Theater - Tanz

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Premiere am 16.1.2010 im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg.Die beiden Hauptdarsteller, gedacht als noch halbe Kinder, sind um 30, aber das tut nichts. Julia Nachtmann dürfte in der Lage sein, souverän eine Frau jedes beliebigen Alters zu spielen. Sie verkörpert die Julia als patentes Kind, sensibel, aber nicht schwach, gefühlvoll, aber nicht gefühlsduselig.
Und auch das Gesicht Aleksandar Radenkovics wird nicht durch übertriebene Reife verunstaltet. Er zeichnet sich übrigens durch bewundernswerte Körperbeherrschung aus. Nicht nur klettert er kurzfristig auf den ersten Parkettreihen herum, um aufgeregt das Publikum zu fragen, wer denn bloß das schöne Mädchen sei, das er eben kennen gelernt hat (Das Hamburger Publikum ist allerdings weit entfernt davon, ihm in Kasperle-Manier zuzurufen, da handele es sich um Julia, ob nun Capulet oder Nachtmann), er springt auch aus dem Stand auf den Deko-Quader. Und vor allem schafft er es, nachdem er bereits minutenlang gutwillig der Länge nach am ‚Balkon’ hing, um sich Julias taktische Abschiedsverzögerungen anzuhören, noch einen Klimmzug zu machen! Was ihm sofort Szenenapplaus einträgt.

Den bekam auch mehrfach die nervensägende Amme, die temperamentvoll und schwitzend auf der Bühne herumhetzt und immer noch gern eine Erinnerung vor sich hin plappert.
Ganz besonders gut gefielen außerdem der Macho-Capulet-Papa mit seinen Wutausbrüchen, der zierliche, kahlköpfige und bebrillte, überraschend weibliche Bruder Lorenzo (Hedi Kriegeskotte), sowie Romeos Freunde, der großäugig-mitfühlende Benvolio (Sören Wunderlich) und der ganz hervorragende Mercutio (Tristan Seith), von dessen Leidenschaft und Ausdruckskraft man dem Hauptdarsteller eine anständige Portion gewünscht hätte.

Die Musik von Tobias Vethake untermalt unaufdringlich und einfühlsam das Stück und die Jünglinge der ‚Brut’ toben hier und da (und manchmal leicht befremdlich) in roten Kapuzenmäntelchen über die Bühne.

Eigentlich ein sehr schöner Shakespeare-Abend.
Und doch…
Würde ich davon hören, dass irgendwer Romeo und Julia ohne Streichungen auf die Bühne bringt, also wohl über vier Stunden - meinetwegen mit zwei Pausen, man kann sich ja Butterbrote mitbringen – dass er die Darsteller samt und sonders in Kostüme von 1595 stopft und dass die Kulissen der damaligen Zeit entsprechen und in keiner Weise reduziert sind – ich würde weit dafür reisen.
Das wäre nämlich mal wieder ganz ungeheuer originell.

Premiere am 16.1.2010 im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg.
Fotos: Julia Nachtmann, Aleksandar Radenković © A.T. Schaefer

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