Als Student der Gitarristen Wolfgang Muthspiel und Lionel Loueke hat sich Silvan Joray zwei Schwergewichte als Musiker und Lehrer ausgesucht. Seinen Bachelor hat er in der Tasche, nun wird am Master in Basel gearbeitet. Studium ist das eine, Auftritte das andere.
Joray tritt mit verschiedenen Formationen auf und mit seinem eigenen Trio – nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich und bemerkenswert hingegen ist das Album „cluster“, das er mit seinem Trio eingespielt hat und von derart guter Qualität ist, dass man aufhorcht. So junge Musiker und ein so gutes, meisterliches Album? Respekt.
Die CD weist einige gute Kombinationen auf: eine gute Melodik, einen Flow, der den Hörer festhält, etwas (Selbst-)ironie – oder besser gesagt – hier und dort ein leicht ironischer Umgang mit Jazz. Das abgestimmte Engagement der Band und das Feingefühl für Rhythmik und Improvisation ist teilweise atemberaubend. Es ist als ob sich das Trio sich und uns in kontemplative Trance spielen kann, mit herrlichen Gitarrenläufen und einem gehaltvollen Klang. Die erzählerische Stimmung ähnelt dem Wechselspiel von dramatischem und ruhigem Fluss des Vorlesensbekommen, es ergibt sich automatisch ein bilaterales und gleichschwingendes Stimmungsverhältnis zwischen Bühne und Publikumsraum, zwischen Musikern und Hörern.
Und dennoch, Individualität ist der Band kein Fremdwort, immer wieder dominiert mal eines der Instrumente – solistischer als die anderen, ohne diese an die Wand zu spielen. Die Räume werden gemeinsam beschritten, aber das Verhalten innerhalb derer variiert.
„See You In June“ ist ein wundervolles Einstiegsstück, das von „Gyrotwister“ abgelöst wird, und parallel wie beim gleichnamigen Spiel zur Verbesserung der Koordinationsfähigkeit, drehen sich die Gitarrenläufe wie von selbst, angetrieben von nur minimaler Bewegung.
„Blutmond“, eine Kernschattenfinsternis der musikalischen Art, ruhig, bedacht und vollkommen natürlich. „High Heels On A Mountain Road“ beginnt mit trippelnden Spannungsmomenten, das Zupfen der Saiten wird zum Fragment von Melodie und kehrt doch immer wieder zur ihr zurück. Mit dem „Cluster Song“ spielen sich die drei Musiker ins experimentierfreudige Metier, um es kurz danach wieder zu verlassen und die Sternensammlungen zu durchqueren. Wie sie Zeit vergeht! „See You In September“ ist nicht nur ein kurzer Zeitsprung, sondern auch mit der Melancholie des Herbstes ausgestattet. Der Wind riecht nach Wehmut. Und dann passiert es doch noch „Something Happy“, etwas Fröhliches passiert, anfangs ein wenig nervös, angedeutet in seinem eigenen melodischen Aufbau, findet sich ein harmonischer Klang. Wie könnte es anders sein: „Bass Space“ gehört für knapp anderthalb Minuten dem großen Streichinstrument ganz allein. Eine Hommage folgt „Wolfgang’s Choral“. Der steirische Lehrer Wolfgang Muthspiel hat sich unaufdringlich mit diesem Stück empfohlen. „Space 7“ und „Space 12“ gehen scheinbar ineinander über, kleine Ausflüge in vermeintlich unbekanntes Terrain, oder doch ganz ohne Materie – schwebend? Vom „Sonnenwind“ gezogen zurück in irdische Sphären, kristallin, glöckchenartig, leicht und schwebend zu einem Ort an dem man wieder hochschauen kann: „Looking Up“ und die herrliche Erinnerungen an eine Reise dort hinauf, umhüllt uns zu guter Letzt.
Alle dreizehn Stücke tragen etwas Kosmisches in sich, das verraten allein die Titel. So ist es kein Wunder, dass das Bild auf dem Cover eine Ansammlung von Sternen, Gaswolken und Planeten, regelrechte hell-leuchtende Galaxienhaufen zeigt – ein Ergebnis des Hubble-Teleskops – nur der Inhalt wird hier ganz nah herangeholt durch drei junge Musiker!
Silvan Joray Trio: cluster
Silvan Joray: Gitarre, Komposition | Nadev Erlich: Kontrabass | Josep Cordobés: SchlagzeugLabel: Neuklang
EAN: 4012116422832
VÖ: 31.01.2020
YouTube-Video:
- Silvan Joray Trio – Cluster (Album EPK)
- See You In June - Silvan Joray Trio – Studio Session
Abbildungsnachweis:
Silvan Joray trio. Foto:
CD-Cover
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