Film

Jacques Audiard, der 69jährige Meister des französischen Kinos, erfindet sich neu, vielleicht stellt er auch nur unsere Vorstellungen von Paris, von Architektur und der Liebe auf den Kopf, dechiffriert derweil die widersprüchlichen Gefühle seiner jungen Protagonisten in der bewährten Tradition von Éric Rohmer.
„Wo in Paris die Sonne aufgeht” erzählt von der Suche nach sich selbst zwischen mobilen Dating Apps und Unverbindlichkeit, beruflichen Enttäuschungen, kleinen Erfolgen und großen Träumen. Ein Generationenporträt von berückender, rauer Schönheit. 

 
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„Come on, Come on” ist ein poetisch philosophisches Roadmovie zwischen Realität und Fiktion, Zorn und Zärtlichkeit. 
Der kalifornische Regisseur Mike Mills schildert in leicht melancholischen Schwarz-Weiß-Bildern Stärke und Fragilität familiärer Bindungen, eröffnet neue ungewohnte Perspektiven auf Zukunft, Erinnerung und das Selbstbewusstsein unserer Kinder. Vor allem aber geht es um die Kunst des Zuhörens. 

 
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„Anarchisch” sollte der Film sein, „eine ehrfurchtlose Feier des Lebens”, so heißt es in den Produktionsnotizen. Regisseur Joe Wright hatte sich zum Ziel gesetzt, „das rohe und echte Herz” von Edmond Rostands „Cyrano de Bergerac” wiederzuentdecken.  
Mit dem Musical-Drama „Cyrano” ist ein betörendes Wunderwerk der Kreativität entstanden, überbordend an Gefühl, Farben, Illusionen, Sehnsucht, Schmerz, Aufopferung, voll barockem Zauber, Action, Theatralik, Poesie, Esprit, aber auch Humor. Peter Dinklage in der Rolle des selbstlosen heroischen Dichter-Rebellen gibt jener weltberühmten tragischen Liebesgeschichte eine nie gekannte Authentizität und Wahrhaftigkeit. 

 
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„Belfast” ist der persönlichste Film von Kenneth Branagh, er schildert in hinreißenden sinnlichen Schwarz-Weiß-Bildern das plötzliche Ende einer unbeschwerten Kindheit, den Verlust von Unschuld. Die gewalttätigen Ausschreitungen des Nordirland-Konflikts im Sommer 1969 erlebt der Zuschauer hautnah aus der Perspektive des neunjährigen Buddy (grandios Jude Hill), „der fiktionalisierten Version meiner Selbst”, so der Regisseur und Drehbuchautor.


Mehr als fünfzig Jahre waren vergangen, seit Branagh die Heimat hatte verlassen müssen, 2020 im ersten Lockdown der Pandemie begann er mit dem Schreiben des Drehbuchs. „Belfast” ist nun für sieben Academy Awards nominiert, darunter in den Kategorien Bester Film, Beste Regie und Bestes Originaldrehbuch. 

 
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Mit seinem Remake des Noir-Klassikers „Nightmare Alley” verwirklicht Guillermo del Toro einen alten Traum, möglich geworden durch den Erfolg von „Shape of Water” (2017) und zwei Academy Awards. In dem schwermütigen bildgewaltige Thriller-Epos über den Aufstieg und Fall des Trickbetrügers Stanton Carlisle (Bradley Cooper) ersetzt der mexikanische Regisseur die Femme fatale durch einen Homme fatale.    
Die düstre moralische Fabel aus dem amerikanischen Wahrsager-Milieu der Vierziger-Jahre schildert nicht ohne Zynismus die Mechanismen menschlichen Handelns, getrieben von widersprüchlichen Emotionen, Sehnsucht und Machtgier, Selbstüberschätzung, Schuldgefühlen und vor allem Angst: Leben als Flucht vor der Einsamkeit. 

 
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Als „Fabel nach einer wahren Tragödie” bezeichnet Pablo Larraín seine ästhetisch virtuose Horror-Farce „Spencer”. Der chilenische Regisseur und sein britischer Drehbuchautor Steven Knight befreien Lady Di (überragend Kristen Stewart) von ihrem ikonischen Image.
Endlich darf Diana, Princess of Wales, aus der Rolle fallen, muss nicht mehr um Sympathie buhlen, darf störrisch sein, ungerecht, kokett, zornig, verzweifelt, ihre Ängste ausleben, versagen wie eine Frau aus Fleisch und Blut. Sie stellt die ihr verhasste Märchenwelt auf den Kopf und ist betörender denn je. Eine Vogelscheuche am Feldrand avanciert zum Symbol der Suche nach Identität.   

 
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Wer an Hamburg denkt, denkt an Hafen und St. Pauli, an Pfeffersäcke und Speicherstadt. An Kino eher nicht.

Und doch ist Hamburg auch Filmstadt. Sicher nicht so berühmt wie Berlin oder München, dafür mit unverwechselbarem Charakter: Filme aus Hamburg sind schroff und urban, lebensnah und multikulti. Das Altonaer Museum blättert mit „Close-up“ nun Hamburgs Film- und Kinogeschichte(n) von den Anfängen bis zur Gegenwart auf.

