Theater - Tanz

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Hauptmann, der sich ja auch seine 16jährige Iduscha geleistet hat (Genies konnten sich schon immer etwas mehr erlauben) zeigt das Liebespaar, den geheimen Kommerzienrat Mathias Clausen (Joachim Bliese) und das Mädchen Inken (sympathisch und glaubhaft: Sonja Stein) sowie seine wenigen Anhänger als die Guten, Vernünftigen. Den schäbigeren Charakter besitzen ihre Gegner, die Clausen-Kinder und mit ihnen im Bunde Justizrat Hanefeldt (aalglatt: Nils Owe Krack).
Dabei sind die eigentlichen Kinder – die älteste Tochter Bettina (Meike Meiners), die altjüngferlich den Vater anhimmelt, Wolfgang, der Philosophieprofessor (Oskar Ketelhut), dessen weiche Rübe sein Vater bereits kurz nach der Geburt zurechtkneten musste, die nervöse, allzu nachgiebige Ottilie (Beate Kiupel) und der fröhlich-unbedarfte Jüngste Egert (Erkki Hopf) eher schwächlich als böse. Vor allem, wenn man sie an ihren Ehepartnern misst, der kaltschnäuzigen, arroganten Frau Professor (Birte Kretschmer) und dem rotgesichtigen Berserker Erich, Ottilies Gatten (Till Huster).

Die beiden angeheirateten Verwandten legen dann auch mit Erpressung und Bestechung los, indem sie Inkens biederer, aber skeptischer Mutter (Ursula Hinrichs) größere Summen anbieten, mit der Auflage, zu Verschwinden oder sie mit anonymen Postkarten drangsalieren, die dasselbe Ziel verfolgen.

Ruhige Pole in diesem Wirbel sind die beiden Freunde und Vertrauten des Geheimrats, zum einen, mit wunderbar kopfschüttelnden Grimm, Sanitätsrat Dr. Steynitz (Wilfried Dziallas) zum anderen, ratlos angesichts der Tragödie und stets in der Hoffnung, alle könnten sich doch noch irgendwie einigen, Professor Geiger (Jürgen Lederer).
Der bärtige Pastor Immoos (mit teilweise fast Peter-Ustinovschem Charme: Horst Arenthold) weiß eigentlich gar nicht so recht, zu wem er halten soll und will doch, händeringend, nur das Gute.

Bis hin in die kleinen Nebenrollen (Mathias Junge als Sekretär und Wolfgang Sommer, der ausgerechnet den Diener namens Winter spielt) gibt jeder sein Bestes, und was sie geben, ist wirklich vom Feinsten. Hier beweisen die Ohnsorgs, wie viel Intelligenz und Könnerschaft dazu gehört, Lustspiel und Schwank zu produzieren und dass sie, bei Bedarf, eben auch ganz anders können.
Allen voran und gar nicht genug zu loben Joachim Bliese, der übrigens sein 50jähriges Bühnenjubiläum feierte, in der Hauptrolle.

Er ist der zurückhaltende, elegante, selbstsichere Mann, dessen Ausstrahlung so beeindruckt, dass wir Inken verstehen, die, als ihre Mutter sie ein weiteres Mal auf den enormen Altersunterschied hinweist, erklärt, sie hätte eigentlich das Gefühl, dass es ihm nicht viel ausmache. Und er ist der aus dem Liebesglück hart gestürzte Vater, dem die eigenen Kinder plötzlich wie ihn hetzende Bestien vorkommen, der völlig außer sich gerät vor Wut und Verzweiflung und der zum Schluss, mit ganz leerem Gesicht, das Gefühl der Liebe und seinen Lebenssinn verliert – grandios!

Im Programmheft steht, aus einer Kritik zur Uraufführung des Dramas 1932 in Berlin von Stefan Grossmann: "Seit vielen Jahren hat so heißer Jubel das Deutsche Theater nicht durchbraust. Das Thema erregte die Zuschauer, fast nur aus Fünfzig- und Sechzigjährigen bestehend, die hier ihr ‚Recht auf das letzte Erlebnis’ glühend proklamiert sahen…"

Nun muss ich zwar zugeben, dass tatsächlich die Mehrzahl der Besucher silberhaarig war. Aber ich glaube trotzdem, was das würdige Publikum nicht nur zu donnerndem, endlosem Applaus, sondern sogar zum Trampeln und Johlen brachte, war weniger die Aussage des Stückes als vielmehr die Begeisterung für einen ganz, ganz großen Theaterabend bei Ohnsorgs…

Die Uraufführung war am 4.10.2009
Fotos: Jutta Schwöbel

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