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Sol Gabetta

Viele verblüfft die argentinische Cellistin bis heute durch ihr musikalisches Talent. Und ebenso viele meinen zunächst, der Name der 28-Jährigen sei ein Künstlername.
Spricht man Sol Gabetta darauf an, muss sie unweigerlich lachen: „Als ich meinen Freund kennen gelernt habe, hat er mich gefragt, was eigentlich mein richtiger Name sei. Der hielt Sol auch für ein Pseudonym.“ Überhaupt strahlt die Musikerin Lebenslust und Daseinsfreude aus. Kein Zweifel: die Argentinierin hat Sonne im Herzen.

Stéfan P. Dressel (SD): Sie sind in Argentinien geboren, hatten ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland und Spanien und leben heute in der Schweiz. Ist es für einen Musiker hilfreich, überall zu Hause sein zu müssen?

Sol Gabetta (SG): Ich denke, dass mir das Reisen bestimmt viele Türen geöffnet hat. Aber ich habe das nicht bewusst so gemacht, es hat sich einfach so ergeben, dass ich von Land zu Land gezogen bin. Von Argentinien aus bin ich zuerst zum Studium nach Madrid gegangen. Europa ist für die Klassik eben ein sehr wichtiger Ort. Und ich finde, wenn man sich professionell mit klassischer Musik beschäftigt, dann ist es unverzichtbar, überhaupt mal in Europa gewesen zu sein.

SD: Über südamerikanische Interpreten wird hierzulande oft geschrieben, sie hätten viel Temperament, seien rassig und leidenschaftlich. Verstehen Sie das?

SG: Aber ja! Natürlich ist man gewohnt, dass die Menschen aus Südamerika ein bisschen lockerer und offener sind. Vielleicht liegt das auch daran, dass das Wetter dort anders ist, es ist viel wärmer und der Tag viel länger hell. Das macht viel aus. Trotzdem kann man auch im kalten Norden Menschen treffen, die unglaublich nett und offen sind. Man sollte das vielleicht nicht zu sehr pauschalisieren. Und trotzdem muss ich sagen, dass es stimmt, denn auch ich habe Temperament und Leidenschaft (lacht).

SD: Warum ist es für das Musizieren wichtig, verschiedene Länder und Kulturen kennen zu lernen?

SG: Weil die Musik selbst eine internationale Sprache ist. Und wenn man zum Beispiel mit einem Orchester zusammen spielt, oder bei einem Festival mit anderen Musikern zusammenkommt – die kommen alle aus verschiedenen Ländern. Als Musiker ist man ständig damit konfrontiert, mit unterschiedlichen Nationalitäten und deren Kulturen zu tun zu haben. Da bringt es natürlich viel, wenn man selbst schon in verschiedenen Ländern gewesen ist. Sicherlich beeinflusst das auch mein Musizieren. Ich glaube sowieso, dass alles, was man erlebt und sieht, sehr viel Einfluss auf die Persönlichkeit eines Musikers und auf sein Musizieren hat.

SD: Was bedeutet Heimat für Sie?

SG: Meine Heimat ist Argentinien, ganz klar. Da lebt auch ein Großteil meiner Familie, da bin ich aufgewachsen. Ich habe fünf Jahre in Deutschland, in Berlin studiert. Es war wunderschön, und es hat geschmerzt, von dort weg zu gehen. Aber mein zu Hause ist die Schweiz. Hier habe ich ein Haus gekauft, mein eigenes Kammermusikfestival gegründet, und ich unterrichte hier.

SD: Was sind für Sie die größten Unterschiede zwischen Argentinien und Ihrer jetzigen Heimat in Europa?

SG: Ein Unterschied ist auf jeden Fall, dass in Europa die Mischung der Kulturen viel ausgeprägter ist. Zum Beispiel dort, wo ich wohne, in der Schweiz, bin ich fünf Kilometer von der deutschen und fünf Kilometer von der französischen Grenze entfernt. In Argentinien dagegen kann man tausende Kilometer weit fahren – und die Leute sprechen immer noch Spanisch. Der Kulturwechsel ist dort einfach nicht so groß. Außerdem hat man in Europa überall in den großen Städten ein musikalisches Zentrum – sei es in Wien, Berlin oder München. In Argentinien passiert aber fast alles in Buenos Aires. Entweder man ist in Buenos Aires – oder in der Provinz.

SD: Wie war Ihre Kindheit?

SG: Absolut gut! Es war eine sehr spannende Zeit. Klar, es war nicht leicht, mit zwölf Jahren ganz weit weg nach Europa zu ziehen. Ich musste mich von meinen Freunden in der Schule in Argentinien verabschieden. Aber Gott sei Dank bin ich sehr offen und kommunikativ. Das hilft, und man bekommt sehr schnell neue Freunde.

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