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Wie sich beim ELBJAZZ Festival Neue Musik, Literatur und  Jazz begegnen

Die Freie und Hansestadt Hamburg entwickelt sich sukzessive und immer deutlicher zu einer ernstzunehmenden Musikmetropole.
Das gilt nicht allein für die klassischen Bereiche mit den Musiktheatern, Orchestern, Ensembles, der Staatsoper und der sich im Bau befindlichen Elbphilharmonie, sondern auch für die Schwesterbereiche aus der Rock-, Pop- und Unterhaltungsmusik. Zugegeben, die Clubszene durchlebt schwierige Zeiten, zumindest kann man jedoch von einem öffentlichen und kulturpolitischen Bewusstsein sprechen und dem Bemühen, notwendige Unterstützung zu leisten.
Eine Musikrichtung verbindet alle anderen Genres wie kaum eine andere miteinander: der Jazz. Dieser steht mit allen gesellschaftlichen Gruppierungen in Verbindung, über Altersgrenzen und Sozial- und Bildungsvorgaben hinweg.

Die Arbeits- und Dienstleistungsatmosphäre entlang der Elbe, am und im Hamburger Hafen als auch in der Speicherstadt kreiert geeigneten Raum für Jazz. Aber auch die mit viel Engagement geplante, gebaute und kritisierte HafenCity wird zur Heimat jener Musik, die eine ganz besondere und eigene Rhythmik entwirft, weil sie spontan improvisiert, arrangiert und komponiert sein kann. Jazz kann sich konkret mit den Räumen, Orten und Zuständen auseinandersetzen. Das neue ELBJAZZ Festival setzt sich somit unweigerlich musikalisch mit urbanen Strukturen auseinander, die nicht nur historisch gewachsen sind, sondern sich auch radikalen Umwälzungen gegenüber sehen.

Den Initiatorinnen, Tina Heine und Nina Sauer, ist durchaus bewusst, auf welcher Gradwanderung sie sich befinden und dass sie dafür auch unkonventionelle Wege gehen müssen. Genau darin liegt aber auch deren Credo und der Reiz begründet: Sie wollen Synergieeffekte nutzen, den Hamburger Hafen mit dem Genre Jazz in Verbindung bringen und umgekehrt, sie wollen Zielgruppen ansprechen, die bislang zwar bestimmt schon Jazz hörten, aber kaum darum wissen. Sie wollen die immense Bandbreite der Jazzmusik präsentieren und Formatbarrieren abbauen. Sie haben kaum Berührungsängste, neben Nischenformaten des Jazz für langjährige Liebhaber und Spezialisten auch jene Strömungen einzubauen, die einem größeren Publikum gefallen, ohne dabei populistisch zu werden. Und sie wollen den Jazzmusikern ein attraktives Forum bieten – sie überall stadträumlich hörbar zu machen.

Daneben sind Veranstaltungen geplant, die interdisziplinäre Begegnungen ermöglichen, insbesondere mit der Neuen Musik, aber auch mit Kunst, Fotografie und Literatur.
So kooperiert das ELBJAZZ Festival mit KLANG! - einem Projekt zur Vermittlung zeitgenössischer Musik in Hamburg. Der KLANG!-Container stellt an zwei Wochenenden vor den Deichtorhallen Jazz und Neue Musik nebeneinander. Vom 22. bis 24. sowie am 29. und 30. Mai finden jeweils zwei Konzerte statt, jeweils um 12 Uhr Jazz und um 16 Uhr Neue Musik.
Dabei geht es hier nicht darum, den „Third Stream“ zu postulieren, denn die Musiker treten nicht miteinander auf, sondern hintereinander. Sie vermengen die Stilrichtungen nicht und beziehen sich auch nicht zwangsläufig aufeinander. Vielmehr werden Künstler musizieren, die man als archetypisch für das jeweilige Genre empfinden könnte. Gemeinsamkeiten findet man jedoch in der künstlerischen Haltung und in den Adjektiven zur Charakterisierung der beiden Genres: Für die Neue Musik stellen sich fünf Solo-Schlagzeuger vor, deren Spielweise experimentell und improvisiert ist. Den Jazz vertreten Solo- und Duo-Besetzungen der Jazz-Abteilung der Hochschule für Musik und Theater.
Außerdem wird im Klang!-Container eine Ausstellung gezeigt, die sich mit den Berührungspunkten von Jazz und Neuer Musik auseinandersetzt.


