José Manuel Cerqueira Afonso dos Santos, kurz José Afonso (1929–1987) oder „Zeca“ genannt, portugiesischer Volkssänger, Humanist und Lehrer, spielt in der portugiesischen Musikhistorie und Politik eine bedeutsame Rolle.
Sein ikonisches Lied „Grândola, Vila Morena“ war verabredetes Startsignal am 25. April 1974 an die eingeweihten Militärs und Zivilisten des Movimento das Forças Armadas (MFA) um die sogenannte „Nelkenrevolution“ (Revolução dos Cravos) auszulösen. Kurz nach Mitternacht wurde das verbotene Lied über das Radio ausgestrahlt.
Es ging darum, sich gegen die sechzig Jahre andauernde Diktatur und autoritären Regime des „Estado Novo“ zu erheben, um die friedliche Entwicklung Portugals zu einer Demokratie einzuleiten. Gleichzeitig endeten die Portugiesischen Kolonialkriege in Angola, Mosambik und Guinea-Bissau. 1975 wurden die letzten Überseegebiete einer europäischen Kolonialmacht dadurch unabhängig.
Links: Graffito José Afonsos hinter dem Hauptbahnhof von Aveiro, August 2013. "Em cada esquina um amigo" (dt.: An jeder Ecke ein Freund), Zeile aus dem Lied „Grândola, Vila Morena". Foto: Joe Hawkins. CC BY-SA 3.0. Rechts: Auf den Straßen Lissabons am 25 April 1974. Quelle: Centro de Documentação 25 de Abril. CC BY-SA 3.0
Anlässlich des 50jährigen Gedenkens an die „Nelkenrevolution“ und an den langen Weg zur Freiheit und Demokratie in Portugal entstand die Neuauflage des gesamten Konzerts von José Afonso, das am 23. Januar 1983 im Konzert- und Festivalsaal Coliseu dos Recreios in Lissabon live aufgenommen wurde. Afonso war zum Zeitpunkt des Konzerts schon schwer von seiner ALS-Krankheit gezeichnet, konnte danach nur noch ein weiteres, im Mai 1983 in Porto, bestreiten.
Von dem Zwei-Stunden-Auftritt ist das gesamte Konzert aus diversen historischen Quellen – analogen, teilweise unveröffentlichten Tonbändern und Filmmaterialmitschnitten rekonstruiert – und in deutlich verbesserter Klangqualität neu in Hamburg gemastert worden – und das unter Mitwirkung der Familie von Afonso.
Man muss nicht unbedingt im Januar 1983 dabei gewesen sein, um die Ergriffenheit dieses Abends zu erfahren. Das Album bietet vielmehr eine Gelegenheit, dieses Konzert und diese spezielle portugiesische Gefühlswelt und Erinnerungskultur hautnah zu erleben, als wäre man tatsächlich live dabei.
José Afonso und Band im Kolosseum in Lissabon, 1983. Foto: PR/Mais5
Viele der berühmten poetischen Balladen, Volks- und Protestlieder Afonsos sind auf dem Doppelalbum zu hören. Musikalisch sind diese beeinflusst durch die portugiesische Volksmusik, den Fado sowie afrikanische Einflüsse aus Mosambik, wo José Afonso vier Jahre lang, von 1964 bis 67 lebte.
Als letztes Stück ist nach langem Applaus „Grândola, Vila Morena“ als Zugabe zu hören – und das gesamte Publikum singt mehrstimmig mit. Es ist die zu Stimmen gewordene gemeinsame Erinnerung. Ein Stück – nein, eine Hymne und eine Situation, die Gänsehaut erzeugen!
José Afonso: Ao Vivo no Coliseu (Live im Kolosseum)
Label: Mais 5 / Vertrieb: Broken Silence
2xCD: EAN 8721056325337
3xLP: EAN 8721056325344
Weitere Informationen (Portug. / Label)
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Zeca Afonso - Ao Vivo no Coliseu - 1983 (Mitschnitt des protugiesischen Fernsehens, 57:10 Min.)
Tracklist:
Disc 1
01. Balada do Mondego
02. Saudades de Coimbra
03. Senhora do Almortão
04. Dor na Planície
05. Balada do Outono
06. Avenida de Angola
07. Canção de Embalar
08. Natal dos Simples
09. Os Vampiros
10. A Morte Saiu à Rua
11. No Comboio Descendente
12. Um Homem Novo Veio da Mata
Disc 2
13. Milho Verde
14. Canção da Paciência
15. O Anel Que Tu Me Deste
16. Murinheira
17. Era Um Redondo Vocábulo
18. Papuça
19. Utopia
20. Venham Mais Cinco
21. O que Faz Falta
22. Grândola, Vila Morena
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