Film
Irgendwo in Indien - Live aus Peepli

Ein trauriges Thema dient als Vorlage für eine filmische Tragikomödie, die irgendwo in Indien spielt. Seit den 1990er-Jahren haben sich laut indischem „Ministry of Home Affair’s National Crime Records Bureau“ hunderttausende von Bauern im sogenannten Baumwollgürtel das Leben genommen.

Es ist nicht allein die Dürre und die damit verbundenen Ernteausfälle, die den Kleinbauern zu schaffen machen, es sind die Wucherzinsen und Kredite, der großen Landbesitzer, Banken und Händler, die einen scheinbar ausweglosen Teufelskreis bilden. Das Land wird gepfändet, die Bauernfamilien verjagt. Da bleibt oft nur ein Ausweg...


Nachdem die indische Regierung und die betroffenen Bundesstaaten zunächst das Problem herunterspielten, reagierten sie wie gewohnt – ein weiterer Hilfsfonds wurde aufgesetzt. Dieses neue, weitere, finanzielle Programm: Hinterbliebenenrente der Angehörigen von Bauer-Suizidopfern. So entstand eine abstruse, geradezu zynische Geldquelle. Umgerechnet 2.000 US$ - davon kann eine Familie in den ländlichen Regionen teilweise lange leben – wurden ausbezahlt.
Die Selbstmordrate stieg noch schneller an.

Was passieren kann, wenn das einfache Leben auf dem Land auf die Medien sowie die Politik trifft, zeigt ein Film, der jenseits von Bollywood entstand. Kein geringerer als Schauspieler und Regisseur Aamir Khan produzierte jedoch „Live aus Peepli – Irgendwo in Indien“ (Im Original: „Peepli Live“) nach dem Drehbuch der Dokumentarfilmerin Anusha Rizvi. Es entstand eine absurde, humorvolle, makabere und eigentlich skandalöse Filmgeschichte. Ihn habe die Story sogleich in den Bann gezogen, sagte der Bollywood-Superstar.

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Kurz vor den Wahlen in dem indischen Dorf Peepli droht den armen Bauern Natha (Amkar Das Manikpuri) und seinem Bruder Budhia (Raghubir Yadev), ihr Land wegen einer nicht gedeckten Bürgschaft an die Regierung zu verlieren. In ihrer Verzweiflung suchen sie Hilfe bei einem örtlichen Politiker, der ihnen vorschlägt, durch Selbstmord von einem Regierungsprogramm zu profitieren, das Familienangehörige von verstorbenen, verschuldeten Bauern unterstützt. Als die Medien Wind von der Geschichte bekommen, stehen die beiden verarmten Kleinbauern plötzlich im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Eine Medienkarawane fällt in das Dorf ein und berichtet über die noch so unbedeutende Kleinigkeit. Die Sperrigkeit der ungebildeten und teileweise naiv-unbeholfenen Bauern trifft auf einen ungezügelten Medienwahn und auf Regionalpolitiker, die nur ihren eigenen Vorteil in Blickfeld haben. Zumal, es stehen Regionalwahlen vor der Tür.
Da kann in der Nachbarschaft – und für alle sichtbar – schon mal ein anderer Bauer zu Grunde gehen, die Story ist um die zentrale Figur Natha gestrickt, und was rechts und links davon umfällt, ist nicht im Fokus des zudem medieninternen Wettbewerbs.

„Peepli ist eine Methapher für alle Orte und Länder die landwirtschaftlich geprägt und arm sind“, sagt Regisseurin Anusha Rizvi, „egal ob in Indien, Afrika oder Südamerika“. Man merkt, dass sie aus dem Dokumentarfilmbereich kommt. Geschickt setzt sie mit ihrem Kameramann Shanker Raman einige Szenen und Sequenzen so ein, dass der Betrachter kaum noch unterscheiden kann, ob es sich um einen Spielfilm oder um dokumentierte Realität handelt. Meisterlich und glaubwürdig erzählt sie in ihrem Debütspielfilm die Sozialsatire, wechselt die Erzählgeschwindigkeit an den brisanten Stellen und choreographiert damit die Gefühlswelten der Zuschauer in ganz besonderer Weise.

„Live aus Peepli – Irgendwo in Indien“ (105 Minuten), Regie: Anusha Rizvi, Indien, 2009, kommt am 11. November 2010 in die deutschen Kinos.
Sehenswert ist übrigens auch die offizielle Homepage: www.peeplilivethefilm.com, die in einer augenzwinkernden Weise Themen des Films aufnimmt.
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