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KlassikKompass – Die Welt der Bach-Kantaten: Am Ostertage

Der Ewige ‚Sonn’-Tag mit seinem unvergleichlichen kalten Osterlicht und dem Erschrecken das sich in Lachen wandelte, der von den Christen als erster Tag der Woche gefeiert wird und an dem Christi Verheißung Wahrheit wurde: ‚Denn siehe, ich mache alles neu!’

Zunächst stelle ich Ihnen drei Bach-Kantaten vor in der Reihenfolge: BWV 4 ‚Christ lag in Todesbanden’ und BWV 31 ‚Der Himmel lacht, die Erde jubilieret’ sowie BWV 249 Oster-Oratorium ‚Kommt, eilet und laufet, ihr flüchtigen Füße’.

Und da der Sabbat vergangen war, kauften Maria Magdalena und Maria, des Jakobus Mutter, und Salome Spezerei, auf daß sie kämen und salbten ihn.
Und sie kamen zum Grabe am ersten Tag der Woche sehr früh, da die Sonne aufging.
Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?
Und sie sahen dahin und wurden gewahr, daß der Stein abgewälzt war; denn er war sehr groß. Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Kleid an; und sie entsetzten sich.
Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten; er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, da sie ihn hinlegten!
Gehet aber hin und sagt's seinen Jüngern und Petrus, daß er vor euch hingehen wird nach Galiläa, da werdet ihr ihn sehen, wie er gesagt hat.
Und sie gingen schnell heraus und flohen von dem Grabe; denn es war sie Zittern und Entsetzen angekommen.
Und sie sagten niemand etwas, denn sie fürchteten sich.
Evangelium: Markus 16, 1-8

Bach-Kantate BWV 4 ,Christ lag in Todesbanden’
Uraufführung wahrscheinlich 1707 in Mülhausen, Notenmaterial überliefert 1724 aus Leipzig. Text: Martin Luther, 1524. Choral ,Christ lag in Todesbanden’. Evangelisches Gesangbuch No.101
„Und sie gingen schnell heraus und flohen von dem Grabe; denn es war sie Zittern und Entsetzen angekommen...“

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Dieser Satz des Evangeliums bestimmt die ‚Sinfonia’, die instrumentale Einleitung zu dieser Oster Cantata basierend auf dem Choral Martin Luthers ‚Christ lag in Todesbanden’ von 1524 nach der gregorianischen Sequenz ‚Victimae Paschali Laudes’ des Wipo von Burgund vor 1048. Die Cantata hat eine altertümliche Form – die eines Choralkonzertes das eigentlich im 17. Jahrhundert populär war und ohne Rezitative auskommt. Jeder ‚Versus’ ist eine Choralstrophe, vorgetragen vom Chor oder den Solisten.

Das besondere an dieser Kantate, die – so meint die Musikforschung – wohl zu Bachs ältesten gehört, ist das diese ‚alte’ Form mit enormem Leben gefüllt wird und ganz anders ist als man von einer ‚fröhlichen’ Osterkantate erwartet.
Schon die Einleitung atmet noch den Geist der Passion – der blanke Schrecken steckt den Frauen die das Grab besuchen noch in den Knochen – das Passionsgeschehen in seiner ganzen Entsetzlichkeit spiegelt sich musikalisch in den eher düsteren , furchtsam tastenden, seufzenden Takten der Sinfonia zu dieser Cantata wieder.
„Christ lag in Todesbanden
Für unsre Sünd gegeben,
Er ist wieder erstanden
Und hat uns bracht das Leben (...)“

Der Einleitungschor setzt fugiert ein – fast hektisch – wie vor Schreck außer Atem. Erst im zweiten Teil beruhigt man sich und preist:
„Des wir sollen fröhlich sein,
Gott loben und ihm dankbar sein
Und singen Halleluja, Halleluja!“

Besonders das Halleluja wird auch in jeder weiteren Strophe dieser Cantata immer wieder neu verziert und ausgeschmückt und klingt immer freudiger, die Passions Tiefe hinter sich lassend.
‚Halleluja’, der klassische Freudenruf der Kirche, ist eigentlich die Transkription des hebräischen hallelu-Jáh, das sich aus dem Imperativ Plural preiset von hillel – hebräisch für ‚preisen, verherrlichen, ausrufen’ – und Jah, der Kurzform des Gottesnamens JHWH, zusammensetzt. Wörtliche Übersetzung: Lobt Jah (Jahwe)!
Im evangelisch-lutherischen Gottesdienst ist das Halleluja die Antwort der Gemeinde auf die Epistellesung. Ihm folgt das Wochenlied, darauf das Evangelium. In der österlichen Fastenzeit wird im römischen Ritus das Halleluja durch einen anderen Christus-Ruf ersetzt, bis es vor dem Evangelium der Osternacht erstmals festlich wieder erklingt

Sopran und Alt singen in der Cantata ‚Christ lag in Todesbanden’ in fugierter Engführung den zweiten Versus im Duett und erzählen die Geschichte der sündigen Menschen und ihrer Befreiung durch das Opfer am Kreuz – dazu wird unisono begleitend ein Cornetto besetzt das dem Ganzen wiederum eine altertümliche – fast schreckhafte Färbung verleiht.

„Den Tod niemand zwingen kunnt
Bei allen Menschenkindern,
Das macht' alles unsre Sünd,
Kein Unschuld war zu finden (...)“

Der folgende Tenor Versus verkündet von fast jubelnden Violinen begleitet Jesu Opfertod und seine befreiende Wirkung beruft sich aber auch auf eine altertümliche Deutung der Macht des Todes uns eines Stachels die auf den Korinther Brief lehnt:

„Da bleibet nichts denn Tods Gestalt,
Den Stach'l hat er verloren (...)“
Original dargestellt im Korinther Brief zu Ostern. Epistel: 1. Korinther Brief, Vers 55 ff

‚Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?’ Aber der Stachel des Todes ist die Sünde; die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz’
Besonders fremdartig erscheint uns der nächste Versus gesungen vom solistisch besetzten Chor (eine Stimme pro Part):
„Es war ein wunderlicher Krieg,
Da Tod und Leben rungen,
Das Leben behielt den Sieg,
Es hat den Tod verschlungen.
Die Schrift hat verkündigt das,
Wie ein Tod den andern fraß,
Ein Spott aus dem Tod ist worden.
Halleluja!”

