Bausch wird sogar noch um eine Dimension erweitert. Der neue „Kontakthof“ erzählt auch davon, wie schwierig das Erwachsenwerden doch ist.

Internationales Sommerfestival 11-28. August 2011. Karten und Infos unter www.kampnagel.de
Fotonachweis:
Header: Titelmotiv Sommerfestival
Galerie: Logo Sommerfestival und Aufnahmen vom Tanztheater Wuppertal/Pina Bausch: Kontakthof. Mit Teenagern ab 14. Foto: Internationales Sommertheater

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