Kolumne – Meinung und Widerspruch
- Geschrieben von Frank-Peter Hansen -
Der Empirismus des Schleiermacherschülers Friedrich Eduard Beneke ruht auf einem genetisch-psychologischen Fundament auf.
Mit seinem 1832 erschienenen Lehrbuch verfolgte Beneke zwei Absichten: Theoretisch fundiertes Wissen sollte mitgeteilt werden. Um allerdings nicht in „unfruchtbarer Abstraktheit“ zu verharren, hielt er es für geboten, dass die Wissenschaft der Logik „stets zugleich auch einer praktischen Anwendung fähig sein“ müsse (IV). Die praktische Anwendung ist die Bewährungsprobe des theoretischen Wissens nicht allein der Logik, sondern u.a. auch der Astronomie, Physik und Chemie.
- Geschrieben von Frank-Peter Hansen -
Vor dem Hintergrund, der dem Leser dieser Serie bereits vertrauten Überlegungen zum Realraum und zur Realzeit soll zur Abrundung dieser Gedanken zur Philosophie der Natur das von Hartmann in dem 18. und letzten Kapitel des Ersten Teils Niedergelegte in systematischer Geschlossenheit verkürzt auf den Begriff gebracht werden.
Dieser „Spekulative Relativismen des Raumes und der Zeit“ benannte 17seitige Überblick über den Stand der Forschung im Bereich der Elektrodynamik ist, seiner gedanklichen Schärfe und argumentativen Stringenz wegen, ein imponierendes kleines Meisterwerk.
- Geschrieben von Frank-Peter Hansen -
Denkend zu urteilen soll laut Hartmann mit Erkenntnis nur sehr bedingt etwas zu tun haben. Und die Kategorien der Erkenntnis sollen nur zum Teil mit denen des realen und idealen Seins identisch sein. Kann das stimmen? Wie verhält es sich damit?
Ausschließlich wahre Erkenntnis verdient nach Hartmann überhaupt, Erkenntnis genannt zu werden. Unwahre Erkenntnis ist eine contradictio in adjecto. Man kann wohl etwas Falsches wissen, aber dann handelt es sich eben um kein Wissen, sondern um einen Irrtum.
- Geschrieben von Frank-Peter Hansen -
Welcher Art ist eigentlich der Gegenstand der reinen Mathematik? Und was ist sie selbst, worin besteht ihre spezifische Leistung?
Laut Hartmann ist ihr Objekt das ideale Sein, dem sie als Idealerkenntnis beizukommen sucht. Da allerdings von Erkenntnis zu sprechen nur dann sinnvoll ist, wenn das zu Erkennende mit dem Erkennenden nicht ab ovo identisch ist, stellt sich zunächst die Frage, ob dasjenige, was den Gegenstand mathematischer Idealerkenntnis bildet, überhaupt ein von seinem Erkanntwerden unabhängiges Ansichseiendes ist. Handelte es sich bei ihm nämlich bloß um einen dem Bewusstsein immanenten oder auch intentionalen Gegenstand, dann wäre es verfehlt, von ihm als einem Erkenntnisgegenstand zu sprechen.
- Geschrieben von Frank-Peter Hansen -
Was eigentlich ist der entscheidende Fehler des wissenschaftstheoretischen Ansatzes, der ganz ausdrücklich nicht derjenige Nicolai Hartmanns ist?
Dadurch, dass er diesen Fehler nicht nur vermieden, sondern das Prinzip desselben schonungslos in seinen diversen Publikationen offengelegt hat, hat er sich womöglich selbst ins wissenschaftliche Abseits manövriert und sich auf lange Sicht zum wissenschaftlichen Außenseiter gemacht, der er bis heute geblieben ist.
- Geschrieben von Frank-Peter Hansen -
Vorbemerkung: Um die einzelnen Abschnitte dieses Mehrteilers nicht unnötig aufzublähen, werde ich im Folgenden weitestgehend auf Zitate aus dem Original verzichten.
Eine differentielle Kategorialanalyse, wie Hartmann sie erarbeitet hat, hat sich um das Prinzipielle und Grundlegende u. a. im Aufbau des realen Seins zu kümmern.
Allenthalben handelt es sich um die Erforschung von Kausalitäten, Strukturen, Wechselwirkungszusammenhängen, Gesetzen etc. eines auf eine jeweils bestimmte Art organisierten/aufgebauten Realen. Nicht etwa die Gesetzlichkeit als solche und um ihrer selbst willen, sondern Realzusammenhänge sind das jeweils zu erforschende Objekt.
- Geschrieben von Frank-Peter Hansen -
Paul Nicolai Hartmann wurde am 20. Februar 1882 in Riga geboren. Er studierte zunächst Medizin im estländischen Dorpat, anschließend Philosophie in St. Petersburg, bevor er 1905 an die Marburger Universität wechselte.
Dort promovierte er 1907 bei Paul Natorp und Hermann Cohen. 1909 folgte seine Habilitation. Bis 1920 war er Privatdozent, danach Professor in Marburg. 1925 erfolgte seine Berufung nach Köln, 1931 nach Berlin. Seit 1946 lehrte er in Göttingen. Er ist am 9. Oktober 1950 in Göttingen gestorben.
- Geschrieben von Frank-Peter Hansen -
Von Alois Riehl stammt der beherzigenswerte Satz: „Nur wer sein Denken vorzugsweise an Sprachen erzogen und an die Regeln der Grammatik gewöhnt hat, mag auch von den Regeln des Geschehens in der Natur Ausnahmen für möglich halten oder die Naturgesetze bloß als Text-Interpretationen der Naturforscher betrachten“ 1.
