Wer an Salzburg im Sommer denkt, denkt an die Salzburger Festspiele. Dabei ist die bezaubernde Stadt längst ein Hotspot im Bereich bildende Kunst.
In diesem Jahr feiern gleich drei Kunstinstitutionen ihren runden Geburtstag, das Museum der Moderne und die Galerie Thaddaeus Ropac ihren jeweils 40sten – die Internationale Sommerakademie für bildende Kunst auf der Festung Hohensalzburg ist stolze 70 Jahre alt geworden.
Das Museum der Moderne und zwei weitere Salzburger Kunstinstitutionen feiern Jubiläum.
Selbstredend werden die Jubiläen von Ausstellungen begleitet und die sind durch die Bank sehr sehenswert. Thaddaeus Ropac hat in seiner Schau „40 Years“ all jene künstlerischen Positionen zusammengetragen, die prägend für die heute international agierende Galerie waren und immer noch sind – angefangen bei Joseph Beuys, Anselm Kiefer und Georg Baselitz, über Andy Warhol, Jean-Michel Basquiat Keith Haring und Martin Kippenberger, bis hin zu Gegenwartskünstlern wie Tony Cragg, Sylvie Fleury, Daniel Richter und Imran Qureshi, die für das Jubiläum eigens neue Arbeiten geschaffen haben.
Der aus Kärnten stammende Ropac kam 1983 übrigens eigens wegen Oskar Kokoschka und dessen legendärer „Schule des Sehens“ nach Salzburg. Dieser Begegnungsort für Künstler aus aller Welt auf der Festung Hohensalzburg hat auch heute noch etwas ungemein Faszinierendes an sich, nicht nur weil es als „schönstes Atelier der Welt“ in die Annalen eingegangen ist. Zum diesjährigen Jubiläum zeigt die Internationale Sommerakademie für bildende Kunst noch bis September 2023 in der Galerie Kunst im Traklhaus internationale Künstler*innen, die sich aus feministischer, queerer, non-binärer Perspektive dem Sehen heute in einem erweiterten Malereiverständnis annähern.
In dem aus zwei Häusern bestehenden Museum der Moderne feiert eigentlich nur das 1983 eröffnete Stammhaus, das in der Altstadt liegende Rupertinum Jubiläum (mit Theaterfotografie von Ruth Walz, der langjährigen Lebensgefährtin von Bruno Ganz). Der spektakuläre Neubau auf dem Mönchsberg, dem Salzburger Hausberg, wurde erst 2004 eröffnet – doch egal, ob mit oder ohne Jubiläum: Die Retrospektive der slowakischen Künstlerin Maria Bartuszová (1936-1996), die nach der Tate Modern in London 2022 nun erstmals im deutschsprachigen Raum zu sehen ist, sollte man sich nicht entgehen lassen.
Retrospektive der slowakischen Künstlerin Maria Bartuszová auf dem Mönchsberg
Bislang ist die gebürtige Pragerin im Westen nur einem relativ kleinen Kreis an Fachleuten bekannt und obwohl sie in ihrer Heimat (seit 1963 in Kosice, Slowakei) schon in den 1970er Jahren immer wieder Ausstellungen und öffentliche Aufträge hatte, hat ihr Werk auch dort erst in den letzten Jahren verstärkt öffentliche Aufmerksamkeit erhalten.
Im Grunde ist es ein kleines Wunder, dass ihre zum Teil hochfragilen Werke, hauchdünne Schalen aus Gips, der über Luftballons gegossen wurden, überhaupt erhalten blieben. Als Künstlerin, zumal ursprünglich Keramikerin, (die ersten Aufträge waren keramische Wandreliefs, Kunst am Bau) konnte man in den 70er und 80er Jahren nur allzu leicht untergehen. Auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs, wohlgemerkt. In der westlichen Kunstwelt war in jenen Jahren alles Figurative verpönt und im Osten, im totalitären System der Tschechoslowakei, war „Sozialistischem Realismus“ angesagt. In diesem System mussten die organischen, ei- und tropfenförmigen weißen Gips-Objekte, die die gebürtige Pragerin anfangs im Spiel mit ihrer kleinen Tochter entwickelte, wie pure Provokation wirken, lösen sie doch zum Teil explizit erotische Assoziationen aus. Das Spektrum reicht von Einzellern und Kokons bis zu Brüsten, Phalli und weiblichen Genitalien. Die eingeschnürten Formen, handliche Kleinplastiken und Wandarbeiten, lassen ebenso an Mikroorganismen denken, wie an Embryonen im vier- oder acht-zelligem Stadium, an die geschundenen Puppen von Hans Bellmer oder die Bondage-Akte von Nobyoshi Araki.
In der Tat ging es auch Maria Bartuszová um die Verletzlichkeit des Lebendigen, Weichen und Formbaren. Erfahrungen von Mutterschaft und Geburt sah sie in den vollen, runden Formen symbolisiert. In den Verschnürungen dagegen die Fesseln und Zwänge von Gesellschaftlichen Normen und Beziehungen. Das haptische, sinnliche und spielerische Erfahren von Kunst war ihr so wichtig, dass sie für blinde und sehbeeinträchtigte Kinder Workshops mit eigens angefertigten Skulpturen anbot. Die berührende Fotodokumentation begleitet nun ihre Werkschau im Museum der Moderne Salzburg.
Auch Harald Krejci, seit Januar 2023 neuer Direktor auf dem Mönchsberg und gemeinsam mit Marijana Schneider Kurator der Schau, ist die Vermittlung von Kunst mit allen Sinnen ein zentrales Anliegen. In einem eigens eingerichteten Creative Space sind Baruszovás Formen nun als weiche Handschmeichler nachgebildet und wecken bei kleinen wie großen Besuchern die Lust, selbst plastisch zu gestalten. Der Ceative Space soll künftig verstärkt in den Fokus rücken, so Krejci, um Kunst im Wortsinn zu begreifen.
„Maria Bartuszová“
Zu sehen bis 7. Januar 2024 im Museum der Moderne, Mönchsberg 32, A-5020 Salzburg
- Weitere Informationen (MdMS)
„40 Years“ – 1983 | 2023
Zu sehen bis 30. September 2023in der Galerie Thaddeus Ropac Mirabellplatz 2, A-5020 Salzburg und Salzburg Halle, Vilniusstrasse 13, A-5020 Salzburg
- Weitere Informationen (Galerie Ropac)
„OK. oskar: exhibitions"
Zu sehen bis September 2023 in der Galerie Kunst im Traklhaus, Waagplatz 1a, A-5020 Salzburg
Zum 70. Jubliläum der Internationalen Sommerakademie Salzburg für bildende Kunst
Programm bis 26. August 2023
- Weitere Informationen (Sommerakademie)
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