Kultur, Geschichte & Management
Nach 25 Jahren Kind geblieben - KinderKinder-Festival

Resümee einer Ausstellung: Es ist ein Ort, an dem man nicht unbedingt Kinder vermutet oder erwartet, doch heute am letzten Tag der Ausstellung „25 Jahre KinderKinder-Festival“ sind ungewöhnlich viele in der großzügig angelegten Rathausdiele.
Es ist der letzte Schulferientag in Hamburg und ab morgen begegnen uns die Kinder im Straßenbild wieder mit Schulranzen und Turnbeuteln. Der Alltag hält Einzug.

Was die Kinder mit ihren Eltern, Großeltern, Bekannten oder Freunden neben all den neugierigen Touristen ins Rathaus bringt, ist keinesfalls alltäglich. Die Rathausdiele, die als Fortsetzung der Straße angelegt wurde und für jeden zugänglich ist, wirkt ungewöhnlich festlich geschmückt. Um sechs der vielen tragenden Säulen die das Sternengewölbe halten sind nicht nur Oktagone aus Schautafeln angebracht, sondern unterhalb prangen große, verschiedenfarbige, glänzende Schärpen, die von mächtigen Schleifen gehalten werden. Es sind die drei Farben des seit 25 Jahren bestehenden „KinderKinder-Festivals“: grün, rot und goldgelb. Auf den dunklen Schautafeln sind 48 Fotografien aufgehängt – bis auf eines, alle in Farbe – und die eine Auswahl der besten Aufnahmen von den „KinderKinder“-Aktivitäten der letzten 24 Jahre zeigen. So sind beispielsweise Fotos der Astrid-Lindgren-Gala, des Spielfests „Eine Welt“, von Kinderkonzerten und dem Weltkinderfest zu sehen. Gleichzeitig dient die Jubiläumsausstellung als Vorgeschmack und Einladung zum diesjährigen, unmittelbar bevorstehenden internationalen Musik- und Theaterfestival „KinderKinder“.

Namhafte Hamburger Fotografen begleiteten die vergangenen Festivitäten. Sie haben Momente voller Spannung, Freude, Aufregung und Begeisterung festgehalten, sowohl bei den Kindern als auch bei den Künstlern, Musikern und Theatermachern.

Galerie - Bitte Bild klicken
Bernd Seuffert, viel zu früh Ende der 1990er-Jahre verstorben, stammt das einzige Schwarz-Weiß-Foto. Er war einer der ersten fotografischen Begleiter des Festivals, das 1987 ins Leben gerufen wurde und zunächst unter dem Namen „KinderFestival“ firmierte. Es wurde als unveränderte Übernahme aus Berlin nach Hamburg geholt. Seufferts „Pappnasen-Bild“ zweier Jungen, die regelrecht am Bühnenrand kleben und gerade über diesen hinweg schauen können, ist zum Signet geworden. Allein dieses Foto gehört in den Olymp der Fotografie.
Felix Borkenaus einfühlsame und intensive Bilder zeigen insbesondere fröhliches Kinderlachen und eine auffallende, natürliche Faszination an den erlebten Momenten. Der Betrachter sieht nicht, was die Auslöser sprühenden Lachens, skeptischen Schmunzelns oder erwartungsvoller Spannung für die Kinder sind. Sie allein sind fokussiert und werden dadurch auch für uns Betrachter intensive, eindrückliche und anteilnehmende Augenblicke. Eines der wenigen Bilder, das die Nähe zwischen Kinderpublikum und künstlerischen Akteuren zeigt, stammt auch von ihm: Josef Ostendorf ist bei seiner Lesung zum „Elefantenfest“ kaum in der ihn umringenden, gebannt lauschenden Kinderschar auszumachen.
Auch Arno Declair rückt in seinen Bildern das kindliche Erleben in den Vordergrund, ob im Bürgerhaus Wilhelmsburg, schunkelnd zu den Liedern von Rolf Zuckowski oder beim Kringelbeißen anlässlich des Spielfests „Eine Welt“, rund um das Museum für Völkerkunde. Drei Kinder versuchen Laugenbretzeln, die an einer Schnur aufgereiht sind und zu denen sie sich hin recken müssen, nur mit dem Mund abzuknabbern. Ein viertes Kind, das als Vampir geschminkt ist, drängelt sich gerade dazwischen und Declair löst aus: ein perfekt-ironisches Foto, weil wir Betrachter gar nicht so genau wissen – will der Vampir-Junge auch eine Bretzel ergattern oder nicht viel lieber den Hals des Mädchens neben ihm...?

