Arvo Pärt – Für Anna Maria
- Geschrieben von Claus Friede -
Er ist ein Meister seines Fachs und trotz des großen Erfolgs als gefeierter zeitgenössischer Komponist Neuer Musik, immer bescheiden und zurückhaltend geblieben. Die Rede ist von Arvo Pärt, dem 1935 in Estland geborenen Avantgarde-Minimalisten.
Er schafft als einer der wenigen einen großen Spagat: die Verbindung von Klassik zur Moderne und zum Zeitgenössischen. In Pärts Kompositionen mischt sich beispielsweise Gregorianik und Minimal Music, klassische Vokal-Polyphonie mit seinem und von ihm entwickelten Tintinnabuli-Stil (Glöckchenspiel).
„Für Anna Maria“ ist eine Komposition, die Arvo Pärt für einen seiner jüngsten Fans schrieb. Entstanden ist sie „im Auftrag“ der damals 7-jährigen Anna Maria aus Estland. Pärt widmete ihr dieses Klavierstück 2006 zu ihrem 10. Geburtstag. Art und Umfang des Werkes erinnern an Pärts „Für Alina“, das im Jahre 1976 seine Hinwendung zum erwähnten Tintinnabuli-Stil erstmals manifestierte. So ist es auch selbstverständlich, dass letztgenanntes Stück ebenfalls und unter anderen auf der Doppel-CD und Sammlung vollständiger Solo-Klavierwerke steht. Die beiden CDs decken einen großen Zeitraum des Schaffens des estnischen Komponisten ab: von dem frühen neoklassizistischen Stil, 1956 bis zu den populären minimalen Werken bis 2008.
Pärt ist eigentlich kein Klavierkomponist und umso bemerkenswerter ist diese Aufnahme sämtlicher Solostücke. Jeroen van Veen scheint der perfekte Interpret dieser Stücke zu sein und seine Persönlichkeit und sein Wissen – selbst ist er ebenfalls Komponist – ist spürbar. Er kennt sich aus mit Minimal Music und spielt Arvo Pärt zuweilen richtigerweise wie Eric Satie. Van Veen bietet dem Hörer ein regelrechtes Eintauchen in die Bandbreite und Interpretationsmöglichkeiten. Das lediglich zwei Seiten und wenige Noten umfassende Werk „Für Alina“ (1976) taucht auf den CDs mit insgesamt 50 Minuten vier Mal auf. „Für Anna Maria“ (2006) ist ebenfalls als Variation zu hören. Der Niederländer, der die fünfzehn Sets 2013 bis 2014 aufnahm, reduziert auf das Wesentliche: Minimalismus mit maximalem Effekt!
Zwei Abweichungen gibt es im „solo“. Der amerikanische Cellist Douw Fonda begleitet die Stücke „Fratres“ (1977/80) und „Spiegel im Spiegel“ (1978) und van Veens Ehefrau Sandra spielt das zweite Piano bei „Hymn to a Great City“ (1984/2004).
Die Chronologie bei „Arvo Pärt – Complete Piano Music“ ist etwas auf den Kopf gestellt, denn die erste CD präsentiert den Komponisten der gefunden hat, während die zweite CD den noch Suchenden und Verhafteten vorstellt. Das ist aber gar nicht schlecht gedacht, denn wenn sich der Hörer an die vorgegebene CD-Reihenfolge hält merkt er deutlich, ja, vielleicht wesentlich deutlicher, welche Entwicklungsphasen es bei Pärt gegeben hat, um an sein Ziel zu gelangen.
Diese teilweise sehr kontemplative und beruhigende Sammlung ist absolut empfehlenswert.
Arvo Pärt – Für Anna Maria, Complete Piano Music
Jeroen van Veen, Sandra van Veen, Douw Fonda
Brillant Classics, 2 CDs
5028421950532
(Auch in Vinyl-Form erhältlich)
Track Listing:
CD1
Für Alina (1976) [20:18]
Variations for the Healing of Arinushka (1977) [5:56]
Ukuaru valss (1973, rev. 2010) [2:54]
Für Anna Maria (2006) [1:21]
Für Alina (1976) [2:41]
Pari intervallo* (1976, rev. 2008) [5:26]
Hymn to a Great City* (1984, rev. 2004) [5:08]
Für Anna Maria (2006) [1:07]
Für Alina (1976) [3:15]
Fratres (1977, rev. 1980) [11:52]
Spiegel im Spiegel (1978) [9:10]
CD2
Vier leichte Tanzstücke ‘musik für kindertheater’ (1956-57) [7:38]
Sonatina No. 1 (1959) [7:15]
Sonatina No. 2 (1959) [5:42]
Partita Op. 2 (1958) [7:18]
Für Alina (1976) [23:06]
(gesamt 51:11)
Hörproben:
Arvo Pärt - Für Anna Maria Brilliant Classics 2CD 94775 (7:35)
Für Anna Maria - Complete Piano Music by Arvo Part (4:57)
Video:
Für Alina / Arvo Pärt door Jeroen van Veen
Abbildungsnachweis:
Header: Arvo Pärt. Foto: Estnisches Außenministerium. Quelle: Wikipedia
CD-Cover
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