Der Tod, der den anderen Tod ,frisst’ – Bach malt das sehr drastisch aus. Das Motiv ‚fraß’, frisst fugierend das folgende Motiv ‚fraß’ in der Tat auf bis harmonisch nur noch ein Restton übrig bleibt – einer der vielen bestechenden kompositorischen Kunstgriffe dieser Cantata. Die gewaltige Sprache des Luther Chorals im nächsten Versus vom Bass vorgetragen greift zu Bildern die tief alttestamentarisch sind: Christus wird als Opferlamm am Kreuz ‚gebraten’ um die Welt zu retten – sein Blut zeichnet unser aller Tür – das befreit von des Todes Schrecken.

„Hier ist das rechte Osterlamm,
Davon Gott hat geboten,
Das ist hoch an des Kreuzes Stamm
In heißer Lieb gebraten
Das Blut zeichnet unsre Tür,
Das hält der Glaub dem Tode für,
Der Würger kann uns nicht mehr schaden.
Halleluja!“

Das Lamm Gottes wird am Kreuzesstamm gebraten – wie das Opfer des Isaak durch Abraham der letztendlich ein Lamm ‚briet’ und seinen Sohn schonte: 1. Mose, Kapitel 22.
Nach diesen Geschichten versuchte Gott Abraham und sprach zu ihm: Abraham! Und er antwortete: Hier bin ich. Und er sprach: Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast, und gehe hin in das Land Morija und opfere ihn daselbst zum Brandopfer auf einem Berge, den ich dir sagen werde (...)

Gott schont seinen Sohn nicht, so der Versus:
„Hier ist das rechte Osterlamm,
Davon Gott hat geboten,
Das ist hoch an des Kreuzes Stamm
In heißer Lieb gebraten (...)“

Und weiter geht die Beschwörung die alttestamentarischer Prophezeiungen und Bilder – diesmal aus dem Exodus. An das jüdische ‚Passah Fest’ erinnernd – den Auszug der Israeliten aus Ägypten unter Moses – der im Englischen sehr passend übertragen ‚Pass-Over’ heißt – der Tod, der an den durch Blut gezeichneten Türen der Israeliten vorbeigeht.
Und das Blut soll euer Zeichen sein an den Häusern, darin ihr seid, daß, wenn ich das Blut sehe, an euch vorübergehe und euch nicht die Plage widerfahre, die euch verderbe, wenn ich Ägyptenland schlage.
„Das Blut zeichnet unsre Tür,
Das hält der Glaub dem Tode für,
Der Würger kann uns nicht mehr schaden.
Halleluja“.
Exodus 2. Mose 12 ff

Christus hat die Sonne wieder scheinen lassen freuen sich Sopran und Tenor gemeinsam im vorletzten Versus und damit man auch weiß das es sich um einen König handelt der hier den Tod überwunden hat, geschieht das im Continuo im punktierten Königsrhythmus...

„So feiern wir das hohe Fest
Mit Herzensfreud und Wonne,
Das uns der Herre scheinen lässt,
Er ist selber die Sonne (...)“

Der abschließende Choral im Tutti nimmt nochmal im Exodus 2. Mose 12 ff Bezug und erneut auf das jüdische Passah-Fest das eigentlich den Ursprung von Ostern mit dem Auszug der Israeliten unter Mose aus Ägypten mit ungesäuerten (Mazza-) Broten feiert.
Ihr sollt diesen Tag haben zum Gedächtnis und sollt ihn feiern dem HERRN zum Fest, ihr und alle eure Nachkommen, zur ewigen Weise. Sieben Tage sollt ihr ungesäuertes Brot essen; nämlich am ersten Tage sollt ihr den Sauerteig aus euren Häusern tun.
Der Tag soll heilig sein, daß ihr zusammenkommt. Keine Arbeit sollt ihr an dem tun; außer, was zur Speise gehört für allerlei Seelen, das allein mögt ihr für euch tun.
Und haltet das ungesäuerte Brot; denn eben an demselben Tage habe ich euer Heer aus Ägyptenland geführt; darum sollt ihr diesen Tag halten, ihr und alle eure Nachkommen, zur ewigen Weise.
Es wird auch eine neue Parallele gezogen – zum Abendmahl – an dem Christus seinen Leib und sein Blut als ‚Koste’ angeboten hat – die Seele wird damit gespeist – Ostern ist in uns allen vollzogen.

„Wir essen und leben wohl
In rechten Osterfladen,
Der alte Sauerteig nicht soll
Sein bei dem Wort der Gnaden,
Christus will die Koste sein
Und speisen die Seel allein,
Der Glaub will keins andern leben.
Halleluja!”

Diese Choral-Cantata zum Ostertag gehört zu den erstaunlichsten und musikalisch sowie theologisch tiefgründigsten die Bach komponierte – ein würdiger Beginn für unsere KlassikKompass-Serie über die Welt der Bach-Cantatas.

Ich empfehle die Aufnahme dieser Cantata durch das niederländische Ensemble Musica Amphion und dem Gesualdo Consort unter dem Cembalisten Pieter-Jan Belder. Er hat eine ganz besondere Form gefunden Bach Cantatas aufzunehmen und zu präsentieren. Er stellt die Werke nach Themen zusammen und umgibt sie mit dazugehörigen anderen – beispielsweise Orgel – Bach’schen Kompositionen und Werken seiner Zeitgenossen. Das Ganze wird in einem hochinformativen Buchreihe unter dem Motto ‚Bach in Context’ jeweils mit dazugehöriger CD angeboten.

