Nach Brandenburg geht es nun, ins Havelland, in eine ganz und gar wasserreiche Region. Brandenburg an der Havel ist eine Stadt am Wasser, im Wasser. Seen, Kanäle und historische Flutgräben gliedern die Landschaft.
Die Havel mit ihren verschiedenen Armen ist die Lebensader der dreiteiligen Stadt. Der älteste Bezirk ist die Dom-Insel mit ihrer mehr als 1000-jährigen Geschichte. Alt- und Neustadt wurden jeweils im 12. Jahrhundert gegründet und 1715 vereinigt. Die ehemalige Hansestadt ist noch ein touristischer Geheimtipp. Überall sehen wir Boote – Segler, Fahrgastschiffe nach Werder, Ketzin, Rathenow oder Potsdam, Kanus, Kajaks, Flöße und Hausboote. Auch verschiedene Ausleihstationen gibt es, von hier aus kann man Brandenburgs Wasserlandschaft erkunden.
Wir beziehen eine geschmackvolle Ferienwohnung. Zuerst besichtigen wir den Dom zu Brandenburg, St. Peter und Paul auf der pittoresken Dom-Insel zwischen dem Beetzsee und der Havel. Das Wahrzeichen der Stadt ist ein Schlüsselbau der Backsteingotik, auch der Domschatz ist zu besichtigen. Das Dommuseum zeigt bis zum 31. Oktober die Schau „Keine Frau. Nirgends“[1], welche die Unsichtbarkeit von Frauen im Domstift Brandenburg zum Thema macht. Denn Frauen haben hier auf der Dom-Insel durchaus auf vielfältige Weise Spuren hinterlassen.
Dom St. Peter und Paul, Brandenburg. Foto: Crisdero
Das Archäologische Landesmuseum Brandenburg[2], das die Kulturgeschichte des Landes auch in ihren frühesten Spuren präsentiert, ist im St. Paulikloster untergebracht. Das Kloster selbst mit seinem Kreuzgang ist ebenfalls ein bedeutender Bau der Backsteingotik in Norddeutschland, genauso wie die spätgotische Gotthardtkirche mit ihrer großartigen Ausstattung und die Katharinenkirche.
Seinen Kaffee trinkt man besonders schön am Wasser im Brückencafé am Heineufer, als Restauranttipp empfehlen wir das Parduin im Sorat Hotel. Man kocht bodenständig märkisch. Hier herrscht gediegen-gemütliche, britisch anmutende Atmosphäre mit Blick auf die Backsteinfassade des Altstädtischen Rathauses. Hier steht der auch „Roland“, eine monumentale Sandsteinfigur von 1474 – der Patron der Stadt, der die städtischen Freiheiten symbolisiert.
Ein anderer, sehr besonderer Ort ist das Stehachterl, ein Feinkostladen mit angeschlossener Bar, wo man Gutes aus der Steiermark und aus Brandenburg probieren und kaufen kann. Es ist ein Treffpunkt für ein Achterl Glas Wein im Stehen, für einen Aperitiv, aber auch für eine ausgedehnte Weinprobe – hier genießt man das Leben. Unprätentiös und supersympathisch.
Auch Brandenburg an der Havel ist eine Kulturstadt. Das Brandenburger Theater[4] ist ein weiterer kultureller Anziehungspunkt. Das Theater ist auch Veranstalter des Kultursommers, bei dem etwa die „Wassermusiken“ zu erleben sind – Musik auf der Regattastrecke am Beetzsee.
Auch ein Stadtmuseum[5] gibt es – aufgeteilt auf das barocke Frey-Haus, das Gotische Haus und den mittelalterlichen Steintorturm, wo vor allem die Geschichte der Havelschifffahrt und der Spielzeugindustrie zum Thema gemacht wird. Noch bis zum 31. Mai ist eine Sonderausstellung zum 100. Geburtstag von Vicco von Bülow alias Loriot zu sehen, der in Brandenburg an der Havel geboren wurde. Titel der von Undine Damus-Holtmann und Wulf Holtmann kuratierten Schau: „Heile Welt“.
Loriot-Figur und Waldmops. Fotos: Marc Peschke
Überhaupt begegnet Loriot uns oft in der Stadt, vor allem auch in Form der bronzenen „ausgewilderten Waldmöpse“[6], die seit 2015 überall im Stadtzentrum zu finden sind. Diese lebensgroßen Hundefiguren mit kleinen Kopfgeweihen entdeckt man immer wieder in den drei historischen Stadtkernen – auch eine Führung wird angeboten.
Die Nachbildungen der 1972 in einem Sketch erschaffenen Kunstfigur Loriots (von der er behauptete, sie sei eine überformte Züchtung, die vom Elch abstamme) wurden von der Berliner Künstlerin Clara Walter geschaffen.
