Die diesjährige Retrospektive der Nordischen Filmtage Lübeck erzählt in vierzehn Filmen aus den Jahren 1921 bis 1981 von Kleidervielfalt und Geschlechteridentitäten.
Das hat seinen guten Grund: „Weibliche wie männliche Homosexualität konnte in früheren Zeiten des Kinos oft nur in verschlüsselter Form dargestellt werden.
„Crossdressing war eine Möglichkeit, das Faszinosum gleichgeschlechtlicher Anziehung auf die Leinwand zu bringen“, erläutert der Kurator der Sektion Jörg Schöning Thema und Motto der Retrospektive der NFL 2022 „Cross und Queer“.
Damals entstanden zu diesem Thema ernsthafte Dramen wie „Hamlet“ (DE, 1921) mit dem dänischen Stummfilmstar Asta Nielsen in der Titelrolle und Komödien wie „Das Mädchen im Frack“ (SE, 1926). In diesem Film thematisiert Regisseurin Karin Swanström mit viel Humor Konformität und Vielfalt, Feminismus und Genderrollen. Leidvoll erfahren muss hingegen „The Man from Sysmä“ (FI, 1938) im turbulenten Mantel-und-Degen-Abenteuer aus Finnland (Eröffnungsfilm), dass mit dem Kostümwechsel auch ein Rollentausch verbunden ist. Humorvoll geht es auch zu in „Here’s to Little Märta“ (SE, 1945), eine Musikburleske um ein „Damentrio“. Sie gilt als schwedische Vorwegnahme von Billy Wilders „Manche mögen’s heiß“.
Das schwedische Kino ging in der Darstellung queerer Lebensformen voran. „Das Mädchen mit den Hyazinthen“ (SE, 1950) war als Film Noir ästhetisch ebenso avanciert wie Mai Zetterlings historisches Gesellschaftspanorama „Liebende Paare“ (SE, 1964, mit Harriet Andersson) und Ingmar Bergmans intime Studie „Persona“ (SE, 1966, mit Liv Ullman und Bibi Andersson). Auch in Norwegen entstanden mit der lesbischen Liebestragödie „Cecilia“ (NO, 1954) und dem von der Popkultur geprägten Jugenddrama „Equilibrium – It's Me You Should Love“ (NO, 1965) unvoreingenommene Filme über Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung zu Außenseitern der Gesellschaft gestempelt wurden. Damals wie heute ein wichtiges Thema, dessen sich die Retrospektive der NFL 2022 annimmt.
64. Nordischen Filmtage Lübeck
Retrospektive „Cross und Queer“
2. bis 6. November 2022
Weitere Informationen: https://www.nordische-filmtage.de/
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