So finden sich die Oster-Cantata ‚Christ lag in Todesbanden’ auf der Buch-CD ‚Bach & Luther’ gemeinsam mit der Reformations-Cantata BVW 80 ‚Ein feste Burg ist unser Gott’ und den Orgelwerken Bachs. Die ‚Dorische Toccata in h-moll’ BVW BWV 538 und dem Orgelchoral ‚Das sind die heil’gen zehn Gebot’ BWV 678 sind zur Reformations-Cantata gestellt und umrahmen sie.

Ein Werk des Johann Christoph Bach (1642-1703), Großonkel des Thomaskantors, die Motette ‚Merk auf mein Herz und sieh’ dorthin’ leitet zum Osterteil der CD. Die Oster Cantata wird eingerahmt von dem Orgelvorspiel ‚Christ lag in Todesbanden’ BVW 718 und beschlossen mit der ‚Orgel Fuge in d-moll’ BVW 538. Musica Amphion und das Gesualdo Consort haben die CD Live in der St. Georgenkirche in Glauchau aufgenommen.

Belder bevorzugt einen weichen, durchsichtigen und eleganten Bach-Aufführungsstil. Natürlich spielt das Orchester auf Instrumenten nach originalem Vorbild nachgebaut.
Die Stimmen sind ausschließlich solistisch besetzt – so wird eine hohe kammermusikalische Durchsichtigkeit erreicht, die an Spannung und Intensität gewinnt und erlaubt Bachs kompositorische Feinheiten im Detail zu genießen.
Natürlich hat Belder auch bei den Sängern auf seiner Aufnahme die barocke Elite versammelt.
Es singen: Dorothee Mields und Nele Gramss (Sopran), Terry Wey und Marnix De Cat (Altus), Charles Daniels und Harry van Berne (Tenor) sowie Harry van der Kamp – auch der künstlerische Direktor des Gesualdo Consort und Jelle Draijer (Bass)

Das Buch mit dazugehöriger CD ‚Bach & Luther’ mit Musica Amphion und dem Gesualdo Consort unter Leitung von Pieter-Jan Belder ist zu haben per Direktversand oder www.musica-amphion.nl unter der Bestellnummer KTC 1424.


Bach Cantata BWV 31 ‚Der Himmel lacht, die Erde jubilieret’
Uraufführung 21. April 1715 in Weimar
Text: Salomon Franck, 1715; Choral: Nikolaus Herman 1575
‚Wenn mein Stündlein vorhanden ist’ - Evangelisches Gesangbuch No.522

„Der Himmel lacht! die Erde jubilieret
Und was sie trägt in ihrem Schoß;
Der Schöpfer lebt!
Der Höchste triumphieret
Und ist von Todesbanden los.
Der sich das Grab zur Ruh erlesen,
Der Heiligste kann nicht verwesen.“
Die zweite große Cantata zum ersten Ostertag Johann Sebastian Bachs hat nun zunächst eine völlig andere Stimmung als die vorher beschriebene ‚Christ lag in Todesbanden’ mit ihrer eher schreckhaften Rückbesinnung auf die Passion.
‚Der Himmel lacht, die Erde jubilieret’ wir Stück für Stück bildgewaltig musikalisch umgesetzt. Auch hier gibt es eine instrumentale Einleitung – Sonata genannt – eine viel zu harmlose Bezeichnung für das Geschehen das dem Hörer vor das innere Auge gebracht wird.
Drei glissierende, skandierende Clarin Trompeten sorgen für das gleißende Licht am Ostermorgen, Pauken schlagen ein Erdbeben heran – das Grab bricht auf – man glaubt Zeuge der nächtlichen Auferstehung zu sein.
Unisono wird das Ganze streckenweise geführt – im Einklang knallt das herum – dazu bietet man Oktavsprünge an, die Erde reißt auf und Christus schießt aus dem Grab – eine enorme Musik, die in ihrer Theatralik kaum zu übertreffen ist.
Und dann der Chor – das Lachen bricht heraus und bestimmt die gesamte Fuge die folgt – ‚Der Himmel lahahahacht’ – das Osterlachen wird beschworen.
Osterlachen (lateinisch risus paschalis), auch Ostergelächter, bezeichnet den Brauch, in der Predigt an Ostern die Gottesdienstgemeinde zum Lachen zu bringen. In einigen Regionen war es vom 14. bis 19. Jahrhundert fester Bestandteil des christlichen Brauchtums.
Der Grundgedanke des Osterlachens war, die Osterfreude zum Ausdruck zu bringen. Gleichzeitig symbolisiert das Osterlachen die Überlegenheit und den Sieg über den Tod, der sich an Christus ‚verschluckt’ hat und der Lächerlichkeit preisgegeben ist.Und der Himmel jubilieret – alles jubiliert ohne Ende und die Trompeten bieten das Licht dazu...
Erst bei ,Der sich das Grab zur Ruh erlesen’ wird der fröhliche Chor plötzlich nachdenklich aber mit dem nächsten Satz ‚Der Heiligste kann nicht verwesen’ ist die Freude wieder da – das ursprüngliche Tempo wird wieder aufgenommen – die Trompeten erinnern an das ewige Licht und die Freude kehrt im instrumentalen Abspann zurück.
Der Tenor erklärt die Freude mit einem Hinweis auf Christi Stellung die sich auf die Offenbarung des Johannes bezieht...

„Das A und O,
Der erst und auch der letzte,
Den unsre schwere Schuld in Todeskerker setzte,
Ist nun gerissen aus der Not (...)“
Offenbarung Kapitel 1 Vers 8

„Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, spricht Gott der HERR,
Der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige .“

Das ‚A und O’ ist dabei eher das ‚Alpha und Omega’ – Anfang und Ende des griechischen Alphabets.

