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Ian Shaw - ELBJAZZ

Ian Shaw ist ein Allroundtalent – zwar ist er in erster Linie Musiker, als solcher hat er aber sehr viel Sinn für Unterhaltung.
Der walisische Sänger und Pianist hat das Publikum mit seinen Qualitäten als Entertainer schnell auf seiner Seite. Die Kommunikation mit den Zuhörern ist für den 49-jährigen ein wichtiger Teil der Show, den er glänzend beherrscht. Er trat früher als Musicaldarsteller und Komödiant auf, arbeitete in London als Moderator für die BBC und nahm Alben mit amerikanischen Jazz-Musikern auf. Beim Elbjazz Festival machte er sich im vergangenen Jahr mit seinen launigen Ansagen schnell beliebt. Und führte seine sensible, zerbrechliche Seite vor, die in seiner Musik stets zugegen ist. In Ian Shaws Repertoire finden sich Pop-Stücke, die unter seinen Händen zu purem Jazz werden und Songs, die im Blues gebadet sind.

Im Rahmen eines „Ankerwurf-Konzerts“ von Elbjazz im Hamburger Café Schöne Aussichten im vergangenen November hat der Künstler Sarah Seidel Auskunft über seinen Werdegang, seine musikalischen Vorlieben und Vorbilder gegeben.

Sarah Seidel (SS): Welcome in Hamburg, Ian Shaw!

Ian Shaw (IS): Danke sehr!

SS: Oh, Sie sprechen Deutsch!

IS: Ein bisschen … wirklich nur ein ganz kleines bisschen.

SS: Wo haben Sie Deutsch gelernt?

IS: In der Schule, genauso wie Französisch. Ich hatte eine Studentin als Lehrerin, die ich sehr toll fand, sehr trendy.

SS: Gibt es ein deutsches Wort, das beschreiben könnte, was das Publikum in Ihren Konzerten erwarten kann?

IS: Fantastische Jazz, ... ich bin ein Sänger von Jazz, Billie Holiday und Bach Kantaten wie "Mein Gott, Du stehst auf meinem Fuß!" Das war schon das Äußerste meiner Deutschkenntnisse.

SS: Sie stammen aus Wales.

IS: Ja, ich bin dort geboren und aufgewachsen, ich bin dort auch zur Schule gegangen. Ich war Mitglied in einem Chor, habe von meiner frühesten Kindheit an gesungen. Mein Vater, der heute nicht mehr lebt, hat in den Bands meiner Heimat Trompete und Kornett gespielt. Naja, und da waren natürlich viele Schafe auf den Hügeln.

SS: Und die Schafe haben Sie näher an den Jazz herangeführt?

IS: Nein, mein Vater hatte die Idee, dass ich nach London gehen sollte, um zu studieren. Wir waren in einer sehr abgelegenen Ecke von Wales, wo es viele Hügel und Berge gab, ich gehe heute immer noch gerne in meine Heimat zurück. Meine Mutter lebt noch dort.

SS: War es klar, dass Sie in London Musik studieren würden?

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IS: Ja, das war klar. Meinen Abschluss habe ich allerdings im Klassischen Fach gemacht. Ich habe viel über Johann Sebastian Bach gelernt und über andere deutsche Komponisten wie Paul Hindemith. Schließlich bin ich aber beim Jazz gelandet. Die Welt des Jazz fühlte sich so natürlich an für mich. Meine Musikhochschule lag in der Nähe des Londoner Viertels Soho. Dort fand ich viele Plattenläden und lernte Musiker kennen, die im Ronnie Scott’s Club spielten. Als ich 18 war, habe ich in den Pubs viele Musiker kennen gelernt. Das war in den 80er-Jahren. Ich war beeindruckt von Leuten, die älter waren als ich und mir etwas beibringen konnten.

SS: Wir sprechen noch gar nicht so lange, aber man kann in vielem, was Sie sagen, Ihren Sinn für Humor erkennen. Ist das eine walisische Eigenschaft oder lag der Humor einfach in Ihrer Familie?

