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Hamburg, 26. März 1996. Was Angst überhaupt ist, begreift der 13jährige Johann (Claude Heinrich) erst an jenem Morgen, als ihn seine Mutter Ann Kathrin (Adina Vetter) weckt, Jan Philipp sei entführt worden. Jan Philipp, das ist sein Vater, der Reemtsma-Erbe und bekannte Intellektuelle. Die Kidnapper fordern 20 Millionen Mark Lösegeld, später 30 Millionen.

 

In „Wir sind dann wohl die Angehörigen“ inszeniert Regisseur Hans-Christian Schmid mit frappierender Sensibilität und Präzision das emotionale Beziehungsgeflecht einer ungewöhnlichen Schicksalsgemeinschaft. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Johann Scheerer, der aus seiner Sicht als 13jähriger die scheinbar nie enden wollenden 33 Tage bis zur Befreiung Reemtsmas schildert.

 
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Die niederländische Regisseurin Halina Reijn kreiert mit ihrer nihilistisch amüsanten Slasher-Satire „Bodies Bodies Bodies“ ein wundervolles Gegenstück zu Ruben Östlunds vor Metaphern strotzender Farce „Triangle of Sadness“.

 

Aus dem Gesellschaftsspiel verwöhnter reicher Kids wird bei Reijn bald blutiger Ernst und eine schrille bösartige Horrorkomödie nach Whodunit-Manier. Die Generation Z präsentiert sich als orientierungslose narzisstische Wesen zwischen Depression, Sucht, Überheblichkeit und der permanenten Begierde, andere zu erniedrigen, um das eigene Image aufzuwerten.

 
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Regisseurin Aelrun Goette erzählt von den kreativen Nischen eines brüchigen totalitären Systems, dem schillernden Ostberliner Underground und ihrer eigenen Jugend kurz vor der Wende. Models hießen damals Mannequins, und auch ohne Laufsteg wagte man den aufrechten Gang.

 

„In einem Land, das es nicht mehr gibt“ eröffnet als subtile wie packende Coming-of-Age Story neue ungewohnte Perspektiven, ist von verblüffender Aktualität. Es geht um Freiheit und Verrat, die große Liebe, den Preis der Solidarität, um selbstbewusste Frauen und kämpferische Paradiesvögel. 

 
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Hochstaplern gelingt es in der Regel, sich auch die Sympathie des Kino-Publikums zu erschwindeln, ihrem Charme und zwielichtigem Einfallsreichtum können wir nicht widerstehen. „Tausend Zeilen“ als emotionale Underdog-Story funktioniert genau umgekehrt: Unser Herz schlägt allein für Elyas M’Barek in der Rolle des einsamen Kämpfers, der den Lügner entlarvt.

Regisseur Michael „Bully“ Herbig witterte früh das satirische Potenzial in dem spektakulären Medien-Skandal um Starreporter Claus Relotius. Raffiniert rasant jongliert der Altmeister deutscher Parodie mit den Genres. Täuschung entwickelt sich zum dramatischen Prinzip in diesem anarchischen Hochglanz-Thriller, leider schmälern Kitsch und Klamauk gelegentlich das Vergnügen. 

 
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„Moonage Daydream“ entwickelt sich zum atemberaubenden, immer schneller drehenden Kaleidoskop aus Bildern, Sound und Reflexionen, es katapultiert den Zuschauer mitten in den kreativen Kosmos des 2016 verstorbenen David Bowie, eine der schillerndsten Persönlichkeiten der Musikszene. Jener visionäre Ausnahmekünstler, der ständig Stile und Persönlichkeiten wechselte, vom Chaos inspiriert, Grenzen überschritt.

 

Der US-amerikanische Regisseur Brett Morgen sichtete fünf Millionen Dokumente, Filmaufnahmen, Konzertmitschnitte, Interviews und Tagebücher für seine genreübergreifende assoziative Leinwand-Collage. 

 
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In seinen packenden intensiven Bildern erinnert „Hive“ manchmal an einen rauen Western, Feindseligkeit wird physisch spürbar. Es geht um Freiheit, das Überschreiten von Grenzen. Die Heldin führt als alleinerziehende Mutter zwischen den Ruinen der Vergangenheit einen trotzigen, anfangs einsamen Kampf um Überleben und Selbstbestimmung. 

Der vielfach ausgezeichnet Debütfilm der kosowarischen Regisseurin und Drehbuchautorin Blerta Basholli ist inspiriert von dem Schicksal Fahrije Hotis, einer heute erfolgreichen Unternehmerin.

 
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Wie mit Verlust oder dem eigenen Versagen umgehen? Was, wenn der Schmerz übermächtig wird, alles auszulöschen droht? In seinem Melodram „Die Zeit, die wir teilen“ schildert der französische Regisseur Laurent Larivière den Umgang mit Erinnerung als eine Art kreativen Prozess des Überlebens.

