Wusste Pierre de Coubertin wirklich, was er tat, als er 1896 die Olympischen Spiele der Neuzeit ins Leben rief? Konnte er ahnen, in welcher Weise Sport unser Leben dominieren würde?
Im 19. Jahrhundert spielte Sport kaum eine Rolle, aber das änderte sich in den Jahren nach dem 1., viel mehr dann nach dem 2. Weltkrieg. Noch in den Fünfzigern und Sechzigern war Sport keinesfalls so wichtig wie heute – ablesbar an dem zuverlässigsten Indikator für die wirklichen Interessen der Menschen, dem Fernsehprogramm.
Wie oft zeigen die öffentlichen Sender fast den ganzen lieben Tag lang Sport: mal Wintersport, dann Fußball, die Tour de France und Tennis und seit neuestem auch noch übergewichtige Herren, die Pfeile auf eine Scheibe werfen – Darts. Und ab kommender Woche, dem 26. Juli 2024 für etwas mehr als zwei Wochen die Olympischen Sommerspiele in Paris als die große friedliche Feier des Sports…
Was aber ist Sport? Sind Darts, Schach oder Formel 1-Rennen wirklich Sport? Sport ist ein Begriff, der im Laufe der letzten hundert oder mehr Jahre eine ganz andere Bedeutung oder sogar verschiedene Bedeutungen angenommen hat, und selbst Fachleute wissen ihn nicht zu definieren. Wir wollen einmal versuchen, ob uns das besser gelingt. (Spoileralarm: Nein! Es funktioniert überhaupt nicht.)
Der Ursprung des Wortes „Sport“ ist bekannt. Es stammt aus dem Lateinischen (das lateinische Verb deportare (wegschaffen, wegbringen) bedeutete im übertragenen Sinn sich vergnügen oder zerstreuen. Anm. d.Red.) meint zunächst das Vergnügen an der frischen Luft, also zum Beispiel die Jagd. Abgeleitet ist das anglisierte Wort aus dem Altfranzösischen. „Deporte“ klingt noch heute im Spanischen ganz ähnlich wie das altfranzösische „esport“. Seit dem zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts wurde das Wort in dieser Weise verwendet, und die zahlreichen Begriffe, die in den Bereich des Sports gehören (Foul, Fairness, Rekord, Handikap und andere) zeigen nach England oder später in die USA.
Dazu kommt, dass Sport Ende des 19. Jahrhunderts noch das Freizeitvergnügen der Upper Class war, woraus schon bald der Amateurparagraf der Olympischen Spiele werden sollte. Nicht allein die Annahme von Geld war den Athleten der Olympischen Spiele verboten, sondern bereits eine niedere gesellschaftliche Stellung führte gelegentlich zur Disqualifikation – so geschehen bei einem Unteroffizier der Kavallerie, der beim Springreiten eine Bronzemedaille gewann. Als Offizier hätte er sie behalten dürfen! Und Jim Thorpe, Olympiasieger im Zehnkampf und für Fachleute einer der größten Athleten des vergangenen Jahrhunderts, musste gar seine Goldmedaille zurückgeben, weil er zwei Jahre vor Olympia in einem semiprofessionellen Team Baseball gespielt hatte.
Es ist leicht zu sehen, dass die heutigen Olympischen Spiele nicht mehr viel mit den ersten Spielen der Neuzeit zu tun haben – sie sind nicht nur viel größer, sondern vor allem auch vollkommen anders. Im Athen des Jahres 1896 mochten sich manche Athleten antik kleiden, aber diese Spiele hatten nichts mit den Spielen der griechischen Antike zu tun, schon deshalb, weil diese einen ausgeprägt kultischen Charakter besessen haben. Bei den alten Griechen wird man keinesfalls von Sport im heutigen Sinne sprechen können. Fairness zum Beispiel war gänzlich unbekannt und das Pankration ein Kampf von unerhörter Brutalität.
