Musik
Roger Cicero

Das kann doch nicht wahr sein! Das ist doch nicht möglich! Für alle, die Roger Cicero kannten und seine Musik liebten, ist sein plötzlicher Tod wie ein Schlag ins Gesicht. Unfassbar und hundsgemein.
Es hat mal wieder einen der Besten getroffen - einen der besten Jazz-Interpreten unserer Zeit. Sein Charme, sein Witz und seine Liebenswürdigkeit werden uns immer in Erinnerung bleiben. Und, natürlich, seine begnadete Musikalität: Er war es, der dem deutschen Swing neuen Auftrieb gab – mit humorvoll-banalen „Männersachen“, die vor allem Frauen begeisterte. Gründonnerstag starb der Wahl-Hamburger, dessen Markenzeichen Hut oder Schiebermütze waren, an einem Hirnschlag.
Roger Cicero wurde nur 45 Jahre alt.

Yoga. Aber nicht einfach so, soft und meditativ, sondern richtig: Power-Yoga, schweißtreibend, so richtig anstrengend. Damit halte er sich fit, erzählte Roger Cicero einmal. Das sei unschlagbar, um von dem ganzen Stress runterzukommen – und auch, um sich mental auf das nächste große Konzert vorzubereiten. Es hat ihm nicht geholfen. Die ständigen Auftritte, Proben und Termine waren zu viel, das war schon im vergangenen November klar. Auf einen verschleppten Virus, der sich auf den Herzmuskel gelegt hatte, folgte der Zusammenbruch, die Ärzte verordneten strickte Bettruhe, doch die Pause währte nicht lang. Anfang des Jahres stand er schon wieder auf der Bühne. Die neuen Alben, „Cicero Sings Sinatra“ und „The Roger Cicero Jazz Experience“ – beide übrigens erst kürzlich für einen Echo nominiert, in den Kategorien Jazz und Popp - sollten unter die Leute gebracht werden. Am 14. April war das nächste Konzert in der Münchner Philharmonie geplant, der Live-Auftritt in der Abendschau des Bayerischen Fernsehens am 18. März, sollte jedoch der letzte Gig gewesen sein.

Knapp 30 Jahre stand Roger Cicero auf der Bühne, meistens mit kleiner Quartettbesetzung, ein netter, liebenswürdiger Junge, der auch gern mal auf runden Geburtstagspartys gebucht würde. Der Durchbruch mit „Männersachen“ 2006 kam für ihn selbst überraschend. Cicero war schon 36 Jahre alt. Er hatte nicht mehr damit gerechnet, national und international berühmt zu werden, hatte er mal gesagt. Im Grunde hatte er sich schon darauf eingestellt, in kleinen Jazz-Clubs, vor ein paar Dutzend Zuschauern zu spielen. Sein Alter, seine Reife, vielleicht auch die Geburt seines Sohnes Louis 2012 sorgten dafür, dass Roger Cicero nie die Bodenhaftung verlor und sich in Jurys, wie zum Hamburger Jazzpreis, immer wieder dafür einsetzte, unbekannteren Jazz-Talenten eine Chance zu geben.

Auf seinem Album „Was immer auch kommt“ (2014) heißt es im Refrain: Wenn es Morgen schon zu Ende wär, ein Schritt zu viel im Stadtverkehr, dann leb‘ ich vielleicht heute nur ein kleines bisschen mehr“.
Er hat, hoffentlich, jeden Tag ein kleines bisschen mehr gelebt.


Lesen Sie den Beitrag von Isabelle Hofmann: Roger Cicero - Swing, Soul, Elbjazz


Abbildungsnachweis:
Headerfoto: Roger Cicero (PR)

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