Ist dies die ahnungsvoll vorweggenommene Position des Wiener Kreises, dann kontrastiert dieser Mischung von Impressionismus und Formalismus bei dem Realisten Riehl die Einschätzung, dass das „Gesetz der Gravitation [...] mit allen Bewegungen der Himmelskörper und irdischen Fallerscheinungen (zwar, F.-P.H.) noch nicht gegeben (sei, F.-P.H.), obgleich es in jeder Fallbewegung enthalten ist.
- Geschrieben von Frank-Peter Hansen -
Wem sagt heute der Name Johann Eduard Erdmann noch etwas? Wer hat ihn im Original gelesen? Philosophiehistorikern des 19. Jahrhunderts sicherlich.
Womöglich einer Handvoll Psychologen, des „Grundrisses der Psychologie“ wegen, den dieser den Alt- oder Rechtshegelianern zugerechnete Autor verfasst hat. Aber darüber hinaus? Dubito. Dabei empfiehlt sich eine aufmerksame Lektüre seines erstmals 1841 erschienenen „Grundrisses der Logik und Metaphysik“ (Vierte, verbesserte Auflage, Halle 1864). Weshalb? Diese Frage soll gleich beantwortet werden. Zuvor nur noch ein Weniges zur Person des weithin vergessenen Philosophen.
Johann Eduard Erdmann kam 1805 in Wolmar (Livland/Russisches Kaiserreich. Heute: Valmiera/Lettland) zur Welt. Er bekleidete seit 1836 in Berlin eine A. o. Professur und wurde 1839 in Halle a. d. Saale Ordentlicher Professor. Daselbst ist er im Jahre 1892 gestorben.
- Geschrieben von Rüdiger Joppien -
Ein Freund ist jemand, der es gut mit einem meint, der einen nimmt, wie man ist, der lobt, kritisiert und verzeiht, der manchmal auch nervt, der vor allem nicht nachtragend ist, sondern das Gefühl vermittelt: ich zähle auf Dich.
Hans Weckerle war ein Mensch, dem Freundschaften viel bedeuteten, der die Fähigkeit hatte, Freundschaften zu pflegen und diese mit Aufmerksamkeiten zu bedenken. Hans hatte sehr besondere Freunde, vielfach waren es Künstler, wie Friedrich Einhoff oder Thomas Schleede, die schon vor Hans von uns gegangen sind. Aber ich denke auch an wie Jovica Veljovic, Friedemann von Stockhausen, Susanne und Michael Liebelt, Thomas Grebe, Roland Jaeger und viele andere, die in diesen Tagen die Nachricht von Hansens Tod tief bestürzt erfahren haben.
- Geschrieben von Frank-Peter Hansen -
Vorbemerkung: „Vergessen? Gelesen!“ ist eine neue Reihe bei KulturPort.De, die in unregelmäßigen Abständen von Dr. Frank-Peter Hansen, Philosoph aus Berlin geschrieben wird und vergessene Bücher vorstellt. Im ersten Teil führt uns der Weg nach Wien in die Welt der Sprachpsychologie von Friedrich Kainz (1897-1977).
Ein zu Unrecht in Vergessenheit geratenes Buch ist die „Psychologie der Sprache“ des ehemaligen Wiener Universitätsprofessors Friedrich Kainz. Sein erster Band, der die Grundlagen der allgemeinen Sprachpsychologie beinhaltet, ist 1941 beim Ferdinand Enke Verlag in Stuttgart erschienen.
Auf diesen in doppelter Bedeutung grundlegenden Band, der aus Vorlesungen des Autors hervorgegangen ist, konzentriere ich mich im Folgenden.
- Geschrieben von Frank-Peter Hansen -
Was unsterblich im Gesang soll leben / muß im Leben untergehn.
Aus: Friedrich Schiller (Die Götter Griechenlands)
Ihn hat's getroffen,
Ja, er ist fort.
War nichts zu hoffen,
Ihn hat der Ort.
Ins Eck gedrückt,
Dort, Sandgestein.
Das Herz so rein,
Hast uns berückt.
Frank-Peter Hansen
- Geschrieben von Dagmar Reichardt -
Es ist erst gut ein Jahr her, da berichtete KulturPort.De noch von Ennio Morricones „Farewell Tour“ quer durch Europa, die ihn auch am 21.1.2019 mit rund 200 Musikern und Sängern nach Berlin führte. Vor der ausgebuchten Mercedes-Benz Arena im Stadtteil Friedrichshain kamen dem Publikum „Gänsehaut und Tränen“ zugleich, wie der WDR2 kommentierte. Gestern hat uns der „Maestro“ für immer verlassen. Sein kompositorisches Erbe schrieb Musik-, Film- und Kulturgeschichte rund um den Globus: von Italien über Hollywood bis nach Japan, wo Morricone noch im November 2019 mit dem „Orden der Aufgehenden Sonne“ geehrt worden ist, bevor ihm zu Lebzeiten zuletzt Spanien im Juni 2020 den Prinzessin-von- Asturien-Preis in der Sparte Kunst verliehen hat.
- Geschrieben von Frank-Peter Hansen -
Hegel, Marx, der Stagirite,
Hartmann, Nicolai.
Warst gewiss kein Adornite,
Nein, ganz zweifelsfrei!
Nahmst sie mit auf deine Reisen,
Studierende, ein ganzer Tross.
Dafür werden all dich preisen,
Warst uns einer von den Weisen,
Heimgekehrter Peripatos.
Frank-Peter Hansen