Deckbaltt des Reports der 1. Olympischen Spiele der Neuzeit. Rechts: Pankratiasten im Kampf, Bronze 2 Jhdt. v. Chr., Staatliche Antikensammlungen, München. Foto: Matthias Kabel
Es scheint, dass in vielen Kulturen kultische Wettbewerbe, die in ein Menschenopfer mündeten, ein Ursprung von Wettkämpfen gewesen sind. Beispiele könnten das Ballspiel in Mesoamerika oder in Japan die Sumo-Turniere sein. Bei nicht wenigen dieser Wettbewerbe – eigentlich heiligen Spielen – mussten die Verlierer sterben, wie sich in Johan Huizingas klassischer Studie „Homo ludens“ nachlesen lässt. Oft blieben noch enge Verbindungen zum Kult – manchmal zur Religion, gelegentlich wohl auch zum kulturellen Leben, die heute in gelegentlich grotesk verzerrter Form aufscheinen. Vielleicht lässt sich die unverhältnismäßig große Rolle, die der Sport in unserer Gesellschaft einnimmt, eben auf seinen religiösen Ursprung zurückführen? Oder ist es doch nur der bedauerliche Umstand, dass viele Menschen nichts Besseres mit sich anzufangen wissen, als träge auf einen Bildschirm zu starren oder am Sonnabendnachmittag in irgendwelche Stadien zu pilgern?
Die Olympischen Spiele der Neuzeit waren von vornherein stark von denen der Antike unterschieden, und zunächst war es nur eine sentimentale Idee, sie wiederaufleben zulassen. Heute wird das schon seit langem nicht mehr versucht, denn seit 1896 hat sich der Sport stark gewandelt. Heute gibt es Amateure nur noch im Freizeitbereich, und die ganz selbstverständlichen und gelegentlich üppigen Prämienzahlungen waren noch vor fünfzig Jahren strikt verboten. Natürlich gab es sie trotzdem, aber versteckt und bei weitem nicht in der heutigen Höhe.
Merkwürdig scheint es, dass es keinen Sport für kleine Kinder zu geben scheint, sondern allenfalls für Halbwüchsige. Verstünde man unter Sport einfach nur Training oder Leibesübungen, dann müsste man ganz unbedingt auch die Turnstunde der Kleinen zum Sport rechnen. Das tut man aber nicht. Vielmehr gehen die Kinder zum Spielen, selbst dann, wenn dieses Spiel Wettbewerbscharakter annimmt. Ist Sport also eine Tätigkeit der Erwachsenen, in der sie die kindliche Freude am Spiel in ihr Leben zurückholen wollen? Ist es konsequent, dass es in vielen Schulzeugnissen nicht „Sport“ heißt, sondern „Leibesübungen“?
Die meisten Menschen verstehen unter Sport ausschließlich körperliche Aktivität und weigern sich, „E-Sport“ (am Computerbildschirm), Bridge oder Schach als Sport zu akzeptieren. Liegt hier nicht eine Verwechslung mit Athletik vor? Wenn Sport die Aktivität physisch hochtrainierter Menschen ist: Wieso werden dann nicht Zirkusathleten Sportler genannt und als solche empfunden? Tatsächlich spricht niemand von Sport, wenn unter der Zirkuskuppel ein Salto mortale gewagt wird. Weil er nicht Teil eines Wettbewerbes ist? Ist also das Gegeneinander das entscheidende Kriterium? Dabei tritt doch im Zirkus der kultische Charakter des Ursprungs hervor und mit ihm die Nähe zum Tod… Schon das kretische Fresco des Übersprungs über einen Stier deutet in diese Richtung.
Wenn es erst der Wettbewerb sein sollte, der eine körperlich anspruchsvolle Tätigkeit zum Sport werden lässt: Warum war der Wettlauf zum Mond kein Sport? Es war ein Rennen, und die physische Belastung war enorm. Warum also kein Sport? Weil es um den „Wettkampf der Systeme“ und damit um viel zu viel ging? Wenn es aber nicht ums Ganze gehen darf, wieso sind dann die riesigen Summen, die man heute mit dem Sport verdienen kann und die ein Menschenleben für immer verändern, kein Ausschlusskriterium? Vorstellbar wäre ja die Definition „spielerischer Wettbewerb“, aber wenn es um die Ewigkeit geht oder doch wenigstens um den Eintrag in die Geschichtsbücher – wenn man Sportjournalisten trauen darf: an jedem Wochenende –, dann kann es kein spielerischer Wettbewerb mehr sein. Wie kann man im Endspiel des Tennisturniers von Wimbledon noch im strengen Sinne spielen? Wer gewinnt, hat ausgesorgt, und es grenzte ans Übermenschliche, bei einer solchen Gelegenheit wirklich nur zu spielen.
