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Seit dem „Schattenmann“ ist Stefan Kurt Spezialist für Fernsehfiguren mit Doppelleben. Nun überrascht der Schauspieler auch privat mit bislang verborgenen Seiten: Im Hamburger Haus für Kunst und Handwerk präsentiert er sich an diesem Wochenende erstmals als Fotograf.
Isabelle Hofmann sprach mit dem gebürtigen Schweizer über seine langjährige Leidenschaft, Zen und die Kunst im Klang der Kuhglocken das Glück zu finden.
Isabelle Hofmann (IH): Dass Sie sich neben der Schauspielerei so intensiv mit Kunst und Fotografie befassen, wussten bislang nur Eingeweihte. Ist die Hamburger Ausstellung jetzt Ihr Outing?
Stefan Kurt (SK): (Lacht) Das kann man so sagen. Es ist meine Premiere in Deutschland und ein langgehegter Wunsch. Bislang habe ich nur einmal im Foyer eines Berner Theaters ausgestellt.
IH: Sie zeigen Ihre großformatigen Fotografien im Atelier des Designers Stefan Fink - gemeinsam mit den Kult-Brillen des ic!berlin-Unternehmers Ralph Anderl. Das klingt erstmal befremdlich. Aber mit dieser Zusammenstellung will Fink ganz bewusst die Zweiklassen-Gesellschaft von angewandter und freier Kunst aufheben…
SK: Stefan baut seit Jahren ein Netzwerk auf und stellt befreundeten Künstlern sein Atelier für Ausstellungen zur Verfügung. Das finde ich toll. Freundschaft ist immer Basis der Zusammenarbeit.
IH: Aber Ralph Anderl, von dem mittlerweile sogar Madonna vier Brillen besitzt, kannten Sie noch nicht.
SK: Nein, aber mit Ralph klappt die Zusammenarbeit ganz wunderbar. Er ist ein Wahnsinnstyp. Performer. Künstler. Knallharter Blechbrillenverkäufer.
IH: Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Ihnen?
SK: Ralph hat ganz klein angefangen und mit unglaublicher Beharrlichkeit die Idee des Stecksystems für schraubenlose Brillenbügel verfolgt. Bei mir war das ein bisschen ähnlich. Als ich während der Schauspielschule anfing zu malen und Dias übereinander zu projizieren, dachte ich erst, ach, was soll’s. Es gibt schon so viele Leute, die das machen. Aber ich habe trotzdem nicht aufgegeben, sondern daran geglaubt. Und wenn man an etwas glaubt, kommt man auf einen Weg. Dann entwickelt man sich.
IH: Zum bildenden Künstler?
SK: Ganz ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob es Kunst ist. Es ist eine Leidenschaft. Ein Hobby ist es jedenfalls nicht. Die Bilder, die für mich interessant sind, bestehen nicht nur aus Farben und Formen. Die haben eine Meta-Ebene, die man nicht in Worte fassen kann. Das ist für mich die Definition von Kunst. (Grinst). Also sind meine Bilder doch Kunst.
IH: Sie fotografieren Strukturen, oftmals Pflanzen im Makrobereich und überlagern sie am Computer zu dicht verwobenen, fast abstrakten Blütenbildern von kontemplativer Ruhe und Ästhetik. Ist Meditation ein Thema für Sie?
SK: Ja. Ich habe mich schon etwas mit Zen beschäftigt. Ich gehe auch ein bis zwei Mal im Jahr in ein Kloster und meditiere. Nach Dietfurt, in Bayern. Eine Woche lang nicht sprechen. Was für einen Käse man da denkt! Das Hirn ist ja dauernd beschäftigt. Die schwierigste Aufgabe für einen Anfänger ist es, nichts zu denken.
IH: Moment mal. Sie schweigen eine ganze Woche lang?
SK: Ja.
IH: Und versuchen völlig abzuschalten?
SK: Richtig.
IH: Klappt das?
SK: Immer besser. Ich versuche, einfach nur da zu sein und zu spüren. Im Alltag muss man natürlich denken. Es ist ein wunderbares Geschenk, das wir bekommen haben. Aber unser Gehirn ist auch die Quelle von all dem Übel, das uns Schwierigkeiten macht. Gewalt, Hass, alle Ängste kommen aus dem Denken heraus. Sie glauben gar nicht, was für eine Wohltat es ist, nichts zu denken. Als ob man tolle Musik hört.
IH: Sie komponieren ja selbst Musik. Oder besser gesagt: Klangcollagen. Begannen Sie damit vor oder nach den Fotoarbeiten?
SK: Das entwickelte sich parallel. Mit den Hörbildern ist das ähnlich wie mit den Fotos. Wenn man beispielsweise Geräusche wie Meeresrauschen und Bahnhofslärm übereinanderlegt, entsteht etwas Drittes. Der Kopf kann plötzlich nicht mehr unterscheiden, was er hört. Und wenn man versucht, sein Denken auszuschalten, bekommen die Dinge eine neue Dimension.
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