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"Wenn ein Blinder einen anderen Blinden führt, fallen da nicht alle beide in den Graben?" Vincent van Gogh – Ein Malerleben

 

In den Graben? Wenn es nur das wäre. Es droht eine weltweite Kriegskatastrophe.

Das ist das Fazit nach der faktenreichen Beurteilung der Lage durch den deutschen Schriftsteller Dr. Wolfgang Bittner. Und er sagt: So wie es ist, kann und wird es nicht bleiben.

 

Sein neues Buch umfasst 272 Seiten und fordert jeden denkenden Menschen in Deutschland und vor allem in Europa dazu auf, sich nicht von kriegswütigen und politisch blinden Profitjägern und Größenwahnsinnigen ins Boxhorn jagen zu lassen und damit in den Untergang.

 

Gebeuteltes Deutschland

„Wo sind wir nur hingeraten?“ Eine bange Frage, die – offen gesagt – nahezu jeden Deutschen, Europäer oder Ausländer tief berührt und Angst macht. Globale Konflikte eskalieren, gesellschaftliche Gräben werden tiefer – Bürgerkrieg? Da ist Dialog wichtiger denn je. Das erinnert den Rezensenten an den DEFA – Film „Die Mörder sind unter uns“ [1], den er als Kind im Admiralspalast 1946 gesehen und der ihn erschüttert hatte. „In der Maske biederer Bürger – als muntere Schwätzer gegen Krieg und Chauvinismus, als betriebsame Mitarbeiter an einer friedvollen Zukunft – tragen sie heute wieder mit heuchlerischem Anstand den zivilen Rock. Aber wirklich passen wird ihnen immer nur – die Uniform! Ihr Element ist der Krieg und ihre höchsten Ideale – Raub und Mord! Scharfe Kritik an einer Nachkriegsgesellschaft, die es zuließ, dass sogar Kriegsverbrecher erneut am Ruder sind.

 

Koeln 1945 gemeinfrei

Kriegszerstörtes Köln, 1945. Foto: gemeinfrei

 

Und heute, im Jahre 2024? Da stehst du nun, du armer Tropf und schüttelst nur den Kopf. Manche – wer wollte es ihnen verübeln – ziehen sich zurück in ihr kleines von den Medien favorisiertes Ich. Nichts mehr hören, nichts mehr wissen. Das Fernsehprogramm? Oft sehr geistlos. Dem herrschenden Kapitalsystem geschuldet, was sonst? Was bleibt? Dieses inhaltsloses Schulterklopfen von Politikern: „Haltet zusammen?“ Was also tun? Wie ein Contra entgegensetzen?

 

Da kommt ein neues Buch von Wolfgang Bittner wie gerufen in großer Not: „Niemand soll hungern, ohne zu frieren - So wie es ist, kann und wird es nicht bleiben." Verlag Zeitgeist, Höhr-Grenzhausen. Im Übrigen das zehnte Buch, das er mir zum Rezensieren anvertraut. Und wieder ist es so spannend und mit einer sehr klaren Aussage geschrieben, dass man nur wünschen kann, dass es recht viele politisch interessierte Bürger lesen mögen. Soll es ihnen die Augen öffnen, um nicht rat- und mutlos den Blinden in der Politik und Regierung und damit in den Untergang folgen zu müssen.


Das Nein zum „Europäischen Haus“

Den Geschichtsvergessenen sei daran erinnert, "dass von angloamerikanischen Kräften in Verbindung mit Frankreich seit Anfang des 20. Jahrhunderts, im Grunde aber schon seit der Neugründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871, insgeheim darauf hingearbeitet wurde, das wirtschaftlich prosperierende, kulturell in die Welt ausstrahlende Land in der Mitte Europas als Konkurrenten auszuschalten." (S. 74) Unverblümt stellt der Autor klar: „Deutschland als europäischer Brückenkopf und Frontstaat der USA gegen Russland wird von Politikern regiert, die deren Aggressionspolitik nahezu uneingeschränkt folgen und dabei die deutschen Interessen verraten." (S. 41) Und er fragt, wie würde Deutschland, insbesondere die Bundesrepublik seit 1945 in der Hand der USA, heute dastehen, "wenn es zu dem von Michael Gorbatschow und Wladimir Putin vorgeschlagenen ‚Europäischen Haus‘ gekommen wäre", aber die USA haben dies hintertrieben. (S. 59) Und nun? Deutschland wird als Speerspitze gegen Russland eingesetzt und der Weltfrieden balanciere auf einer Rasierklinge. (S. 77) Schließlich stellt der Autor auf Seite 200 fest: "Wir befinden uns auf einer abschüssigen Bahn in faschistoide Verhältnisse."

