CDs KlassikKompass

„Ein Mann muss Phantasie haben, eine Frau muss sich an Regeln halten. Tut sie es nicht, ist sie keine Frau, tut sie es aber, ist es der Beweis, dass sie keine Phantasie hat.“

So hat Robert Schumann, das Dilemma komponierender Frauen beschrieben – dessen Frau Clara Schumann immerhin eine gefeierte und auch komponierende Konzertpianistin war.

 

Auch Cécile Chaminade hatte mit solchen Problemen zu kämpfen. Ihre Musik ist gleichwohl eine Entdeckung, wie die neue Einspielung der Sängerin Katharina Kammerloher mit Liedern Chaminades beweist.

 

Die drei großen „K’s“ im Leben einer Frau lauteten im 19. Jahrhundert immer noch: Kinder, Küche und Kirche. Von Kunst war da noch lange keine Rede. Das sollte sich erst im Laufe vieler Jahrzehnte ändern, nicht zuletzt dank so hartnäckiger Vorkämpferinnen wie Cécile Louise Stéphanie Chaminade. Sie war eine jener privilegierten Vorreiterinnen, die ihrer Berufung gefolgt sind, die Musikgeschichte aber allenfalls im Verborgenen mitgestaltet haben. Doch mit diesem Schattendasein hat es zunehmend ein Ende. Das Werk Chaminades – über 400 Kompositionen – und anderer Komponistinnen weckt in den letzten Jahren steigendes Interesse und Einspielungen wie die der Sängerin Katharina Kammerloher zeigen eindrucksvoll warum.

 

1857 in Paris geboren, wurde Chaminade privat von renommierten Lehrern des Pariser Conservatoires unterrichtet – der Vater war gegen ein offizielles Studium. 1877 trat Chaminade erstmals öffentlich in der Salle de Pleyel als Pianistin in Erscheinung, nahm aktiv am musikalischen Leben der Hauptstadt teil, unternahm Konzertreisen und komponierte mehrere hundert Werke, darunter vor allem Klavierstücke und Lieder. Die erfreuten sich großer Beliebtheit, bis Chaminades Musik nicht mehr „en vogue“ war und der Vergessenheit anheimfiel. Cécile Chaminade war zu Lebzeiten ein Weltstar, in den USA gab es sogar regelrechte Fanclubs. Nach dem Ersten Weltkrieg allerdings war ihre Musik, die den Duft der Pariser Salons ebenso atmet wie die Leichtigkeit des Fin de Siècle, nicht mehr gefragt und geriet mehr und mehr in Vergessenheit.

 

Chaminade Infini

Links: Infini, 1906, Liedernoten. Rechts: Hayman Seleg Mendelssohn (1847–1908): Cécile Chaminade (1857–1944) am Klavier, 1890. Quelle: Bibliothèque nationale de France. Gemeinfrei

 

Die Werke der vorliegenden Aufnahme wurden im Zeitraum von 1886 bis 1910 im Erstdruck veröffentlicht. Sie veranschaulichen die facettenreiche stilistische Bandbreite von Chaminades Liedern.

 

Bei der Zusammenstellung der Lieder hat sich eine Art zyklischer Form herauskristallisiert. „Saisons d‘amour“ – „Jahreszeiten der Liebe“ – spiegelt die verschiedenen Lebens-und Liebesphasen von Männern und Frauen poetisch wider. „Was mich an Chaminades Kunst so fasziniert, ist ihre ungeheure stilistische Bandbreite. Von innigster Einfachheit bis hin zu humoristisch-folkloristischem Esprit, von an Schumann gemahnender Emphase bis hin zu impressionistisch silbernem Klangzauber, von Saloncharme bis hin zur Strauß‘schen Bravourarie hat sie mich und meinen Pianisten Johann Blanchard mit ihrem doch stets sehr eigenen, persönlichen Stil immer aufs Neue begeistert“, so Katharina Kammerloher.

 

Saisons d amour COVERDie Mezzosopranistin Katharina Kammerloher wurde in München geboren. Nach Abschluss eines kompletten Oboestudiums in Detmold studierte sie dort Gesang bei Mechthild Böhme, arbeitete außerdem mit Vera Rozsa/London, Brigitte Eisenfeld/ Berlin sowie Mark Schnaible/New York. Sie ist Preisträgerin mehrerer Gesangswettbewerbe. 1993 wurde sie von Daniel Barenboim an die Deutsche Staatsoper Berlin engagiert. Katharina Kammerloher trat bei internationalen Festivals auf wie u.a. den Salzburger Festspielen, Münchner Opernfestspielen, den BBC Proms und dem Jerusalem International Chamber Music Festival. Sie verfügt über ein breit gefächertes Lied- und Konzertrepertoire und sang mit führenden Orchestern u.a. in London, Edinburgh, Chicago, Taipeh, Tokyo, Budapest, Leipzig, Berlin, Paris, Turin, Madrid und arbeitete mit Dirigenten wie Claudio Abbado, Daniel Barenboim, Pierre Boulez, Gustavo Dudamel, Iván Fischer, Wolfgang Sawallisch, René Jacobs, Phillipe Jordan, Kent Nagano, Zubin Mehta und Regisseuren wie u.a. Doris Dörrie, Jürgen Flimm, Achim Freyer, Dieter Dorn und Harry Kupfer.

 

Johann Blanchard erhielt im Alter von sechs Jahren seinen ersten Klavierunterricht. 2006 studierte er an der Hochschule für Musik und Theater in Rostock bei Matthias Kirschnereit und Karl Heinz Will und schloss sein Studium mit Auszeichnung ab. Parallel studierte er an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien bei Stefan Arnold. Er war Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes und erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen bei internationalen Wettbewerben. Johann Blanchard konzertierte weltweit und spielte bei verschiedenen Festivals in Europa und USA. Neben seiner solistischen Tätigkeit widmet sich Blanchard leidenschaftlich der Kammermusik und ist seit 2016 Mitglied des renommierten Trio Parnassus. Außerdem unterrichtet er an der Hochschule für Musik und Theater Rostock. Für seine Aufnahme der Klavierwerke von Cécile Chaminade erhielt er den Preis der deutschen Schallplattenkritik und 2021 den Opus Klassik mit dem Trio Parnassus für die Kammermusikeinspielung der Werke von Johann Christian Rinck.

 

Jiyoon Lee ist derzeit erste Konzertmeisterin der Staatskapelle Berlin. Sie spielt die Stradivari „Circle“ von 1701, eine großzügige Leihgabe eines europäischen Gönners. Nachdem sie 2016 den Carl-Nielsen-Violinwettbewerb gewann, ist sie in kürzester Zeit nicht nur in ihrer Heimat in Seoul, sondern weltweit als Solistin mit verschiedenen Orchestern aufgetreten. Als begeisterte Kammermusikerin nimmt Jiyoon regelmäßig an den wichtigsten Musikfestivals in aller Welt teil. Darüber hinaus tritt sie als Mitglied des Boulez Ensemble auf und arbeitet mit Dirigenten wie Zubin Mehta, Sir Antonio Pappano, Francois-Xavier Roth, Jörg Widmann und Daniel Barenboim zusammen.


Cécile Chaminad: Saisons d‘amour

Katharina Kammerloher: Mezzosopran | Johann Blanchard: Piano | Jiyon Lee: Violine

Label: MDG / Dabringhaus und Grimm Audiovision

EAN: 760623228860

Weitere Informationen (Label)

YouTube-Video:

CÉCILE CHAMINADE - Saisons d'amour v3.1 (5:52 Min.) 

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