IS: Mein Vater hatte einen großartigen Sinn für Humor, das stimmt schon. Als ich anfing, mich als Künstler zu etablieren, habe ich mich zuerst als Stand-Up-Comedian versucht. Ich mache das heute noch. Das Komödiantische, die Improvisation und der Jazz, das alles hängt für mich eng zusammen. Das belegt ein und dieselbe Region meines Gehirns. Ich mag es, den Humor und die Musik zu verbinden, besonders wenn ich solo am Piano auftrete. Dann kann ich anfangen, wieder abbrechen, mit dem Publikum reden und es macht Spaß. Trotzdem steht die Musik an erster Stelle.

SS: Bei Ihrem Auftritt beim Elbjazz Festival im vergangenen Jahr hat das Publikum viel gelacht, weil Sie sehr gut moderieren und unterhalten können.

IS: Ich empfinde das Lachen als etwas Elementares. Lachen und Weinen liegen manchmal sehr nahe beieinander. Man muss nur an die Tränen eines Clowns denken. Viele der klassischen Jazz-Songs, die in den 30er- und 40er-Jahren geschrieben wurden, sind komisch und zugleich traurig. Im Jazz-Geschehen haben wir heute eine Menge ziemlich ernster Künstler. Und sie sind auch wirklich tolle Künstler, die ich natürlich sehr schätze, aber ich bin eben nicht so wie sie.

SS: In Ihren Konzerten kann man erleben, wie Sie sich blitzschnell auf Ihr Publikum einstellen. Sie fordern die Zuhörer auf, sich Stücke zu wünschen und können, wenn sie Ihnen etwas zurufen, sofort darauf reagieren. Ist das eine Gabe oder hartes Training?

IS: Das ist natürlich beides. Ich bin ja auch Schauspieler, gelegentlich schauspielere ich für Theater und Film. Dabei ist der Moment auf der Bühne sehr wichtig und die Geschwindigkeit. Das ist überall das Gleiche, egal, ob es sich um eine Musik-, Theater- oder Comedy-Performance handelt.

SS: Wenn man sich mal ansieht, was Sie alles machen und können, dann muss man sich wundern, dass Sie in Deutschland nicht viel bekannter sind.

IS: In den Staaten bin ich bekannter als Zuhause. Und in der Tat habe ich in den letzten 20 Jahren auch viele Gelegenheiten gehabt, in Deutschland aufzutreten. Ich habe zum Beispiel in der Philharmonie in Essen mit dem afrikanischen Pianisten Abdullah Ibrahim zusammen gearbeitet. Da habe ich sein berühmtes Stück "The Wedding" gesungen. Ich bin mit ihm auf Tour gewesen und wir haben sogar ein Projekt für die BBC in London auf die Beine gestellt, damals noch mit dem Arrangeur Steve Gray, der leider inzwischen gestorben ist. Und ich habe viel mit den Radio Big Bands in Deutschland gearbeitet. Alles in allem hatte ich schon diverse Projekte in Deutschland, und ehrlich, ich wäre hier gerne noch öfter! Natürlich ist es toll, dass ich ein zweites Mal beim Elbjazz Festival dabei sein kann. Normalerweise wird man einmal auf ein Festival eingeladen und dann so schnell nicht wieder. Ich fühle mich schon sehr geschmeichelt.

SS: Wir haben schon erwähnt, dass Sie es lieben, mit dem Publikum zu kommunizieren. War das schon immer Teil Ihrer Bühnenperformance als Jazzmusiker?

IS: Ja, schon immer. Als ich zwischen 20 und 30 war, habe ich sechs Jahre lang Comedy gemacht. Danach habe ich viel in Musicals mitgewirkt, ich war Darsteller bei "Cats", das hat mir aber nicht wirklich gefallen, das Metier war mir zu eng und ein bisschen zu kalt. Als ich die ersten Male in Clubs wie dem Ronnie Scott’s in London aufgetreten bin, habe ich gemerkt, dass das meine spirituelle Heimat ist. Der Namensgeber des Clubs, der Tenorsaxofonist Ronnie Scott, fand Humor ganz allgemein einfach klasse. Er war selbst ein Komödiant. Mit Humor kann man Zuhörer dazu bringen, sich auf die Musik einzulassen. Diese Erkenntnis haben wir gemeinsam. Ich wurde meistens am Freitag und Samstag in den Club gebucht, weil es dort des Öfteren wie im Bierkeller zuging und nicht wie im Jazzclub. Ich liebe die Herausforderung, mit meiner Ansprache auch zu denen durchzudringen, die sich nicht richtig für die Musik zu interessieren scheinen.

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