„Fürst des Lebens, starker Streiter,
Hochgelobter Gottessohn!
Hebet dich des Kreuzes Leiter
Auf den höchsten Ehrenthron?
Wird, was dich zuvor gebunden,
Nun dein Schmuck und Edelstein?
Müssen deine Purpurwunden
Deiner Klarheit Strahlen sein?“
Diese Tenorarie, nur vom Continuo aus Orgel und Bass begleitet, übernimmt wieder den punktierten Königsrhythmus, um den Auferstandenen in der Tat auch musikalisch auf den ‚Ehrenthron’ zu heben.
Der Tenor, dem im ersten Teil der Cantata fast die Funktion eines Evangelisten zukommt der das Geschehen in der Osternacht berichtet, wechselt nun die Thematik und gibt die Interpretation der Osterbotschaft und setzt sie für die Seele in die persönliche Lehre um...

„So stehe dann, du gottergeb’ne Seele,
Mit Christo geistlich auf!
Tritt an den neuen Lebenslauf! (...)
Lass, dass dein Heiland in der Welt,
An deinem Leben merken! (...)
Ein Christe flieht
Ganz eilend von dem Grabe!

Er lässt den Stein,
Er lässt das Tuch der Sünden
Dahinten
Und will mit Christo lebend sein.“

Es folgt eine der wohl schönsten Tenor Arien die Bach jemals für seine Cantatas geschrieben hat – ein fröhlicher Ostertanz von jubelnden Violinen begleitet.

„Adam muss in uns verwesen,
Soll der neue Mensch genesen,
Der nach Gott geschaffen ist.
Du musst geistlich auferstehen
Und aus Sündengräbern gehen,
Wenn du Christi Gliedmaß bist.“

Hier bezieht sich der Text theologisch auf die Epistel 1. Korinther, Vers 42 ff.

„Also auch die Auferstehung der Toten.
Es wird gesät verweslich, und wird auferstehen unverweslich.
Es wird gesät in Unehre, und wird auferstehen in Herrlichkeit.
Es wird gesät in Schwachheit, und wird auferstehen in Kraft.
Es wird gesät ein natürlicher Leib, und wird auferstehen ein geistlicher Leib.
Ist ein natürlicher Leib, so ist auch ein geistlicher Leib.
Wie es geschrieben steht: der erste Mensch, Adam, ‚ward zu einer lebendigen Seele’, und der letzte Adam zum Geist, der da lebendig macht.“

Die letzte Stunde des Menschen befreit die Seele – macht nun durch Christi Opfertod und Auferstehung die Auferstehung des geistigen Leibes für jeden Gläubigen möglich. Folgerichtig – im hochbarocken, pietistischen Denken – das Rezitativ der Sopran mit der Schlussfolgerung...

„Weil dann das Haupt sein Glied
Natürlich nach sich zieht,
So kann mich nichts von Jesu scheiden.
Muss ich mit Christo leiden,
So werd ich auch nach dieser Zeit
Mit Christo wieder auferstehen
Zur Ehr und Herrlichkeit
Und Gott in meinem Fleische sehen.“

All dies mag uns heute fremdartig vorkommen und es wird in dieser Kantate noch fremder, denn plötzlich ist die ‚Letzte Stunde’ da – der Wunsch dem Auferstandenen zu folgen – sich zu wünschen seinen ‚Engeln ähnlich (zu) sein’.
Bach schließt die Cantata mit einem enormen, gefühlvollen und ergreifenden Grabgesang ab – einer Sopran Arie mit Oboen und Violinen unisono geführt im Duett, die wie ein Monolith in dieser Cantata steht – sowohl in ihrer Aussage als in ihrer zeitlosen Schönheit.
Dazu spielen die Violen den Cantus Firmus des folgenden Chorals von Nikolaus Herman 1575 ‚Wenn mein Stündlein vorhanden ist’:
„Letzte Stunde, brich herein,
Mir die Augen zuzudrücken!
Lass mich Jesu Freudenschein
Und sein helles Licht erblicken,
Lass mich Engeln ähnlich sein!
Letzte Stunde, brich herein!“

Wer hat so etwas in einer Osterkantate erwartet, die mit einem schier endlosem Osterlachen begann?
Doch der Glanz von Ostern wird noch einmal übersetzt als höchste skandierende Clarin Trompeten, die das himmlische Licht auf den gleichen Schlusschoral legen – die Sehnsucht nach der ewigen himmlischen Heimat die jetzt – durch die Auferstehung Christi – wieder ‚auf Armeslänge’ herangerückt ist ...

„So fahr ich hin zu Jesu Christ,
Mein' Arm tu ich ausstrecken;
So schlaf ich ein und ruhe fein,
Kein Mensch kann mich aufwecken,
Denn Jesus Christus, Gottes Sohn,
Der wird die Himmelstür auftun,
Mich führ’n zum ew’gen Leben.“