Dass Volksläufe Sport sind, gilt als ausgemacht, obwohl das spielerische Element bei langen Läufen nicht ernsthaft in Anspruch genommen werden kann und auch der Wettbewerbscharakter kaum eine Rolle spielt. Schließlich erhält man für das bloße Mittun eine Medaille. Oder eine Urkunde. Der gute Wille ist in jedem Fall ausreichend, beklatscht wird eigentlich jeder, und ein Endspurt wird von einer gewissen Platzierung abwärts an belächelt. Warum? Weil es nicht darauf ankommt! Die Teilnehmer kämpfen gegen ihren inneren Schweinehund und stecken sich ganz individuelle Ziele, überhaupt durchzuhalten oder eine bestimmte Zeit zu unterbieten. Ihnen ist es nicht wichtig, auf welchem Platz sie landen. Wettbewerb ist es für sie nicht, und es ist auch keine spielerische Aktivität. Sind also Volksläufe doch kein Sport?
Stiersprungfresko (1600–1450 v. Chr.) aus dem Palast von Knossos, ausgestellt im Archäologischen Museum Iraklio, Kreta/Griechenland. Foto: Olaf Tausch (GFDL)
Für die Mehrheit sind sie es schon, trotz allem. Der Besuch einer Muckibude mit schweren Gewichten und allerlei elektronisch gesteuerten Trainingsmaschinen gilt dagegen kaum jemandem als Sport. Weil es nicht draußen geschieht? Weil alles Spielerische fehlt? Oder weil der Besuch nur zu oft allein um der Eitelkeit willen erfolgt, weil es darum geht, entweder den schlaffen Körper ein wenig in Form zu bringen oder ganz systematisch Muskeln zu definieren? Weil jeder mit sich allein ist an und mit seiner Maschine?
Vielleicht ist es wirklich der geschlossene Raum. Denn tatsächlich gelten bereits bloße Trainingsläufe als Sport, aber doch nur im Freien. Manche wollen schlanker werden, und die besseren Läufer genießen die Bewegung und suchen die Anstrengung um der Anstrengung willen. Das tiefe Einatmen und die gesteigerte Sauerstoffzufuhr zusammen mit dem wohligen Gefühl einer erweiterten Brust, die körperliche Erschöpfung, in manchen Phasen gar ein rauschähnlicher Zustand, in dem Bilder, Assoziationen und Erinnerungen durch das Hirn zucken, schließlich der in den Augen beißende Schweiß zusammen mit dem Schmerz in den Muskeln geben dem Sportler das Gefühl, die Intensität seines Lebens bis zum Äußersten zu steigern. Selbst die bleierne Müdigkeit oder der Wolfshunger nach Training oder Wettkampf sind willkommen. Wer Sport treibt, lebt mehr und intensiver – das ist für Erwachsene wichtig, aber nichts, das Kinder nötig haben. Vielleicht treiben Kinder deshalb keinen Sport?
Wenn Sport die Steigerung des Lebens mit und dank körperlicher Bewegung bedeutet: wie können dann Schachspieler Sport treiben? Schließlich tun sie das Gegenteil eines Läufers, denn sie sitzen nur und starren, den Kopf auf die Hände gestützt, gedankenverloren auf das Brett. In manchen, ja eigentlich in den besten Momenten blenden sie alles um sich herum aus – sogar den Gegner, denn es geht ihnen im Idealfall allein um die Stellung. Sie wollen die Stellung gewinnen, nicht den Gegner besiegen. Nur manchmal gehen sie zwischen den Tischreihen eines Turniers oder an den Brettern eines Mannschaftskampfes auf und ab, um sich die Beine zu vertreten und bei anderen Partien zu kiebitzen. Diese Bewegung ist aber optional, denn körperliche Bewegung oder Fitness spielen für den Schachspieler keinerlei Rolle. Deshalb schauen viele Sportler auf Schachspieler hinab; sie gelten als hochintelligent (oft zu Unrecht), aber keinesfalls als sportlich.
