CDs KlassikKompass
Pascal Schumacher. Foto: Fredrik Artinell
Ein Musiker findet zu sich selbst. Auch so hätte eine mögliche poetische Überschrift zu diesem Artikel lauten können.

Pascal Schumacher, luxemburgischer Vibraphonist und Komponist veröffentlicht sein erstes Soloalbum. Das ist gleich aus mehreren Gründen einer besonderen Erwähnung wert.

Denn erstens hat der Musiker, der sowohl in der Klassik, in der Neoklassik als auch im Jazz und im Ambient ein Zuhause hat, schon eine ganze Reihe von Alben auf seiner Schaffensliste zu verzeichnen. Diese spielte er mit recht unterschiedlichen Künstlern ein: Jef Neve, Francesco Tristano, Jens Düppe, und zuletzt mit Maxime Delpierre. Also hat er mit derlei Produktionen, dem Zusammenspiel und seinem Instrument viel Erfahrung.

Und zweitens – und das ist ausschlaggebend – ist das Vibraphon in der Regel kein Soloinstrument. Warum? Weil es keine tiefen Töne, keine Bässe erzeugt. Will sagen, es gehört sehr viel Selbstvertrauen, Mut, Wissen und Können dazu, um ein Vibraphon-Solo-Album auf den Markt zu bringen.

 

Pascal Schumacher Sol CoverZugegeben, es gibt bei einer Reihe der 14 SOL-Stücke Synthesizer-Unterstützung, die Basspassagen generieren, aber es sind eben nur ein paar ausgewählte und das vorher erwähnte herausfordernde Problem bleibt als Prinzip ständig bestehen.

Pascal Schumacher definiert sein Instrument bildlich als ein „Relief“, im Gegensatz zu einer Skulptur, und meint: „Die Frequenzen meines Instruments können auf Dauer als störend empfunden werden, daher bin ich früher gar nicht auf die Idee gekommen, als Solomusiker aufzutreten.“ Erst die Einladung 2018 zum Festival „Jazz & The City“ in Salzburg, im Jahr darauf, löste in ihm etwas aus: „Eine ganze Konzertstrecke solo? Das habe ich mir bis dahin noch nicht zugetraut“, sagt Schumacher nachdenklich. „Ich überlegte eine Weile und glaubte auch eine Freiheit als Musiker darin zu entdecken. Ich musste ganz anders eins sein mit meinem Instrument, als im Zusammenspiel mit anderen!“

Eine Freiheit, die der Künstler in sich selbst und durch sich selbst findet. Er wollte nach den Erfahrungen, die er in Salzburg gesammelt hat, Solokünstler werden und arbeitete weiter daran, an Konzerten, auf Festivals, mit einem SOL(o)-Album. Die Verschiebung der CD-Veröffentlichung, die ausgefallenen Konzerte wegen der Corona-Pandemie haben bei einigen Musikern mehr Schrecken als Mut hinterlassen, bei Schumacher barg die Zeit des Shutdowns viel kreatives Potential, eine Zeit des Komponierens und Ausprobierens. „Ich habe es genossen, in meinem Studio ganz in Ruhe und für mich allein zu arbeiten. Es war die konstante Konzentration, die mir das Gefühl gibt, ich sei angekommen. Im jetzigen Zustand dieses Prozesses ist meine Erfüllung umso größer. Also musste ich nicht die üblichen Kompromisse machen, wenn ich mit Mitmusiker arbeite.“

 

Auch wenn das Album mit dem Begriff „Jazz“ kategorisiert wurde, so handelt es sich vielmehr um Neoklassik – mal nicht klavierlastig – sondern ungewohnt im Klang, mit einer ganz eigenen Anziehungskraft. „Es gibt verschiedene Arten der Intimität“, sagt Schumacher, „die in der Einsamkeit mit dem Instrument und die mit dem Publikum. Beide genieße ich sehr!“

 

Im Ergebnis resümiert SOL, neben Eigenkompositionen, auch in zwei Hommagen: an Mike Oldfield (Tubular Bells, Track 8) und an Chilly Gonzales, unter kompositorischer Mitwirkung von Ryuichi Sakamoto (Tearjerker, Track 9). Aber es sind gerade die Eigenkompositionen, in denen der „neue" Schumacher wirklich erfahrbar ist.


Pascal Schumacher: SOL

Pascal Schumacher, Vibraphon, Synthesizer

Label: Neue Meister / Edel Kultur

Digital, Vinyl, CD

EAN: 885470014264

 

Weitere Informationen

 

Pascal Schumacher Live Session Album Release at MUDAM: 05. Jun. 2020, 21:00 Uhr im Mudam – Das Museum für zeitgenössische Kunst in Luxemburg

 

YouTube-Videos:

- Pascal Schumacher – SOL (Official Music Video) | Vibraphone Vibes (4:44)

- Pascal Schumacher - SOL (Official Album Teaser) (2:47)

- Pascal Schumacher plays SOL (3:51)

 

Anmerkung: Die Zitatpassagen stammen aus einem Telefongespräch zwischen Pascal Schumacher und Claus Friede, das am 28.05.2020 geführt wurde.

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