Theater - Tanz
Nipplejesus von Nick Hornby im Ohnsorg

Nipplejesus von Nick Hornby ist nun endlich auch muttersprachlich im Norden angekommen! Seit einer Woche kann man das Stück über das eigenwillig-skurrile bis exemplarisch-betroffene Zusammentreffen der Welt eines Türstehers mit der Welt der modernen Kunst nun auch auf Plattdeutsch im Ohnsorg Studio, der kleinen Schwester des Ohnsorg-Theaters, im gleichen Gebäude im ersten Stock, miterleben.
Fast elf Jahre ist es inzwischen her, dass das ‚Junge Schauspielhaus’ das Stück des britischen Autors in der Hamburger Kunsthalle damals mit Hermann Book zum Leben erweckte; ein neues Publikum, nämlich das des Ohnsorgs kommt jetzt als begeisterte Anhängerschaft des ironisch witzigen, aber auch nachdenklichen und teilweise berührenden Stückes dazu: dank der eigenhändigen Übersetzung der dramaturgischen Leiterin des Ohnsorg Studios, Cornelia Ehlers (Jahrgang 82), die nach eigener Aussage mit „Plattdeutsch als Muttersprache“ aufwuchs und die feinen Zwischentöne dieser Sprache von jeher schätzt und damit prädestiniert ist, das Stück in die ‚lingua franca’ der Hanse umzuschreiben.

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Die Story ist schnell erzählt: Hauke Petersen (Oskar Ketelhut) hat sich von seinem Job als Türsteher im „Casablanca“ verabschiedet, nachdem ihm ein randalierender Gast um ein Haar mit einer dolchartigen rostigen Waffe „um die Ecke gebracht“ hätte. Hauke, selbst nicht unaggressiv und deshalb gern einmal ein wenig gröber in sich zuspitzenden Situationen, ist sich wohl seines Anteils am Malheur bewusst als auch der daraus resultierenden zunehmenden Gefahr. Da er weder seine Frau Lisa zur Witwe noch seine beiden kleinen Kinder, für die er tagsüber den liebevollen Vater gibt, zu Waisen machen möchte, muss ein neuer Job her. Sein Traumberuf, Golfprofi alla Tiger Woods zu werden, ist laut seiner Gattin in seinem Alter aber nicht mehr machbar und ein neuer Türsteherjob, von Lisa, ihres Zeichens Zahnarzthelferin, in der Öffentlichkeit auch „Arbeit im Sicherheitsmanagement“ genannt, kommt selbstverständlich auch nicht mehr in Frage. So ist Hauke gezwungen, den sich auf dem Arbeitsamt überraschend bietenden Job als „Wachdienst in der Kunstbranche“ anzunehmen. Und damit nimmt Haukes zunehmende Verwirrung über diese ihm bisher unbekannte Welt der modernen Kunst ihren Lauf. Es startet eine wahre Achterbahnfahrt von Wut, Zuneigung, Verantwortungsgefühl und einem tiefen natürlichen Verständnis dem Kunstwerk „Nipplejesus“, der Kunst an und für sich, als auch den Besuchern, den Kritikern des Kunstwerks und der Künstlerin selbst gegenüber.

Es macht Spaß dem, von Ketelhut hervorragend gespielten und in Szene gesetzten „schweren Jungen“ bei seiner Arbeit und der Entwicklung eines ganz eigenen Verständnisses für eben diese Arbeit zuzusehen bis hin zum sehr überraschenden Ende des Stückes, das gleichzeitig das Publikum vor Begeisterung mit den Füßen trampeln und in einen regen Austausch über all das geraten ließ, was Kunst, Toleranz, Ernsthaftigkeit, Aufrichtigkeit wohl dürfen, bedeuten und bewirken. Es war ein vergnüglicher, kurzweiliger Abend über ein Sujet, dass man so zwar nicht im Ohnsorg vermutet, wohl aber und zurecht im nun immerhin schon viereinhalb Jahre existierenden und immer neu experimentierenden Ohnsorg Studio!

Nick Hornby: NippleJesus
Zu sehen bis 14. Mai 2017

Ohnsorg Studio

Komödie, Plattdeutsch von Cornelia Ehlers
Vorstellungsdauer: ca. 60 Minuten, ohne Pause
Inszenierung: Marc Becker
Bühnenbild & Kostüme: Marc Becker & Katrin Reimers
Besetzung: Oskar Ketelhut
Weitere Informationen


Abbildungsnachweis:
Header und Galerie: NippleJesus, Oskar Ketelhut im Ohnsorg Studio. Foto: Sinje Hasheider.

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