Könnte man Schach als Sport verteidigen? Vielleicht schon, wenn die Umschreibung als „spielerischer Wettbewerb“ (der bei Volksläufen nicht funktioniert!) in die richtige Richtung weist. Es kommt darauf an, auf das Adverb „sportlich“ zurückzugehen, nicht auf das Adjektiv: Man ist ein Sportler, weil man sich wie einer verhält, aber nicht, weil man sportlich ist, also athletisch oder bewegungsbegabt. Das Händeschütteln vor der Partie und die Gratulation zum Abschluss demonstrieren zunächst nur den Respekt vor dem Gegner und den Regeln und sind als Rituale damit das Gegenteil des finsteren Anstarrens, mit dem Boxer (sind das noch Sportler?) vor ihrem Kampf Mut und Kampfgeist zur Darstellung bringen. Boxer sind bereit, bis zur Vernichtung zu gehen: Vielleicht bis zur Vernichtung des Gegners, unter Umständen sogar bis zur Vernichtung der eigenen Person. Also: Ist Boxen im Wortsinne archaisch, nämlich vom Ursprung der kultischen Spiele und ihrer Nähe zum kultischen Opfer gezeichnet?
Schach dagegen ist ein bloßes Spiel und soll es auch bleiben – selbst wenn eine Partie zum Drama werden kann, so sollte sie doch für alle Amateure ein Spiel, in dem es um nichts geht, oder doch wenigstens um fast nichts. Vielleicht ein wenig Anerkennung für die gute Leistung, aber das war es dann auch schon. Leider ist das reine Theorie – ich habe schon Schachspieler wutentbrannt mit Figuren um sich werfen sehen. Und für professionelle Schachspieler kann keine Partie ein bloßes Spiel sein: Schließlich leben sie davon. Wie sagte doch Großmeister Savielly Tartakower, als ihm sein Gegner ein Matt in wenigen Zügen ankündigte? „Unterlassen Sie diese Belästigungen!“ Nein, er war nicht amüsiert.
Besonders sportlich scheint vielen Zuschauern das Verhältnis mancher Leichtathleten, zum Beispiel von Zehnkämpfern oder Stabhochspringern, die sich oft sogar mit der Konkurrenz über einen gelungenen Versuch freuen und einander am Ende des Wettbewerbs umarmen und gratulieren. Von Spiel mag man angesichts ihrer Anstrengungen kaum noch sprechen, aber der Respekt vor dem Gegner ist ebenso ausgeprägt wie die Freude. Vielleicht ist Freude, schlichte unverfälschte Freude – auch an der Leistung des Gegners –, ein wesentliches Kriterium?
Zu einem jeden Spiel gehört der Wille, den Wettkampf zu gewinnen, weshalb Lustlosigkeit oder eine zu frühe Aufgabe als unsportlich gelten. Man ist ein Spielverderber, wenn man nicht ernsthaft spielt – ein Spiel will ernst genommen werden, sonst ist es kein Spiel. Jedes Kind weiß das, aber vielleicht nicht jeder Erwachsene. Etwas ausführlicher umschreibt Johan Huizinga das Wesen des Spiels, zu dem – auch in seinem Buch – der Sport gehört: „Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Gefühl des ‚Andersseins‘ als das ‚gewöhnliche‘ Leben.“
Wirklich scheint gelöste Heiterkeit als das Gegenteil von verbissener Anstrengung ein wesentliches Moment des Spiels und damit auch des Sports. Wenn man also zuerst die Freude am Spiel wie am Wettbewerb als ein wesentliches Kriterium ansieht, kann man einerseits auch die nicht-athletischen Wettbewerbe als Sport ansehen, andererseits die Problematik der Olympischen Spiele erkennen. Oder die, die im Begriff „Profisport“ steckt. Profis mögen oft genug wirkliche Sportler sein, aber sie sind es keineswegs immer. Schon Huizinga – zu seiner Zeit wurde, verglichen mit heute, gar nichts gezahlt – mochte nicht mehr daran glauben, dass die „Haltung des Berufsspielers“ noch „die richtige Spielhaltung [ist]; das Spontane und Sorglose gibt es nicht mehr bei ihm.“ Eben. Man denke nur an den berühmtesten aller Radrennfahrer, an Eddy Merckx, der der „Kannibale“ genannt wurde, weil er nicht einmal dem größten Außenseiter auch nur den kleinsten Sieg gönnte. Verhielt er sich noch sportlich? Von schweren absichtlichen Fouls oder „Schwalben“ beim Fußball wollen wir gar nicht erst reden.
