Kultur, Geschichte & Management
Unverzichtbar: Die Stiftung für die Hamburger Kunstsammlungen - SHK

Ohne sie läuft in Hamburg gar nichts, jedenfalls nicht in den beiden größten Museen der Stadt: Die „Stiftung für die Hamburger Kunstsammlungen“ (SHK) finanziert seit 54 Jahren hochkarätige Neuerwerbungen der Kunsthalle und des Museums für Kunst und Gewerbe.
Der wohl spektakulärste Ankauf ging im Januar en miniature als Hamburg-Botschafter in die Welt: Die Deutsche Post brachte eine Sonderbriefmarke von Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“ heraus, dem wohl bekanntesten Bild des Romantikers.

Die Hamburger Kunsthalle ohne Friedrichs „Wanderer“? Unvorstellbar! Das Gemälde gilt als „Mona Lisa“ des Museums. Vor 40 Jahren sah das allerdings noch ganz anders aus. Als das Bild 1970 aus Privatbesitz auf den Markt kam, wurde es „angeboten wie Sauerbier“, weiß Klaus Driessen, ehrenamtlicher Geschäftsführer der Stiftung. „Kurz nach der Studentenrevolution war Romantik überhaupt nicht angesagt. Alles, was mit Individualismus, Bürgerlichkeit und Deutschem Nationalstaat zu tun hatte, war verpönt. Zudem gab es gewisse Berührungsängste, weil die Romantik unter den Nazis so beliebt war“.
Kurz: Caspar David Friedrich war alles andere als populär und die geforderten 600.000 DM eine Menge Geld. Viel zu viel für die Kunsthalle, selbst zu viel für die Stiftung. Die Summe lag damals weit über dem Jahresbudget. Zur Alternative stand ein Bild von Georges Rouault, einem gegenständlichen französischen Maler, der zudem erheblich günstiger war. Doch der damalige Kunsthallendirektor Werner Hofmann plädierte für Friedrich, der Unternehmer Kurt A. Körber streckte das Geld vor und nach langen Diskussionen entschied sich die Stiftung zum Kauf.
Heute würde das Bild einen zweistelligen Millionenbetrag kosten – wenn es überhaupt zu haben wäre. Doch nicht nur bei Friedrich lässt sich eine derartige Wertentwicklung feststellen. Zum 50. Jubiläum vor vier Jahren ließ Jürgen Blankenburg, der langjährige Vorsitzende der Stiftung, 100 der insgesamt 500 Kunstwerke bewerten, die im Laufe der Zeit für insgesamt 22 Millionen Euro angekauft wurden. Werke von Meistern wie Paul Gauguin, Picasso, Munch, Beckmann, Warhol, oder Richter. Das Ergebnis war beeindruckend: „Der Verkehrswert liegt gegenwärtig zwischen 250 und 350 Millionen Euro“, so Driessen. „Offenbar waren alle Ankaufsentscheidungen richtig.“
Das liegt vor allem daran, dass das elfköpfige Ankaufskuratorium nicht nach persönlichem Geschmack entscheidet, sondern dem Urteil der Experten, sprich Museumsdirektoren, vertraut. Doch wie man schon am Beispiel Caspar David Friedrichs sah, wird nicht jeder Wunsch einfach abgenickt. Zwei bis drei Vorschläge bittet sich das Kuratorium zur Abstimmung aus – und das Sammlungskonzept der Direktoren muss überzeugend sein. „Wir handeln in Lichtwarkscher Tradition“, so Driessen. „Der Gründungsdirektor der Kunsthalle kaufte die Bilder, die seiner konzeptionellen Vorstellung entsprachen. Auch wenn die Bürger viele dieser Bilder nicht leiden mochten – sie vertrauten ihm“.

Die SHK ist ein Kind des legendären Hamburger Kultursenators Biermann-Ratjen. Zehn Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges galt es, auch die erlittenen Schäden im Kunstbereich gutzumachen, vor allem den Anschluss an die internationale Kunstszene zu gewinnen. Viele bedeutende Werke, die unter den Nazis als „entartet“ diffamiert wurden, waren vernichtet oder verschwunden. Doch das öffentliche Geld war knapp - wie immer in Hamburg, wenn es um Kunst und Kultur geht. Biermann-Ratjen besann sich auf die gute alte hanseatische Tradition der Stifter und Mäzene und holte die Handelskammer mit ins Boot. Körber, Töpfer, Springer, Reemtsma, - die ganze Hamburger Wirtschaftselite war 1956 bei der Gründung der „Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Kunstsammlungen“, wie sie 50 Jahre lang hieß, vertreten. Zum ersten Mal verpflichteten sich Staat und Privatwirtschaft einem gemeinsamen Ziel: Die Museen bestmöglich mit Kunst auszustatten. „Es ist die älteste Public Private Partnership in Deutschland“, so Driessen stolz. „Und sie funktioniert bis heute“.

Mittlerweile gehören rund 220 Förderer zum erlesenen Stifterkreis und jedes Jahr werden es mehr. 2010 betrugen die Spenden 475 000 Euro, die Stadt gab noch einmal 300 000 Euro dazu. Ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann. Doch am besten findet ihr Geschäftsführer, dass all die vielen finanzierten Kunstwerke Eigentum der Stiftung bleiben. Ob Thomas Demands Fotozyklus „Presidency“ oder Olafur Eliasons „Hamburger Kinderzimmer“, ob Dirich Utermarkes barockes „Prunkbecken“ oder Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“ – alles nur Dauerleihgaben an die Museen. „Das ist ein wunderbares Gefühl“, schwärmt Klaus Driessen. „Wenn wir Stifter ins Museum gehen, begucken wir unsere Sammlung. Sie ist Bürgereigentum. Das schafft eine Nähe zur Kunst, die ganz besonders ist“.

Bildnachweis Header: Olafur Eliasson: "Hamburger Kinderzimmer"

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