 

Die Blindmacher

Will man aufklärend wirken wie der Autor, dann muss man damit rechnen, dass die zentralen Medien entweder alles ausblenden oder ungenügend recherchieren, und die Verfasser des Rechtsextremismus bezichtigen. Sie betreiben Gehirnwäsche, und mancher fällt darauf hinein, indem Ursachen regelrecht ausgeblendet werden. Das sei nicht nur eine Bildungsfrage, so Wolfgang Bittner, sondern eine Irreleitung durch Politik und Pseudowissenschaft. (S. 201) Ja, wer wollte das bezweifeln: „In Deutschland ist eine Generation von Politikern und Journalisten herangewachsen, die von nichts eine Ahnung haben, aber alles zu wissen glauben – eine Blase ideologisch verwirrter Schwätzer und Karrieristen...“ (S. 34) Gegen alles Mögliche wird demonstriert, vereinzelt aber nur „gegen Aufrüstung, Krieg und die Verbreitung von Völkerhass“ (S. 40). Von Russland und China ausgehende Kriegsgefahr, atomare Bedrohung, Klimakatastrophe, so lasse sich eine irregeführte und verängstigte Gesellschaft im Zaum halten, so der Autor auf Seite 28.

 

Maidan Proteste F Oleg Mityukhin

Proteste auf dem Maidan Platz in Kiew/Ukraine, 2014. Foto: Oleg Mityukhin

 

Klartext vom Autor vor allem zum Stellvertreterkrieg. Auf Seite 119 betont er, dass die Kiewer Regierung nach dem Maidan-Putsch seit 2014 einen innerstaatlichen Konflikt mit militärischen Mitteln auslöste. Damit legte man mit den USA im Rücken Feuer an der ukrainisch-russischen Grenze, worauf sich der Stellvertreterkrieg entwickelte. (S. 119) Ins Gedächtnis ruft er das Minsker Abkommen von 2014, das nur geschlossen wurde, um der Ukraine Zeit zu geben, stärker zu werde. „Die Regierungen von Deutschland, Frankreich, der Ukraine und den USA haben in den Jahren vor dem russischen Einmarsch doppeltes Spiel getrieben, das heißt intrigiert, gelogen und Kriegsvorbereitungen getroffen.“ (S. 78)

 

Ausgeblendete Ursachen

Wer klärt auf, dass die USA-Wirtschafts- und Finanzeliten, seit mehr als einem Jahrhundert eine Politik verfolgen, „die ausschließlich ihren eigenen wirtschaftlichen und strategischen Interessen dient. Selbst, wenn es dabei zum großen Krieg kommt. „Diese Hybris geht von den Neokonservativen in Washington, den dortigen Finanz- und Wirtschaftseliten sowie der Rüstungsindustrie aus (...)“ (S. 47)

 

Wie bereits erwähnt: Politik und untertänige Medien sowie Mitläufer bei friedlichen Demonstrationen zum Schutz der „westlichen Demokratie“ werden kaum dem Blindengang entgehen und gar einen Neuanfang bewirken, Desto dringender ist es, die gesellschaftlichen Umstände und Ursachen ins Visier zu nehmen. Auf Seite 42 zitiert der Autor beispielsweise den Washingtoner Thinktanks Stratfort, George Friedman: „Für die Vereinigten Staaten ist die Hauptsorge, dass… deutsches Kapital und deutsche Technologie sich mit russischen Rohstoff-Ressoucen und russischer Arbeitskraft zu einer einzigartigen Kombination verbinden, was die USA seit einem Jahrhundert zu verhindern suchen.“ (S. 42) Hier also liegt der Hase im Pfeffer: Es geht um russische Bodenschätze, es geht um US-Weltherrschaft, um Profite. Wer will dies bestreiten. Schließlich liegen auch in dieser Kapitalherrschaft in Deutschland für das rückkehrende Diktat der Kapitalherrschaft. So wird die von Putin vorgeschlagene Kooperation Russlands mit Deutschland gezielt verhindert. (S. 43)

 

Was tun?