Für Max Scheler waren schon 1912 der Rekord und das blinde Fortschrittsstreben die „alles bewegenden Grundmotive“ seiner Zeit. Wo gilt das mehr als bei den Olympischen Spielen? Von wegen gelöste Heiterkeit! Wenn wir in den nächsten Tagen den Fernseher einschalten und den Läufern zuschauen, dann sehen wir am unteren Bildrand die Einblendungen, die dem wissbegierigen Zuschauer die Zahlen des „OR“ (des olympischen Rekords), des „ER“ (Europarekords)“ oder des „WR“ (Weltrekords) mitteilen – als käme es auf Zahlen an, nicht auf den Sieg. Aber für viele Athleten ist es wirklich der Rekord, der ihnen wichtig ist, denn sie sind ebenso von dieser Manie geprägt wie wir selbst. Oswald Spengler beschrieb sie bereits im ersten Teil seines großen Werks, also 1918: „Das Berauschende großer Zahlen ist ein bezeichnendes Erlebnis, das nur der Mensch des Abendlandes kennt. In der gegenwärtigen Zivilisation spielt gerade dies Symbol, die Leidenschaft für Riesensummen, für unendlich große und unendlich kleine Messungen, für Rekorde und Statistiken eine ungewöhnliche Rolle.“ Wo gilt das mehr als bei den Olympischen Spielen?
Ein weniger tiefer Denker, seines Zeichens Bodybuilder und früherer Kugelstoßmeister, verlieh diesem Gedanken Ausdruck, als er meinte, die „Frage nach dem Ende der Leistung [sei] die nach dem Ende des Weltalls“. Ralf Reichenbachs „durchaus pathetische Grundhaltung“, kommentierten 1987 zwei Autoren der „Zeit“, sei „einschlägige Athleten-Mentalität.“ Ich hege den Verdacht, dass das richtig sein könnte.
Bereits 1920 brachte der bedeutende Soziologe Werner Sombart diese Zusammenhänge auf den Begriff. Es gehe, schrieb er in seinem Buch über den „Bourgeois“, allein noch um den Erfolg: „Um welche eigentümlichen Seelenvorgänge es sich bei dergleichen Wertverschiebungen, wie sie unsere Zeit vornimmt, handelt, zeigt vielleicht am deutlichsten die Stellung, die der moderne Mensch dem Sport gegenüber einnimmt. An ihm interessiert ihn im Wesentlichen nur die Frage: wer wird in einem Wettkampfe Sieger sein, wer vollbringt die meßbar höchste Leistung?“ Im Anschluss an diese ziemlich hellsichtige Bemerkung schreibt Sombart über die Wette, die heute zu einem weltumspannenden Phänomen geworden ist und an der sich sehr leicht studieren lässt, wie gleichgültig und sinnentleert der Sport ist. Denn es sind oft die Spiele der 2. und 3. Ligen, auf die gewettet wird, also auf Spiele von Mannschaften, von denen kaum mehr als die Namen bekannt sind.
Ich werde mir wohl trotzdem diesen oder jenen Wettbewerb bei Olympia anschauen.
Mehr zu dem Thema bei KulturPort.De:
Klartext – Olympia 2024: Chance für eine selbstbewusste Kultur-Agenda. Geschrieben von Hans-Juergen Fink - Freitag, 20. März 2015
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