Unsere CD-Einspielung die wir für diese Cantata empfehlen wurde Live in der Gorgenkirche in Eisenach am 22. und 23. April 2000 während der ‚Bach Cantata Pilgrimage’ (Pilgerfahrt) des britischen Dirigenten, Chorleiters und Bach Experten Sir John Eliot Gardiner aufgenommen.
Gardiner hat einen ganz eigenen Bach Stil entwickelt. Im Gegensatz zu den rein solistischen Aufführungen, die ohne Chor auskommen, benutzt Gardiner eine Kleinbesetzung von 18 Stimmen seines weltweit hochgelobten und ausgezeichneten ‚Monterverdi-Choir’ und garniert dies mit einer fein ausgewählten Elite von Gesangssolisten die er während der Pilgerfahrt oft dem ‚Spiritus Loci’ – dem Einspielort – in Timbre und Aussage anpasst. Dazu spielt ebenfalls ein ausgewähltes Ensemble, 26 Instrumentalisten, von Gardiners Orchester, den ‚English Baroque Soloists’. Es singen die Solo-Partien in dieser Aufnahme: Angharad Gruffyd Jones und Gillian Keith (Sopran), Daniel Taylor (Altus), James Gilchrist (Tenor) – letzterer gehört mittlerweile zu den weltweit hochgelobten Oratorien-Stimmen dieses Fachs – und Stephen Varcoe (Bass).
Gardiner pflegt einen zwar, eleganten aber immer hautnahen mitreißenden und keineswegs ‚britisch unterkühlten’ Bach Stil. Das wird wohl auch durch die dichte und direkte Live-Atmosphäre der Aufnahmen unterstützt.
Der Brite scheut sich in keiner Weise seiner direkten Freude und Begeisterung über Bachs Musik freien Lauf zu lassen. Ich kenne kaum Bach Cantatas Aufnahmen bei denen man spontan einfach fröhlich mitpfeifen möchte.
Gardiner hat einen gewissen Pop-Anspruch in Bachs Cantata Werk gebracht – ein Osterlachen in eigenem Respekt – das nicht weniger innerlich ist als tiefe Gläubigkeit, aber eine gewissen Grundfröhlichkeit in die musikalische und Glaubens-Botschaft bringt.
Mancher mag das vielleicht für zu flach und unseriös halten – ich wünschte aber vielen Kirchen und Gemeinde-Pfarrern diese Gardiner-Grundhaltung, um endlich mal wieder der Welt zu zeigen wie viel Freude der Glauben machen kann.
Ich bin von diesen Aufnahmen immer wieder neu begeistert und so natürlich von dieser, die der (fast) reinen Osterfreude gewidmet ist..

Sir John Eliot Gardiner hat auf einer Doppel CD alle Oster-Cantatas eingespielt:
Die Aufnahme enthält die Cantatas ‚Christ lag in Todesbanden BWV 4 und ‚Der Himmel lacht, die Erde jubilieret’ BVW 31 zum Ostertag, ‚Erfreut euch ihr Herzen’ BWV 66 und ‚Bleib bei uns es will Abend werden’ BWV 6 zum Oster-Montag und schließlich ‚Ein Herz das seinen Jesum lebend weiß’ BWV 134 und ‚Ich lebe mein Herze zu deinem Ergötzen’ BWV 145 zum 3. Ostertag.
Wir werden auf einige der Live-Aufnahmen im Weiteren noch genauer eingehen.

2 CD Johann Sebastian Bach Cantatas Volume 22 ,Eisenach’ der Reihe ‚Bach Cantata Pilgrimage’ mit dem Monteverdi Choir und den English Baroque Soloists sowie den Solisten (siehe oben) unter Leitung von Sir John Eliot Gardiner ist zu haben bei Soli Deo Gloria Records unter der Bestellnummer SDG 128.

Oster-Oratorium BWV 249
‚Kommt eilet und laufet, ihr flüchtigen Füße...’
Uraufführung 1. April 1725
Text vermutlich von Christian Friedrich Henrici (Picander)

Das ‚Oster-Oratorium’ Bachs wird deshalb nicht als ‚Cantata’ sondern als ‚Oratorium’ eingeordnet, weil ihm ein erzählender Bibeltext zu Grunde liegt.
Dieser wird abweichend von der sonst üblichen Oratorienform aber nicht von einem Evangelisten vorgetragen, sondern in frei nachgedichteter Form eines ‚Osterspiels’ wiedergegeben.
Das ‚Oster-Oratorium’ greift theologisch zurück auf die liturgische Darstellung des ‘Osterlaufes’ und des ‚Osterlachens’, so wie es seit dem Mittelalter in den Gottesdiensten üblich war, um das Ostergeschehen darzustellen.

Christus im Grab nach einem barocken Gemälde – eine der schönsten Arien des Bach-Osteroratoriums bezieht sich auf das Schweißtuch das den Leichnam verhüllt.
Textdichter des Oster-Oratoriums war vermutlich Christian Friedrich Henrici mit dem Pseudonym ‘Picander’ (1700-1764). Er war der wichtigste Textdichter Johann Sebastian Bachs.
Christian Friedrich Henrici studierte ab 1719 an der Universität Wittenberg Jura und setzte sein Studium 1720 an der Universität Leipzig fort. Da er anschließend nur geringe Einnahmen als Hauslehrer hatte, begann er seine Karriere als Dichter 1721 in Leipzig. Die ersten Kontakte zu Bach waren vermutlich eher zufälliger Natur. 1725 schrieb Picander die Texte zu Bachs weltlichen Kantaten ‘Entfliehet, verschwindet, entweichet, ihr Sorgen’ BWV 249a, Vorbild für das Oster-Oratorium, und ‚Zerreißet, zersprenget, zertrümmert die Gruft BWV 205. Bereits 1723 hatte er mit seinem Strophengedicht ‚Weg ihr irdischen Geschäfte’ die Textvorlage zu Bachs geistlicher Kantate ‚Bringet dem Herrn Ehre seines Namens’ BWV 148 geliefert. Der Kontakt wuchs bald zur Freundschaft, im Zuge derer Bach und Henrici auch ihre künstlerische Zusammenarbeit vertieften. So enthalten alle fünf Bände von Picanders ‚Ernstschertzhaffte und satyrische Gedichte’, entstanden in Leipzig, 1727 bis 1751, Texte, die von Bach vertont wurden. Dazu gehören unter anderem die ‚Matthäus-Passion’ BWV 244 und die ‚Markus-Passion’ BWV 247, die Passions Cantata ‚Sehet! Wir gehn hinauf gen Jerusalem’ BWV 159, aber auch die populäre ‚Kaffeekantate’ BWV 211. Wahrscheinlich verfasste er auch das Himmelfahrts-Oratorium ‚Lobet Gott in seinen Reichen’ BWV 11 und die Cantata ‚Singet dem Herrn ein neues Lied’ BWV 190.
Bach griff bei seinem ‚Oster-Oratorium’ im Parodieverfahren auf eine für den Weißenfelser Hof zum Geburtstag des Herzogs Christian von Sachsen-Weißenfels geschriebene Schäferkantate ‚Entflieht, verschwindet, entweichet, ihr Sorgen’ BWV 249a zurück. Lediglich die Rezitative der weltlichen Fassungen wurden nicht in das Osteroratorium übernommen und durch neu komponierte Rezitative ersetzt.
Die ersten drei Sätze des ‚Oster-Oratoriums’ und der Schäferkantate sind außerdem wohl Umarbeitungen eines verschollenen Instrumentalkonzertes.