Realität verliert an Bedeutung, lässt sich kaum noch als solche identifizieren. Das innere Szenario entscheidet über die Wahrheit. Ein frappierender manchmal fast komödiantischer Stream of Consciousness, ästhetisch virtuos, mit Reverenz an jene verspielte Leichtigkeit der Nouvelle Vague.

 
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Verborgen in den Wolken lauert eine außerirdische Macht. US Regisseur Jordan Peele durchbricht in seinem bildgewaltigen politischen Horror-Epos „Nope“ die Grenzen des Genres: Neonwestern, Showbusiness-Groteske und Science Fiction treffen aufeinander, sollen vom Zuschauer entschlüsselt werden.

Peele schildert unsere bizarre Sucht nach Spektakel, Ruhm und Selbstdarstellung, der Besessenheit von Social Media. „Nope" ist vor allem eine Hommage an jene, die kaum beachtet hinter den Kulissen der Filmindustrie arbeiten.

 
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Die poetisch skurrile Lovestory „Warten auf Bojangles" ist ein ästhetisch wahnwitziges Wunderwerk voller Esprit und Lebensfreude, überbordend an Kreativität – und unendlich traurig.

Regisseur Régis Roinsard zauderte anfangs, Olivier Bourdeauts Beststeller zu verfilmen. Diese Leidenschaft, schillernd, exaltiert, fern jeder Konvention, bezaubernd wie verstörend, er fragte sich: „Wie weit geht man für den Menschen, den man liebt?“ Und vor allem, wie würde seine Tochter auf den Film reagieren, wenn sie älter ist, was würde es über ihn als Vater sagen? 

 
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Eine Frau auf der Flucht vor ihren traumatischen Erinnerungen: Der britische Regisseur und Autor Alex Garland katapultiert ästhetisch virtuos das Horror-Genre aus den gewohnten Bahnen: In seinem ironisch surrealen Psycho-Drama „Men- Was dich sucht, wird dich finden“ spürt er mit philosophisch detektivischem Elan die Wurzeln und Reproduktionsmechanismen des Patriarchats auf.

Die Monster jenes teuflischen wie symbolträchtigen Kreislaufs von Unterdrückung und Repression entlarven sich letztendlich als traurige pathetische Gestalten. Seine Horror-Farce soll Projektionsfläche und Spiegel zugleich sein, Garland hofft auf den Zuschauer als ebenbürtigen Partner beim Interpretieren und Analysieren in ländlicher Idylle.

 
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Pünktlich zum Jubiläumsjahr und 100. Geburtstag von Pier Paolo Pasolini (1922-1975) erscheint das ins Deutsche übersetzte, unvollendet gebliebene Treatment zu seinem letzten Film mit dem provozierenden Titel „Porno – Theo – Kolossal“. Es sollte sein letzter werden, bevor sich der italienische Ausnahmeregisseur, Künstler, Poet, Intellektuelle, Verfasser der „Freibeuter“-Schriften und Galionsfigur der 68er-Generation ganz dem Schreiben widmen wollte.

 
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Wien 1877. Verbissen kämpft die 40jährige Elisabeth, Kaiserin von Österreich-Ungarn um die Aufrechterhaltung ihres ikonischen Images. Sie hasst den Druck, der auf ihr lastet und giert doch nach Komplimenten, kläglicher Ersatz für unerfüllte Sehnsüchte.

 

Autorenfilmerin Marie Kreutzer entlarvt in dem feministischen Historiendrama „Corsage“ die Inszenierung von Schönheit als selbstzerstörerische Form der Machtausübung. Schicht für Schicht dringt Kreutzer vor in das verborgene Innenleben ihrer Protagonistin zwischen Todessehnsucht und rebellischem Freiheitsdrang. Fiktion ersetzt bisweilen die Realität, dann zaudert die Monarchin nicht, der höfischen Gesellschaft beim Dinner den Mittelfinger zu zeigen.

 
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Mit „Belle“ beweist sich Mamoru Hosoda erneut als visionärer wie gefühlvoller Geschichtenerzähler.

 

Mit „Belle“ feiert Studio Chizu – das im April 2011 u.a. von Hosoda in Tokio mitgegründet wurde – sein 10-jähriges Bestehen und bleibt, zusammen mit Studio Ghibli, das einzige Animationsstudio in Japan, das einem unverwechselbarem Regisseur treu geblieben ist.

 
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Eine Pariser Notaufnahme als Spiegelbild der tiefen Kluft in der Gesellschaft: Catherine Corsini inszeniert die satirische Tragikomödie „In den besten Händen” zwischen Fiktion und knallharter Realität, voll nervös vibrierender Energie und Spannung. 

 

Auf dem Champs-Elysées demonstrieren die Gelbwesten gegen Präsident Macron, die französische Regisseurin konfrontiert uns mit Wut, Schmerz, Hilflosigkeit, Verzweiflung, Armut, elitärer Überheblichkeit und Liebe nahe der Obsession. Momente von Ohnmacht und Bedrohung wechseln mit schwarzem Humor, absurd wie erschütternd.