Die Beschreibung der Stoa der griechischen Stadt Megalopolis und ihrer Ausgrabung bietet ein schmales Buch mit zahlreichen Schwarzweißfotos und Zeichnungen.
Im Werk Oswald Spenglers, „Der Untergang des Abendlandes“, ist Megalopolis der von ihm geprägte Ausdruck für eine Riesenstadt, wie es sie zu seinen Lebzeiten noch gar nicht gab. Ob er wohl gewusst hat, dass es tatsächlich eine Stadt – aber eine ziemlich kleine Stadt – dieses Namens gab, noch dazu mit einem Ursprung in der Antike? Gegründet worden war sie als „Megalopolis“, aber im Verlauf von mehr als zwei Jahrtausenden verlor sie ihren Endkonsonanten und heißt deshalb heute nur noch „Megalopoli“.
Heide Lauter-Bufe, eine auf die Antike spezialisierte und mittlerweile verstorbene Archäologin, veröffentlichte bereits mehrere Bücher über ihre Ausgrabungen der antiken Megalopolis – teils handelt es sich um Taschenbücher, teils um gebundene Bücher wie das, das dem Rezensenten vorliegt. Eine deutlich billigere Taschenbuchausgabe kann man auch bei diesem Buch kaufen, das allerdings für seine Ausstattung keinesfalls teuer ist. Es bietet nicht allein eine große Anzahl Fotos, sondern auch noch eine Beilage mit einem Grundriss.
Schon zuvor hat Lauter-Bufe in einem anderen Buch das Theater dieser Stadt und einen Sitzungsraum, ein Thersilion, vorgestellt. Jetzt geht es um die Stoa, also um den nicht allein geographischen Mittelpunkt einer griechischen Stadt. Über das Zentrum der mediterranen Städte hat José Ortega y Gasset gesagt, sie beginne „als Hohlraum, als Marktplatz, forum, agorá, und alles weitere ist Vorwand, um dieses Hohl zu sichern, seinen Umriß abzustecken“.
Die Agorá, der Marktplatz einer griechischen Stadt, war also der zentrale Punkt nicht allein des Ortes, sondern zugleich seiner Gesellschaft, der es sehr (viel mehr als uns) auf die Öffentlichkeit ankam, auf das Zusammensein und auf das Gespräch. Bei der Stoa handelt es sich um einen Säulengang an wenigstens einer Seite dieses Platzes, die an die Arkadenumgänge unserer Marktplätze erinnert. Wie diese diente sie der Öffentlichkeit als ein Raum, wo man sich versammeln konnte.
Es ist ein Buch für Fachleute, die Sinn und Verständnis haben für die sachliche Genauigkeit, mit der die Autorin ihre Arbeit in Megalopolis beschreibt. Sachlich und genau sind auch die Fotos, bei denen es sichtlich nicht auf Schönheit ankam, sondern auf eine getreue Wiedergabe der tatsächlichen Verhältnisse unter Zuhilfenahme von zahlreichen Grabungsplänen und Detailzeichnungen. Diese sind das Resultat der Grabungskampagnen von 2000-2002, die mit zahlreichen Grabungsplänen, Fotografien und Detailzeichnungen vorgestellt werden. Eine historische Einführung zur Entstehungszeit von Megalopolis im Allgemeinen und der Stoa Myropolis im Speziellen gibt einen Überblick über Stadt- und Grabungsgeschichte, während detaillierte Baubeschreibungen die verschiedenen Fundabschnitte der Gebäude anschaulich machen.
Myron ist ein Öl, das im antiken Griechenland eine wichtige Rolle im Alltag spielte und noch heute im Kultus der griechisch-orthodoxen Kirche verwendet wird. Dem Verkauf dieses Öls war die Stoa gewidmet, die im Buch vorgestellt wird. Das betreffende Bauwerk, die „Myropolis“, scheint ihrer ökonomischen Verwendung wegen ganz und gar einzigartig gewesen zu sein, denn sie bot zwar an der Stirnseite der Agorá einen ganz normalen Anblick, der sich in die Front der anderen Gebäude einfügte, aber ihr Inneres war eben als Manufaktur gestaltet.
Heide Lauter-Bufe: Megalopolis. Eine griechische Stadt in Arkadien. Die Stoa Myropolis.
Nünnerich-Asmus Verlag
978-3961760077 Taschenbuch, 32 Seiten
978-3961761029 gebundenes Buch, 120 Seiten
Weitere Informationen
Abbildungsnachweis:
Buchumschlag
Griechische Agora. Foto: Stefanl Kass
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