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Am Wochenende 22. und 23. April öffnet die Lübecker St. Petri-Kirche zum siebten Mal ihre Türen für die kleine, aber feine Messe „Die Buchmacher“.

Eine Woche vor der Leipziger Buchmesse präsentieren siebenundzwanzig unabhängige Verlage ihr aktuelles Programm in Lübeck, darunter die Edition Nautilus, der Guggolz Verlag und der noch recht junge Lübecker Rote Katze Verlag.

 

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Die Besucher dürfen sich auf eine Mischung aus Buchpräsentationen, Interviews und Lesungen freuen. In diesem Jahr werden noch mehr Live-Lesungen geboten als in den Jahren zuvor. Für die jeweilige Verlagspräsentationen gibt es eine Ansage per Mikrofon: Im Viertelstundentakt können die Besucher (in der lesungsfreien Zeit) auf kartonartigen Sitzgelegenheiten beim zuvor angesagten Verlagsstand Platz nehmen. Hier stellen dann „Die Buchmacher“ sich und ihr Programm vor. Das ist eine der Besonderheiten dieser Buchmesse und Teil ihres Charmes. Der Eintritt zur Messe und zu den Lesungen ist frei.

 

Moderiert wird das literarische Geschehen von Antje Peters-Hirt, Bernd Schwarze und Anika Stender-Sornik. „Kleine Verlage kommen in den großen Buchhandlungen kaum noch vor“, so Antje Peters-Hirt von der Mellingen-Stiftung, die sich auch organisatorisch stark engagiert. Diesen eigentümergeführten, unabhängigen Verlagen ein Podium zu bieten, ist für sie einer der Gründe, sich immer wieder aktiv einzubringen, zumal sie das Projekt „Die Buchmacher“ 2015 als Nachfolgeprojekt der jahrelang erfolgreichen „Literarischen Nacht“ in St. Petri ebenfalls initiierte. Publikum und Verlagen gefällt`s, das haben die bisherigen Buchmessen in Lübeck bewiesen. Einige Verlage meldeten sich in den Vorjahren am Ende der beiden Tage sogleich fürs nächste Jahr erneut an, andere Verlage werden angefragt. Neu dabei sind diesmal Das kulturelle Gedächtnis und Kopf&Kragen, Es sei immer „work in progress“, erklären Antje Peters Hirt und Anika Stender-Sornik, in deren Händen die Organisation liegt. Im Herbst 2022 haben sie mit den Vorbereitungen für die Messe 2023 begonnen. Beendet sind diese erst dann, wenn die Buchmesse beginnt: „Es ergeben sich oft noch in letzter Minute neue Aktionen“, wissen die beiden aus Erfahrung.

 

Bunt, vielfältig und so niederschwellig wie möglich soll das Angebot sein, so dass jeder Besucher für sich etwas entdecken kann. „Ich würde mir wünschen, dass sich jeder Besucher in ein Buch verliebt und es mitnimmt“, so Anika Stender-Sornik. Die Chance ist groß: Vom Wohlfühlbuch für Kinder bis hin zu abstrakter Hochkultur hat die Buchmesse in St. Petri viel zu bieten. Ganz große Namen wie 2018, als der Prix Goncourt Preisträger Éric Vuillard zu Gast war, oder 2019, als Anke Stelling nach Lübeck kam, die damals gerade mit dem Preis der Leipziger Buchmesse, Bereich Belletristik, ausgezeichnet worden war, sind diesmal nicht dabei. Wohl aber Autoren, deren Namen genug Zugkraft haben, um ihr Publikum zu finden. Genügend Lokalkolorit ist auch vorhanden: Aus Lübeck ist der „Rote Katze Verlag“ dabei, die Künstlerin und Autorin Bettina Thierig stellt am Stand der Edition W am Sonntag um 11.20 Uhr ihr neues Crowdfunding Bienen-Buch vor und um 15 Uhr liest die in Lübeck lebende Autorin und „Stern“-Reporterin Kerstin Herrnkind aus ihrem Buch „Den Drachen jagen“.

 

Buchmachermesse 2023

 

Das Lesungsprogramm für Samstag, 22. April, beginnt um 13.45 Uhr: Sarah Knausenberger liest aus ihrem Roman „Die Wildmohnfrau“ (Kunstanstifter Verlag). Es geht dabei um eine junge Mutter, die mit ihrer Tochter die Familie verlässt und somit das Kind entwurzelt. Verwoben werden in diesem Buch allgemeine wissenschaftliche Erkenntnisse über das Wachstum von Pflanzen mit der individuellen Geschichte eines jungen Mädchens, das unter widrigen Bedingungen viel zu schnell erwachsen werden muss.

 

Kai von Westermann stellt um 14.15 Uhr sein Buch „Herr Mailwald, der Arnim und wir. Aus der Geschichte der Sachgeschichten“ (Schüren Verlag) vor. Der Autor ist seit fast 30 Jahren Kameramann für die Sachgeschichten in der Sendung mit der Maus. Anekdoten und Episoden vom Dreh sorgen für lustige Unterhaltung. „Lebendig und sehr interessant geschrieben, ein Muss für alle kleingebliebenen Fans der Maus. Toll!“, heißt es hierzu in einer Kritik.