Das Oster-Oratorium beginnt – wie die beiden bereits beschreibenden Oster-Cantatas mit einer ‚Sinfonia’ – die aber die ausgewachsene Form einer zweisätzigen (Theater-) Ouvertüre annimmt. Drei Clarin-Trompeten und Pauken haben diesmal eine andere Funktion, als das strahlende Osterlicht zu verbreiten – sie produzieren eine ungeheure Aufbruch-Stimmung. Dreimal wird das Motiv wiederholt und jedes Mal höher transponiert sodass der Eindruck entsteht man erhebt sich in Hast. Die Violinen ‚laufen’ davon – eine rastlose Hektik wird verbreitet, man möchte schier mitlaufen und sehen was da passiert ist – der Ostermorgen ist da.

Die gleiche Szene wird wie folgt im Evangelium beschrieben im Evangelium des Johannes, Kapitel 20:
Am ersten Tag der Woche kommt Maria Magdalena früh, da es noch finster war, zum Grabe und sieht, daß der Stein vom Grabe hinweg war.
Da läuft sie und kommt zu Simon Petrus und zu dem andern Jünger, welchen Jesus liebhatte, und spricht zu ihnen:
Sie haben den HERRN weggenommen aus dem Grabe, und wir wissen nicht, wo sie ihn hin gelegt haben.
Da ging Petrus und der andere Jünger hinaus zum Grabe.
Es liefen aber die zwei miteinander, und der andere Jünger lief zuvor, schneller denn Petrus, und kam am ersten zum Grabe, guckt hinein und sieht die Leinen gelegt, er ging aber nicht hinein.
Da kam Simon Petrus ihm nach und ging hinein in das Grab und sieht die Leinen gelegt, und das Schweißtuch, das Jesus um das Haupt gebunden war, nicht zu den Leinen gelegt, sondern beiseits, zusammengewickelt, an einen besonderen Ort.
Da ging auch der andere Jünger hinein, der am ersten zum Grabe kam, und er sah und glaubte es.
Denn sie wußten die Schrift noch nicht, daß er von den Toten auferstehen müßte.
Da gingen die Jünger wieder heim.“

Dann plötzlich Einhalt – die Sinfonia wechselt das Stimmungsbild und ein tief verinnerlichtes Adagio setzt ein – eine Rückbesinnung an das Weinen am Grab. Schluchzende Motive der einsamen Oboe über zögernden Violinen bestimmen den zweiten Satz, eine fast zärtliche Trauer.
Doch nicht lange – in doppelter Macht und Hast kommt das ‚Laufmotiv’ zurueck -
Maria Jacobi (Sopran), Maria Magdalena (Alt), Petrus (Tenor), Johannes (Bass) eilen zum leeren Grab und beginnen den fugierten Einleitungschor:

„Kommt, eilet und laufet, ihr flüchtigen Füße,
Erreichet die Höhle, die Jesum bedeckt!
Lachen und Scherzen
Begleitet die Herzen,
Denn unser Heil ist auferweckt.“

Die Jünger können an die Auferstehung immer noch kaum glauben – die Frauen machen ihnen in einem Rezitativ-Accompagnato Vorwürfe für ihren ‚kalten Sinn’ vor Trauer fast gefühllos geworden zu sein ...

Maria Magdalena
O kalter Männer Sinn!
Wo ist die Liebe hin,
Die ihr dem Heiland schuldig seid?

Maria Jacobi
Ein schwaches Weib muss euch beschämen!

Petrus
Ach, ein betrübtes Grämen

Johannes
Und banges Herzeleid

Petrus & Johannes
Hat mit gesalz’nen Tränen
Und wehmutsvollem Sehnen
Ihm eine Salbung zugedacht

Maria Jacobi & Maria Magdalena
Die ihr, wie wir, umsonst gemacht.

Eine feine, betrachtende Sopran Arie mit Flauto Traverso der Maria Jacobi macht klar das die Seele nun nicht mehr mit Myrrhen _ der Todeskraut – geschmückt werden soll sondern Lorbeerkränze an dessen Stelle getreten sind.

„Seele, deine Spezereien
Sollen nicht mehr Myrrhen sein.
Denn allein
Mit dem Lorbeerkranze prangen,
Stillt dein ängstliches Verlangen.“

Nun schließt sich ein weiteres vom Basso Continuo begleitetes rezitativisches Accompagnato an – die Jünger finden die Gruft leer...

Petrus
Hier ist die Gruft

Johannes
Und hier der Stein,
Der solche zugedeckt.
Wo aber wird mein Heiland sein?

Maria Magdalena
Er ist vom Tode auferweckt!
Wir trafen einen Engel an,
Der hat uns solches kundgetan.