Dieser Brückenschlag zeigt sich auch im Haus der Photographie der Deichtorhallen. In den Ausstellungen „gute aussichten“ und „Körber Foto Award: Der erste Schritt - Der Einzelne und sein Leben im System“ werden ElbtonalPercussion und das Ensemble Resonanz auftreten.

Das Quartett von ElbtonalPercussion steht seit seiner Gründung im Jahr 1996 für Crossover-Projekte von Klassik, Neuer Musik, Rock, Jazz und Drum’n Bass und ist entsprechend nicht nur in Konzertsälen und auf Bühnen zu Hause, sondern insbesondere in urbanen Räumen nach der Maxime, Musik überall stattfinden zu lassen.

Wie sich beim ELBJAZZ Festival Neue Musik, Literatur und  Jazz begegnenMit „Kaispeicher entern“ hat auch das Ensemble Resonanz bereits mehrmals den Konzertraum verlassen. Die Musiker sind bekannt für ihren programmatischen Bogen zwischen musikalischer Tradition und Gegenwart. Im Ausstellungsraum des Hauses der Photographie arbeitet das Ensemble an freien Improvisationen zu Werken des amerikanischen Komponisten Christian Wolff und anderen.

Außerdem wird Schauspieler Dietmar Mues (Stimme) mit dem ehemaligen Leiter der NDR Bigband, Dieter Glawischnig (Piano) deren Jazz/Text-Aufführungsreihe fortsetzen und Ernst Jandls brillante und spitzzüngige Texte mit improvisiertem Jazz verbinden. In deren Ankündigungstext heißt es: "Eigensinnig soll man sein, sich nicht normieren lassen. Das hat Ernst Jandl immer verfochten. Damit machte er sich, zumal unter den Zeitgenossen der 1950er Jahre mit ihrem gemütvollen Kulturverständnis kaum Freunde. 'Die Gedichte traten eine Lawine der Entrüstung los, und ihrem Autor schlug blanker Hass entgegen.

Zur Minderheit der Nicht-Empörten, sondern Begeisterten, weil selbst neue Wege suchend, gehörte damals schon ein Musiker aus Graz. Begonnen hat Ernst Jandls jazz love affair wie jede große Liebe, mit der gelegentlichen Kunst des Seitensprungs. Mitte der sechziger Jahre spitzte ihn ein begeisterter Hörer auf unwiderstehliche Weise an. Der Jandl-Fan hieß Dieter Wie sich beim ELBJAZZ Festival Neue Musik, Literatur und  Jazz begegnenGlawischnig, ein ortsansässiger Komponist und Pianist, wie Jandl jung und unbekannt. Er war es, der den Jazz-Jandl wenn schon nicht erfunden, so doch gefunden hat' (Dieter Bachmann). Die Freundschaft hielt - und als beide nicht mehr jung und unbekannt, sondern älter und erfolgreich waren, konnte Monumentales in Angriff genommen werden. Als Chef der NDR Bigband 'wünschte er meine Mitwirkung als Sprecher eigener Texte im Rahmen seines Orchesters. Eine Arbeit begann, wie ich sie in ihrer Schwierigkeit und Härte nicht vorgestellt hatte' (Ernst Jandl).

Die große Kunst, das Schwierige, das hart Erarbeitete auf der Bühne leicht und selbstverständlich erscheinen zu lassen, beherrscht Dietmar Mues exzellent - das ist vom großen Dichter beglaubigt."

So werden die Deichtorhallen zum Zentrum der interdisziplinären Begegnungen des ELBJAZZ Festivals 2010.

Weitere Informationen und Tickets unter: www.elbjazz.de

Foto Header: ElbtonalPercussion
Foto Ensemble Resonanz: Michael Haydn
Foto Glawischnig/Mues: N.N.
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