Kopf-Hörer3: dreimal außergewöhnliche Weihnachtsmusik
- Geschrieben von Hans-Juergen Fink -
Drei Angebote für alle, die Weihnachtslieder nicht nur als Klingelton oder Helene-Fischer-Hits hören möchten. Traditionelle Lieder in ungewohnten Chorsätzen – mal romantisch, mal moderner. Und solistisch wunderbar gesungen mit alten Instrumenten.
O heilige Nacht. Die 34 Sängerinnen und Sänger des 1985 gegründeten Dresdner Kammerchors singen Musik, die in der Zeit der Romantik entstanden ist. Historisch eine Zeit gewaltiger gesellschaftlicher Veränderungen, in denen die Menschen nach Haltepunkten suchen. Weihnachtslieder des 14. bis 18. Jahrhunderts hören wir hier in Arrangements, die sich auf die Traditionen beziehen und gleichzeitig in die Zukunft weisen. Darunter sind Kompositionen des Thomaskantors Gustav Schreck, der das Erbe Bachs fortschreibt, oder von Carl Gottlob Reißiger, Nachfolger Carl Maria von Webers als Dresdner Hofkapellmeister. Bekannter sind Brahms und Reger, Carl Loewe und Max Bruch – während Wüllner, Othegraven, Fuchs und Reinthaler fast vergessen sind. Einige Weltersteinspielungen enthält das CD-Programm. Es ist eine Einladung, Bekanntes in neuen Farben zu hören, gesungen von einem Chor, der diese Farben prächtig zu gestalten weiß. Christoph Rademann, der Gründer des Chores, hat die Dresdner zu einem der besten deutschen Chöre gemacht – er gibt dieser Melange von Althergebrachtem auf dem Weg in die Moderne Tiefe und spirituelle Sinnlichkeit.
O heilige Nacht – Romantische Chormusik zur Weihnachtszeit.
Dresdner Kammerchor, Hans-Christoph Rademann. CD Carus 83.392
Es ist ein Ros entsprungen. Auch a capella gesungen, aber noch etwas weiter in die Moderne greift das Konzept der Weihnachts-CD des NDR-Chors unter Philipp Ahmann. Es kontrastiert fünf der alten Arrangements von Michael Praetorius – im Kern der 1599 veröffentlichte Choral „Es ist ein Ros entsprungen“ – mit 250 bis 300 Jahre später entstandenen Stücken zur Weihnachts- und Nachweihnachtszeit aus dem Frühbarock, der Nachromantik und dem frühen 20. Jahrhundert. Da finden sich neben Praetorius, der mit dem neunbändigen Werk „Musae Sioniae“ ein Kompedium der evangelischen Kirchenmusik schuf, Peter Cornelius und Brahms, aber auch Heinrich Kaminski, Hugo Distler und auch Alban Berg. Die 33 Sängerinnen und Sänger finden für alle drei Epochen zu einer fein artikulierenden, klaren Klangsprache die den kirchlich geprägten Inhalten wie auch den heidnischen Wurzeln der Weihnacht eingängig Gestalt verleiht.
Es ist ein Ros entsprungen – Weihnachtliche Chormusik.
NDR Chor, Philipp Ahmann. CD ES-Dur 2064
Himlische Weyhnacht. Wer es lieber ganz traditionell mag, ist bei Bell’Arte Salzburg gut bedient. Die Weihnachtsmusik der sieben Spezialisten für historische Aufführungspraxis stellt virtuose konzertante Festmusik neben die alten und gut bekannten Choräle. Luthers Choral „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ zieht sich mit seinen vielen Strophen wie ein roter Faden durch das Programm. Johann Sebastian Bach steuert den Choral „Ich steh an deiner Krippen hier“ bei, der Text stammt von Paul Gerhardt. Eine Sonate eines anonymen Komponisten verarbeitet die Melodie von „Wie schön leuchtet der Morgenstern“. Außerdem dabei: Werke von Hassler, Bernhard, Bruhns, Meder, Biber, Schütz und Zelenka. Die filigrane Interpretation von Bell’Arte und der beiden kultivierten Gesangsstimmen sorgt dafür, dass sich die vorweihnachtliche Turbulenz in Sekundenschnelle beruhigt und Weihnachtsfrieden einziehen kann, ohne dass bei dieser Musik jemand allzu schnell sagen kann: „Kenn ich schon.“
Himlische Weyhnacht. Festliche Gesänge von Luther bis Bach.
Bell’Arte Salzburg, Annegret Siedel. Marie Luise Werneburg (Sopran), Klaus Mertens (Bass). CD Berlin Classics 0300 687
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