Petrus
Hier seh’ ich mit Vergnügen
Das Schweißtuch abgewickelt liegen

Es folgt eine der wohl kontroverseste Arie des Petrus (Tenor) die Bach geschrieben hat – sie besingt das Schweißtuch in das Jesu Leichnam gehüllt war und dieses Tuch bringt den ganzen Kummer der Passion zurück, die Tränen – ‚Zähren’ – der Pein wird dieses leere Tuch ‚Von den Wangen tröstlich wischen’...

„Sanfte soll mein Todeskummer,
Nur ein Schlummer,
Jesu, durch dein Schweißtuch sein.
Ja, das wird mich dort erfrischen
Und die Zähren meiner Pein
Von den Wangen tröstlich wischen.“

Man muss sehr barock denken können um diesem Preisgesang an ein Schweißtuch zu folgen – deshalb hat diese Arie immer wieder Befremden ausgelöst und ist einige Male sogar zum Opfer von ‚Umdichtungen’ geworden.
Schweiß namentlich eines zu Tode gefolterten als ‚erfrischend’ zu beschrieben ist schon harter Tobak zu Ostern – die Arie selbst gehört zu Bachs schönsten Kompositionen in den Cantatas. Der ‚sanfte Todeskummer’ in der fließenden tröstlichen Melodie der unisono geführten Flauto dolce in diesem Grablied lässt keinen kalt – die Auferstehung wird umso gewaltiger, wenn man sie an dieser Arie misst.
Die beiden Frauen nun ungeduldig wollen den Heiland endlich wiedersehen. Ihr nachfolgendes Rezitativ kehrt zur Hast des Ostermorgens zurück...

Maria Jacobi & Maria Magdalena
Indessen seufzen wir
Mit brennender Begier:
Ach, könnt es doch nur bald geschehen,
Den Heiland selbst zu sehen!

Und nun endlich kann es wirklich Ostern werden - Maria Magdalena bricht in eine tänzerische und sehnende Arie aus, die ebenfalls zu den absoluten Höhepunkten dieses viel zu wenig aufgeführten Bach-Oratoriums zählt.
Passend begleitet von der Oboe d’amore wünscht sie sich ihre Liebe zurück...

„Saget, saget mir geschwinde,
Saget, wo ich Jesum finde,
Welchen meine Seele liebt!“

Nur im B-Teil der Aria erinnert sie sich an ihre Trauer in der Passion und sie weiß:
„Komm doch, komm, umfasse mich
Denn mein Herz ist ohne dich
Ganz verwaiset und betrübt“

Bleibt Johannes (Bass) nur noch das nicht wenig stolze und den prächtigen Schlusschor einleitende rezitativische Statement:
„Wir sind erfreut,
Dass unser Jesus wieder lebt,
Und unser Herz,
So erst in Traurigkeit zerflossen und geschwebt
Vergisst den Schmerz
Und sinnt auf Freudenlieder
Denn unser Heiland lebet wieder.“

Die strahlende orchestrale und choristische Anfangsbesetzung des Oratoriums mit 3 Clarintrompeten stimmt das Loblied an – ‚Höll und Teufel sind bezwungen’ und ‚die erlösten Zungen’ des Chores jubeln es heraus – man wird es sich im Himmel hören!

„Preis und Dank
Bleibe, Herr, dein Lobgesang.
Höll und Teufel sind bezwungen,
Ihre Pforten sind zerstört.
Jauchzet, ihr erlösten Zungen,
Dass man es im Himmel hört.“

...und Bach leistet sich zum guten Schluss noch einen kompositorischen Kunstgriff, damit man auch ganz sicher weiß, wo der Auferstandene uns hinzieht – das Finale des Chores wird zur vorgezogenen ‚Himmelfahrt’ mittels einer sogenannten ‚Stretta’ – einer fliegenden Rhythmusbeschleunigung - die den Hörer von der Kirchenbank reißt und fast atemlos zurück lässt ...

„Eröffnet, ihr Himmel, die prächtigen Bogen,
Der Löwe von Juda kommt siegend gezogen!“

Philippe Herreweghe geboren 1947 in Gent ist ein belgischer Dirigent. Er gehört inzwischen zu den wichtigen Protagonisten der historischen Aufführungspraxis. Bereits 1970 gründete er und leitet seitdem das Collegium Vocale Gent, das sich sowohl mit vorbarocker Musik beschäftigte als auch wegweisende Einspielungen der Kantaten von Johann Sebastian Bach vorlegte.
Philippe Herreweghe ist einer der Pioniere der neuen Bach-Schule im Originalklang. Ich möchte zunächst das ‚Oster-Oratorium’ von Philippe Herreweghe aufgeführt empfehlen, obwohl die Aufnahme schon 20 Jahre alt ist und von 1994 datiert. Er, der mittlerweile sein eigenes Label ‚phi’ eröffnet hat und immer noch Bachs Musik einspielt, gehört zu den absoluten Pionieren des Originalklangs und der Rekonstruktion der ‚Alten Musik’ zu ihrer heutigen durchsichtigen und fast kammermusikalischen Leichtigkeit. Der Dirigent bevorzugt einen feinen Bach – das Oster-Oratorium hat eine tänzerische Dimension und der hervorragend eingestimmte Chor ,Collegium Vocale’ und die ausgesuchten Instrumentalisten bemühen sich um ein möglichst homogenes angenehmes und fast nobles Klangbild.
Herreweghe ist klar der Psychologe der Bach Interpreten – er leuchtet immer die ganze Seele der Musik aus.
Auch die Solisten sind ganz auf Herreweghes fast fahles, elegantes Klangbild eingestellt, und es sind mit die Besten ihres Fachs die hier mit dem Klangzauberer musizieren: Barbara Schlick (Sopran), Kai Wessel (Altus), James Taylor (Tenor) und Peter Kooy (Bass).