 

Um 14.45 Uhr präsentiert Magdalena Saiger „Was ihr nicht seht oder die absolute Nutzlosigkeit des Mondes“ (Edition Nautilus). Für das Manuskript erhielt sie den Hamburger Literaturpreis 2020. Das Debüt der Autorin ist ein poetischer, kunstvoll konstruierter Roman über die Suche nach Wahrhaftigkeit in einer entfremdeten Welt.

 

15.15 Uhr sind die beiden Übersetzerinnen Gabriele Haefs und Christel Hildebrandt zu Gast, um die deutsche Fassung des naturalistischen Hauptwerks der norwegischen Literatur „Die Leute von Hellemyr“ von Amalie Skram (Guggolz Verlag) vorzustellen. Das vierbändige Werk verfolgt den Niedergang einer Familie nahe Bergen, die sich gegen ihr Unglück und einen schlechten Ruf auflehnt. Doch die Familie wird bis in die nachfolgenden Generationen immer wieder davon eingeholt. Der Verleger Sebastian Guggolz spricht mit den beiden Übersetzerinnen über ihre Arbeit.

 

Das Programm am Sonntag 23. April, beginnt um12.00 Uhr. Joachim Zelter liest aus „Professor Lear“ (Körner Verlag). Das Buch erzählt von einem Universitätsprofessor, der durch den Ruhestand seine Bedeutung und den Halt verliert. Von den Kollegen bald vergessen, an der Universität kaum vermisst, beginnt sein Niedergang. Neben dem körperlichen Verfall setzt auch der geistige Verfall ein. Als ihm auch sein Wissen abhandenkommt, stürzt der einst hochanerkannte Professor ins Bodenlose.

 

Um 12.30 Uhr stellt der Verlag Rote Katze den Autor K.J. Sartor und dessen Debütroman „Irish Blues oder das ferne Kind“ vor. Erzählt wird eine Geschichte über männlichen Stolz, aber auch über Irland, die IRA, den Osteraufstand 1916 und über zwei Menschen, die für die Liebe über ihren Schatten springen müssen.

 

Um 13.00 Uhr präsentiert der Transit Verlag „Ahrenshoop“ der Autorin Kristine von Soden. Erzählt wird von Streifzügen zwischen Meer und Bodden zu berühmten Gästen in ihren Quartieren. Dies geschieht anhand von literarischen Erinnerungen, Skizzen, Tagebüchern, Briefen und Gedichten.

Verleger Bernd Fischer (Edition AB Fischer) liest um 13.30 Uhr aus Richard Harding Davis „Gallegher der Laufbursche“. Das Buch erschien 1891 in New York. Dort machte der 1916 verstorbene Journalist durch seinen neuartigen, lebensnahen Erzählton auf sich aufmerksam und erregte viel Aufsehen. Nachdem er als Kriegsberichterstatter von vielen Brennpunkten der Weltgeschichte berichtet hatte, galt er als „Löwe unter den Reportern“ und entwickelte sich zu einer Kultfigur.

 

Um 14.00 Uhr wird der autobiografische Roman „unser Deutschland-märchen“ (Mikrotext Verlag) von Dinçer Güçyeter vorgestellt. Diese Familiengeschichte erzählt der Autor mit vielen Stimmen in Monologen, Dialogen, Träumen, Gebeten, Chören und mit poetischen, oft mythischen, kräftigen Bildern.  Güçyeter wurde im Rheinland geboren, die Eltern stammen aus der Türkei. Mit seinem autobiografischen Roman hat der Lyriker, Verleger und Gelegenheits-Gabelstaplerfahrer den Frauen seiner Familie ein Denkmal gesetzt.

 

Ab 14.30 Uhr erläutert Anna Sanner „Wie man in Japan Ninja wird“ (Reisedepeschen Verlag). Diese wahre Geschichte beschreibt, wie die Autorin nach dem Studium von Sprache und Kultur das Land ihrer Träume erkunden will, dorthin zieht und wie Vorstellung und Realität frontal zusammenprallen. Anna Sanner erzählt von der Zeit, als sie in Japan zur Show-Ninja ausgebildet wird. Dabei bringt sie die Eigenheiten der Japaner genau auf den Punkt.

 

Den Abschluss des Lesemarathons gestaltet Kerstin Herrnkind. Die Reporterin arbeitet seit 1999 beim „Stern“, wurde 2016 mit dem Deutschen Reporterpreis ausgezeichnet und wohnt in Lübeck. Sie stellt ihr Buch „Den Drachen jagen. Die Geschichte meines verlorenen Bruders“ (Edition W) vor, in dem sie von ihrem Bruder Uwe erzählt, der nach langen Jahren des Drogenmissbrauchs an seiner Sucht starb und dessen Tod sie in diesem Buch aufarbeitet.

 

Auf all diese Punkte der diesjährigen Buchmachermesse in St. Petri dürfen sich die Besucher freuen. Die kleine, feine Buchmesse lässt genügend Raum und Zeit für eigene Entdeckungen, Zeit für Gespräche mit Verlegern und Autor*innen. Das Einzige, was wir Leser also mitbringen müssen, ist Zeit. Diese Buchmesse ist zudem ein perfekter Grund, Lübeck (einmal wieder) zu besuchen.


„Die Buchmacher": Literatur-Messe in St. Petri

22. und 23. April 2023 in St. Petri zu Lübeck, Königstraße 104, 23552 Lübeck

Weitere Informationen (Homepage Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg)

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