Mit neuem Eingang, sensibler Neuhängung und stark akzentuiertem Sammlungsschwerpunkt im 19. Jahrhundert besinnt sich die Hamburger Kunsthalle nach dreijähriger Umbauphase wieder auf ihre Ursprünge. Städteplanerisch mag das problematisch sein, das neue Entree jedoch ist traumhaft schön – und weist auch noch in die richtige Himmelsrichtung: Mit Blick über die Binnenalster sich hier auf den Stufen die Abendsonne ins Gesicht scheinen zu lassen, ist einfach ein Genuss.
Es war eine Herzensangelegenheit des im Herbst scheidenden Direktors Hubertus Gaßner. Bereits bei seinem Antritt 2006 entwickelte er die Vision, den historischen Eingang des Gründungsbaus wiederzubeleben. Ein neues Entree war in der Tat mehr als überfällig. Der kleine, seitliche Eingang im „Neubau“ wirkte Zeit seines Bestehens als Notlösung, hatte jedoch den Vorteil, nahe am Hauptbahnhof zu liegen. Die ganze Eingangsproblematik lässt sich nur verstehen, wenn man die Geschichte der Hamburger Museumsinsel kennt. Dem Gründungsbau von 1869 (im Stil der italienischen Renaissance von Georg Theodor Schirrmacher und Hermann von der Hude entworfen), folgte 1909 ein Erweiterungsbau von Fritz Schumacher in Richtung Hauptbahnhof. Und auf der anderen Seite, Richtung Alster, eröffnete 1996 die Galerie der Gegenwart von Oswald Mathias Ungers. Dazu gesellte sich 2003 noch das Hubertus-Wald-Forum als neuer Ausstellungsraum für Wechselausstellungen.
Drei Häuser, drei Eingänge – keine wirklich befriedigende Situation, zumal die Personalkosten explodierten. So war die Zustimmung seitens der Stadt zu den umfassenden Umbaumaßnahmen und der Verlegung des Eingangs auch an die Auflage geknüpft, zwei Eingänge einzusparen. Und das ist nun auch der Wermutstropfen bei all dem Jubel über das Ergebnis der großzügigen 15-Millionen-Sachspende der Dorit & Alexander Otto Stiftung und den knapp sieben Millionen Euro, die seitens der Stadt für ein supermodernes Depot und ansprechende Außenanlage dazu kamen. Jede einzelne Modernisierung ist für sich genommen gelungen: Das lichtdurchflutete Foyer, der sensible Mix zwischen kühler Glasfront und historistischer Pracht, die minimalistische Lichtgestaltung, der aufwendig restaurierte, historische Terrazzo-Boden, die Serviceeinrichtungen (Barrierefrei mit neuen Fahrstühlen), die unzähligen Modernisierungsmaßahmen hinter den Kulissen – alles bestens.
Aber: Man kann (offiziell) nicht mehr über das Hochplateau in die Galerie der Gegenwart gelangen Der Eingang dort ist zu und mit Lichtfolie verklebt.
Der Weg zur zeitgenössischen Kunst führt nur durch den langen, unterirdischen, von Jenny Holzer gestalteten „Geburtskanal“ (Hubertus Gaßner). Das ist wahnsinnig umständlich und widerspricht allen Bekundungen von Stadt und Museum, sich möglichst einladend offen zu präsentieren. Die Galerie der Gegenwart muss wieder direkt zugänglich sein. Mal sehen, was Gaßners Nachfolger dazu einfällt.
Hamburger Kunsthalle
Abbildungsnachweis:Header: Besucher_innen auf der großen Treppe im umgestalteten Eingangsfoyer der Hamburger Kunsthalle. © Hamburger Kunsthalle. Foto: Jann Wilken
Galerie:
01. und 02. Der neue Eingang. Foto: Kay Riechers
03. das neue Eingangsfoyer. Foto: Kay Riechers
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