Angesichts von Abenteurern in Washington, Kiew und deren Helfershelfern bei SPD, Grünen, FDP und CDU stellt sich die lebenswichtige Frage nach einem Ausweg. So wie es ist, kann es und wird es nicht bleiben – so der Untertitel auf dem Cover dieses kritischen Sachbuches.

Letztendlich geht es darum: Austritt aus der NATO, Kündigung der Stationierungen ausländischen Militärs auf deutschem Territorium, Wiederaufnahme preiswerter Gaslieferungen aus Russland, Einstellung von Waffenlieferungen an Kriegsparteien. Der Autor: Im Gespräch sei ein eigenständiges Europa souveräner Staaten, eine Abkehr von der US-affinen Politik, weg von dem – wenn man dies so versteht – NATO-Bündnis. Der Autor betont: Es gehe um eine Neubesinnung und Neuordnung Europas. Aber nicht in der liberalen Diktatur, nicht mit dem Brüsseler Wasserkopf, nicht in der herrschenden Aufrüstungshysterie, der wirtschaftlichen und militärischen Interventionspolitik.

 

Dabei sei eine Beteiligung Russlands unabdingbar. (S. 140) Hoffnung sehe der Autor auch darin, "dass die BRICS und die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit immer mehr Zulauf erhalten. (S. 56) Zuvor hatte Wolfgang Bittner betont, das der Übergang von einer monopolaren zu einer multipolaren Welt schon längst begonnen hat. Im hinteren Teil des Buches finden sich 70 Seiten Dokumentation an. So die Rede Bundeskanzlers Olaf Scholz auf der Münchner Sicherheitskonferenz am 17. Februar 2024, so der Aufruf der russischen Duma an den deutschen Bundestag und ein Interview des amerikanischen Journalist Tucker Carlson mit Wladimir Putin.

Fazit

Es ist eine Freude, die zielgenaue Darstellung des politischen Zustandes in Deutschland und Europa mit der Klarheit eines Textes von Wolfgang Bittner lesen zu können. Er nimmt den Lesern – so u.a. in vier weiteren gesellschaftskritischen Sachbüchern, die ich als Rezensent unter die Lupe nehmen konnte jene Binden von den Augen, die ihm von kriegslüsternen politischen Regierungen und deren Medien täglich aufs Neue umgebunden werden.

 

Klipp und klar: Deutschland steht seit 1945 unter Vormundschaft in einem permanenten Ausnahmezustand. Wobei dies nur für einen Teil Deutschlands zutrifft – versteht sich von selbst. Und nun ist es an der Zeit, vor allem gegenüber dem vereinten Deutschland, Diktate aus Übersee, um des Friedens willen zu beenden.

 

In jedem seiner sehr offenen und kritischen Zeilen spürt der Leser seinen ehrlichen und liebevollen Umgang mit dem, was dem friedvollen weltlichen Miteinander im Wege steht – eine profitjagende Elite, die es nicht anders verdient, als von friedvollen Männern und Frauen, denen das Leben und das Glück der Menschen das Allerheiligste ist, ersetzt zu werden.

 

Dr. Wolfgang Bittner, ein Göttinger, Jahrgang 1944, der Rezensent Harry Popow, ein Diplomjournalist aus der einstigen DDR – sie freundeten sich an, zwei Kriegs- und Nachkriegskinder, die dafür einstehen: „Nie wieder!“


Wolfgang Bittner: „Niemand soll hungern, ohne zu frieren – So wie es ist, kann und wird es nicht bleiben."

Verlag Zeitgeist, Höhr-Grenzhausen 2024,

Broschiert (mit Klappen), 280 Seiten mit 25 Abb.,

ISBN: 978-3-943007-54-1

 

Fußnoten:

[1] Die Mörder sind unter uns (Film): https://filmundgeschichte.com/die-moerder-sind-unter-uns-1946

Die Mörder sind unter uns (Literatur): https://www.dieterwunderlich.de/Staudte_morder.htm Verlag Dieter Wunderlich

 

Hinweis: Die Inhalte der Kolumne geben die Meinung der jeweiligen Autoren wieder. Diese muss nicht im Einklang mit der Meinung der Redaktion stehen.

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