Zum Oster-Oratorium gibt es auf der CD eine Oster Cantata zum 2. Ostertag ,Erfreut euch ihr Herzen’ BWV 66 auf die wir später noch eingehen wollen – ebenfalls wundervoll leicht und zart und tief innerlich musiziert.

Die CD Johann Sebastian Bach ‚Oster-Oratorium’ und der Oster Cantata ,Erfreut euch ihr Herzen’ BWV 66 mit dem Collegium Vocale und Instrumentalisten sowie Solisten (siehe oben) unter der Leitung von Philippe Herreweghe gibt es bei Harmonia Mundi Records unter der Bestellnummer HMC 901513.

Unsere nächste CD Empfehlung geht einen ganz anderen Weg – sie versucht die innere Struktur des Bach-Werks zu erforschen und kommt erneut – wie Musica Amphion mit einem rein solistischen Ensemble ohne Chor aus.

Sigiswald Kuijken (geboren 1944) ist ein belgischer Violinist, Gambenspieler und Dirigent. Er gehört ebenfalls zu den bedeutenden Pionieren der Erforschung der Spieltechniken des 17. und 18. Jahrhunderts auf der Barockvioline und ab 2004 setzte er sich für die Wiederbelebung des ‚Violoncello da spalla’ ein.
Im Zeitraum von 2005 bis 2012 macht er, von der von dem berühmten Bachforscher Joshua Rifkin aufgestellten These ebenfalls überzeugt, dass Bach seine Kantaten, Motetten, Passionen und Messen nur mit einem Vokalquartett besetzte, Tonträgeraufnahmen mit der kleinen Chorbesetzung von vier Sängern. Kuijken und sein ebenfalls solistisch besetztes Orchester ‚La Petite Bande,’ haben in den letzten drei Jahren 18 CDs mit Bach Cantatas aufgenommen – darunter auch das ‚Oster-Oratorium’ gekoppelt mit der Oster-Cantata ‚Bleib bei uns, denn es will Abend werden’ BWV 6 zum 2. Ostertag mit der wir uns weiter unten noch genauer beschäftigen werden.
Die Besonderheit der Einspielung des Oratoriums ist das die vier Solisten
Siri Thornhill (Sopran, Petra Noskaiová (Alt), Christoph Genz (Tenor) der mittlerweile zu den besten ‘Evangelisten’ in Bachs Passionen zählt und Jan Vander Crabben (Bass) die gesamten Stimmparts inklusive der Chor Partien alleine bestreiten. Es entsteht eine großartige Durchsichtigkeit die es erlaubt Bach völlig neu zu erfahren.
Kuijken hat mit dieser Aufführungspraxis Maßstäbe gesetzt. Ich bin einfach begeistert von dieser Aufnahme, es lohnt sich Bach in dieser schlanken Form neu zu hören und neu zu entdecken, eine Stimme pro Part.
Auch das Orchester ist nach dem gleichen Prinzip aufgestellt. Nur 18 Musiker gehören ihm an, man glaubt es nicht hört man die Klangfülle die da erzeugt wird.

Die CD Johann Sebastian Bach ‚Oster-Oratorium’ und der Oster Cantata ,Bleib bei uns, denn es will Abend werden’ BWV 6 mit Petite Bande und Solisten (siehe oben) unter der Leitung von Sigiswald Kuijken gibt es bei Accent Records unter der Bestellnummer ACC 25313.

Bleibt zum Schluss die letzte Neuheit von 2014 anzukündigen – John Eliot Gardiner hat gerade eben zum diesjährigen Osterfest sine Bach Cantata Pilgrimage durch die Aufnahme des Oster-Oratoriums vervollständigt.
Der britische Dirigent und Bach-Fanatiker hat sich diese Aufgabe zum 50. Bühnen-Jubiläum seines Chors und Orchesters geschenkt.
Ich habe mir natürlich sofort die Aufnahme bestellt, leider bisher aber nur einige Ausschnitte gehört, doch diese Einspielung wird sicherlich wieder ein Ereignis.
Gardiner kombiniert das ‚Oster Oratorium’ mit der Trauer Cantata ‚Actus Tragicus’ ‚Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit BWV 106.
Die Solisten sind Hannah Morrison (Sopran), Meg Bragle (Alt), Nicholas Mulroy (Tenor), und Peter Harvey (Bass). Es musizieren die English Baroque Soloists und es singt der Monteverdi Choir.

Die CD Johann Sebastian Bach ‚Oster-Oratorium’ und der Trauer Cantata ,Actus Tragicus’ BWV 106 mit dem Monteverdi Choir und den English Baroque Soloists sowie den Solisten (siehe oben) unter der Leitung von Sir John Eliot Gardiner gibt es bei Soli Deo Gloria Records unter der Bestellnummer SDG 719.

Am Ostersonntag und Ostermontag geht es weiter mit der Serie…


Ihr Herby Neubacher

Abbildungsnachweis:
Header: Detail aus Sandro Botticelli: "Auszug aus Ägypten", um 1600, Sixtinische Kapelle, Rom
Galerie:
01. Alexander Iwanow:"Jesus erscheint vor Maria Magdalena nach der Auferstehung", 1835. Quelle: Wiki Commons
02. Buch-Cover mit dazugehoeriger CD ‚Bach & Luther’ mit Musica Amphion und dem Gesualdo Consort
03. CD-Cover Johann Sebastian Bach Cantatas Volume 22
04. Hans Holbein der Jüngere: "Der Leichnam Christi im Grabe", 1662, Öl auf Lindenholz, Amerbach Kabinett. Quelle: Kunstmuseum Basel
05. und 06. CD-Cover Johann Sebastian Bach ‚Oster-Oratorium’ und der Oster-Cantatas
07. CD-Cover Johann Sebastian Bach ‚Oster-Oratorium’ und der Trauer- Cantata ,Actus Tragicus’
08. Diric Bouts: "Die Auferstehung", um 1455, Norton Simon Museum of Art.

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