Richard Stöhrs, Linda Putzenhardts, Mauricio Bustamentes und Maximilian Attila Bartschs Auswahl hingegen dokumentieren jeweils überwiegend das Bühnenleben, die Vorstellungen und Kulturakteure. Ihre eher an klassische Theaterfotografie erinnernde Aufnahmen präsentieren den Charme der Bühne, halten die Schauspieler und Musiker in Aktion fest. Sie zeigen in farbigen Temperaturen die große Bandbreite der Festivaljahre, die kleinen, leisen, fast intimen Aufführungen sowie die großen Inszenierungen im Deutschen Schauspielhaus, Ernst Deutsch Theater, in der Fabrik oder auf Kampnagel. Ihre Werke spiegeln die Substrate der langjährigen Veranstaltungsarbeit und das Bemühen, die auf anderen internationalen Festivals aufgefallenen Stücke nach Hamburg zu holen. Abgesehen davon, dass die Welt unserer Kinder dadurch eine ungeheure punktuelle Bereicherung erfährt, sorgen der Festivalaustausch und die Auftrittsmöglichkeiten auch dafür, dass Gruppen ihre Kinder- und Jugendarbeit potenziell kontinuierlich fortsetzen können. Resümiert man jedoch die ausgestellten Fotografien aus dieser Sicht, so fällt leider auf, dass viele der freien Kompanien sich nicht halten konnten, sich auflösen mussten oder mittlerweile in anderen Kontexten agieren.

Auch die anderen Fotografen sollten hier erwähnt werden: Christa Cordts und Wang Xiaowei, die mit jeweils einem einzigen Foto in der Ausstellung vertreten sind. Der Festivalmacher Stephan von Löwis ist ebenfalls mit einem selbst geschossenen Foto dabei und auf einem weiteren von Richard Stöhr abgelichtet. Obwohl unscharf, bescheiden im Hintergrund des Bildes zu sehen, hat auch er deutlich seine helle Freude an der indischen Musikgala „Kavithas Geburtstag“ in der Fabrik. Diese Freude ist durchweg in dieser liebevoll kind- und gleichzeitig erwachsenengerechten Ausstellung zu spüren und zu sehen.
Schade, dass die Ausstellung nun vorbei ist, aber jene wunderbaren Momente lassen sich bald von jedem selbst erleben, denn das internationale Musik- und Theaterfestival „KinderKinder“ startet am 18. September und dauert bis zum 6. November. Gut 60 Veranstaltungen von Erwachsenen für Kinder, von Kindern für Kinder an unterschiedlichen Orten der Stadt: Kampnagel, Hoheluftschiff, Fundus und Thalia Theater, um nur einige zu nennen, stehen auf dem Programm.

Weitere Informationen unter www.kinderkinder.de

Fotonachweis:
Header: Blick in die Ausstellung, Rathausdiele Hamburg. Foto: Felix Borkenau
Galerie:
1. Bernd Seuffert: "Pappnasen", 1996
2. Felix Borkenau: Blick in die Ausstellung, Rathausdiele Hamburg, 2011
3. Richard Stöhr: "Echoa", Compagnie Arcosm (Frankreich), 2009
4. Arno Declair: "Kringelbeißen", Spielfest "Eine Welt", Museum für Völkerkunde, 1998
5. Felix Borkenau: Josef Ostendorf liest beim "Elefantenfest", Fabrik, 1999
6. Maricio Bustamente: "Han Gan und das Wunderpferd" (China, Frankreich), Kampnagel
7. Arno Declair: Kinderliedkonzert mit Rolf Zuckowski, Bürgerhaus Wilhelmsburg, 1998alt

Kommentar verfassen
(Ich bin damit einverstanden, dass mein Beitrag veröffentlicht wird. Mein Name und Text werden mit Datum/Uhrzeit für jeden lesbar. Mehr Infos: Datenschutz)

Kommentare powered by CComment


Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.