Auf dem Marienberg besteigen wir die 1974 zum 25. Jahrestag der DDR errichtete Friedenswarte – von diesem Turm hat man einen schönen Ausblick auf die drei Stadtkerne Altstadt, Neustadt und Dom-Insel. Teile der mittelalterlichen Wehranlage haben sich erhalten – der monumentalste Torturm ist der Neustädter Steintorturm. Nur wenige Schritte sind es von dort zum Sowjetischen Ehrenmal mit Ehrenfriedhof, das an die Befreiung der Stadt durch die Rote Armee am 24. April 1945 erinnert.
Friedenswarte und Sowjetisches Ehrenmal in Brandenburg. Fotos: Marc Peschke
Die ganze Region ist nicht nur ein Eldorado für Wassersportler – auch mit dem Fahrrad lässt sie sich durchstreifen. So verläuft etwa der Havelradweg an den Ufern der Havelseen. Der längste Radweg der Region ist die „Tour Brandenburg“ mit 1.000 Kilometer Länge. Wir aber bleiben in der Nähe von Brandenburg an der Havel, beradeln den Storchenweg und machen die 7-Seen-Tour mit Einkehrmöglichkeiten im Buhnenhaus und im Gasthaus Malge am See.
Eine hochkarätige Ausstellungshalle hat Brandenburg an der Havel auch zu bieten. Die Kunsthalle Brennabor[7] ist ein außergewöhnlicher Ort für Kunstpräsentationen. Die 600 Quadratmeter große Ausstellungshalle liegt im 1. Obergeschoss der ehemaligen Brennabor-Werke, wo früher Kinderwägen, Fahrräder und Autos produziert wurden. Ab Juni wird hier das Werk der Berliner Künstlerin Rubica von Streng gezeigt. „Um zu verstehen, wie die Welt tickt“, so sagt die Künstlerin, „ist es hilfreich, ihre Mechanismen so gut es geht zu ergründen. Ich blicke lieber tiefer in die Materie, anstatt mich mit Oberflächlichem zufrieden zu geben.“
Kunsthalle Brennabor. Foto: Marc Peschke
Einer der interessantesten Künstler der Stadt ist übrigens Jan Beumelburg[8]. Sein Atelier mitten im Zentrum kann man nach Terminvereinbarung besichtigen. Jeden ersten Samstag im Monat öffnet er es von 14 bis 18 Uhr regelmäßig der Öffentlichkeit. Auch sein Werk war schon in der Kunsthalle Brennabor zu erleben.
Direkt neben der Gotthardtskirche, im ältesten Schulgebäude der Stadt, der Alten Lateinschule, hat die Galerie Sonnensegel[9] ihren Sitz. Hier befindet sich eine Kunstschule für Kinder und Jugendliche, zudem aber auch eine Galerie mit Wechselausstellungen zeitgenössischer Kunst. Derzeit zeigt Frank Eisner bis zum 28. Juni seine grafischen Arbeiten – mehrfarbige Holzschnitte, präsentiert in einem wunderschönen historischen Ambiente.
Brandenburg an der Havel ist ein guter Ausgangspunkt für weitere Stationen im Umland. Dieses lässt sich von hier aus auch mit dem Schiff erkunden, etwa in Form einer Havelrundfahrt[10]. Verschiedene Fahrgastschiffe starten in der Saison mehrmals täglich. Um uns herum lockt die Havellandschaft: das Land, das Theodor Fontane in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ beschrieben hat. Brandenburg an der Havel ist ein städtisches Kleinod. Eine historische Stadtperle in Deutschland, deren Reiz sich uns unmittelbar vermittelt. Ganz bald wollen wir wiederkommen – und mehr entdecken!
Blick über die Havel. Foto: Marc Peschke
Von der Ilm an die Havel. Eine Reise nach Weimar und Brandenburg
Zum ersten Teil: Von der Ilm an die Havel. Eine Reise nach Weimar
Weitere Links:
https://www.stadt-brandenburg.de/
Lebende Künstler in Brandenburg (Stadt Brandenburg)
[1] Weitere Informationen zur Ausstellung: www.gesellschaft-kultur-geschichte.de/veranstaltungen/keine-frau-nirgends
[2] Weitere Informationen: www.landesmuseum-brandenburg.de/
[3] Weitere Informationen: www.industriemuseum-brandenburg.de
[4] Weitere Informationen: www.brandenburgertheater.de
[5] Weitere Informationen: www.stadtmuseum.stadt-brandenburg.de
[6] Weitere Informationen: www.erlebnis-brandenburg.de/loriot
[7] Weitere Informationen: https://freunde-kunsthalle-brennabor.com
[8] Vgl.: https://www.jan-beumelburg.de
[9] Weitere Informationen: www.sonnensegel-ev.de
[10] Weitere Informationen: www.erlebnis-brandenburg.de/schiffsrundfahrten
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