 
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Das melancholische Mystery Drama „Lamb” spielt im Norden Islands auf einer abgelegenen Schafzüchterfarm, es erzählt von Liebe und schmerzlichem Verlust, Natur und Übernatürlichem, – der Sehnsucht nach einem Kind. Doch diese Sehnsucht birgt Gefahren in sich, Rache droht.

 

„Ein visuelles Gedicht” nennt Regisseur Valdimar Jóhannsson den Film und kreiert in der magisch anmutenden Landschaft seiner Heimat einen atemberaubenden geheimnisvollen Kosmos, dessen Horror im Verborgenen lauert, von uns Menschen unterschätzt und verkannt. 

 
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Regisseur Leos Carax, gefeierter Anarchist des französischen Kinos, lässt das Phänomen Musical vor unseren Augen explodieren, re-kreiert es als verstörenden bildgewaltigen Rausch aus Farben, Tönen und extremen Leidenschaften, fern formaler Zwänge. Musik und Texte stammen von Ron und Russel Mael, dem Art-Rock-Duo Sparks.


Ob als romantische Horrorfarce oder unversöhnliches Schuld- und Sühne-Drama, „Annette” wechselt ständig zwischen artifizieller Hingabe und realer Bösartigkeit, Komik und Tragik, ist grotesk, poetisch, ekelerregend und ergreifend. Was fehlt, ist jegliche Form von Ironie, Carax meint es ernst, todernst mit seiner Reflektion über Showbusiness, #MeToo, machtgierige Künstler, egoistische Eltern und vor allem sich selbst. 

 
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„House of Gucci” inszeniert Regisseur Ridley Scott als schillernde italienische Lovestory mit mörderischem Ausgang. Ein quirlig dreister, eleganter Mix aus Gesellschaftsporträt, Familientragödie, Wirtschaftskriminalität, Mode, Glamour und Satire. Letzteres beabsichtigt, aber offensichtlich nicht goutiert von der englischsprachigen Presse.

 

Vom Sex auf dem Schreibtisch direkt an den Traualtar – der 84-jährige Scott setzt auf harte Cuts, Widersprüche und Kontraste. Lady Gaga spielt nicht Patrizia Reggiani, sie ist es, jene energiegeladene geltungssüchtige Femme Fatale. Das Objekt ihrer Begierde: Gucci Sprössling Maurizio, wundervoll verkörpert von Adam Driver mit sanftem ungelenk selbstironischem Charme.

 
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„Lieber Thomas” erzählt von den umkämpften Welten eines radikal Unangepassten: Thomas Brasch (1945-2001), dem Dichter, Rebellen, Filmemacher, Fabrikarbeiter, Häftling, Frauenhelden, gefeiert und fast vergessen. Sein Leben war eng mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts verbunden. In der DDR konnte der Künstler nicht bleiben und im Westen wollte er nicht sein. 
Regisseur Andreas Kleinert und Drehbuchautor Thomas Wendrich kreieren ein magisch suggestives Leinwand-Epos zwischen Traum und Wirklichkeit. In betörenden Schwarz-Weiß-Bildern ist ein frappierendes Porträt über Deutschland entstanden, erschreckend eindringlich und zugleich doch von jener unglaublichen Leichtigkeit, die an Jean-Luc Godards „Außer Atem” erinnert. 

 
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Auch in „Ammonite” erzählt Francis Lee wieder vom unerwarteten Ende der Einsamkeit, jener Einsamkeit, die auch sein Leben prägte. Mit keiner Figur hat sich der britische Regisseur und Drehbuchautor so verbunden gefühlt wie mit Mary Anning, der 1799 geborenen Paläontologin und Fossiliensammlerin.


Als Frau aus der Unterschicht blieb ihr trotz herausragender Leistungen das männlich dominierte Wissenschaftsestablishment verschlossen. Lee kreiert für sie, die Pionierin der Wissenschaft, eine ungewöhnliche und berührende fiktive Lovestory. Grandios in den Hauptrollen: Kate Winslet und Saoirse Ronan. 

 
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Gehasst, vergöttert, Wagner ist mehr als Musik, – ein Mythos, Glaubensfrage, Politikum, Doktrin. 
Wagner polarisiert und genau dort setzt Axel Brüggemann an mit seinem Dokumentarfilm „Wagner, Bayreuth und der Rest der Welt”. Neue Perspektiven eröffnen sich uns auf den vor rund 140 Jahren verstorbenen Komponisten und sein Gesamtkunstwerk, auf Genie und Antisemitismus. Von Venedig über Lettland, Israel, Abu Dhabi und die USA bis nach Japan führt die Reise durch die Welt der Wagnerianer, gibt exklusive Einblicke in ihr Allerheiligstes, das Festspielhaus. 

 
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Noch nie hat Wes Anderson so unverhohlen einer Amour fou gefrönt wie in „The French Dispatch”. Bereits auf der Highschool war der in Texas geborene spätere Kult-Regisseur dem US-Magazin The New Yorker mit Haut und Haar verfallen, das ihn nun zu dem vielleicht bezauberndsten Oeuvre seiner Karriere inspirierte.
Skurril, überbordend, anarchisch und von bizarrer Schönheit, eine melancholische Lektion über die Kunst des Erinnerns und Frankreich als Sehnsuchtsziel amerikanischer Exilanten im 20. Jahrhundert. Hinreißend: Bill Murray in der Rolle des Verlegers, der keine Tränen in seinem Office duldet.   

 

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