Thimon von Berlepsch: Der Magier in uns
- Geschrieben von Hans-Juergen Fink -
Zauberei? Gibt’s nicht, denkt man. Bis der Magier Thimon von Berlepsch auf der Bühne steht und man vor lauter Staunen ganz bezaubert ist. Die Gesetze der Physik scheinen für seine verblüffenden magischen Kunststücke nicht zu gelten. Und seine zauberhaften Erzählungen öffnen das Herz für die vielen Wunder, die das Leben anbietet – wenn man nicht achtlos an ihnen vorbei geht.
So vieles könnte für uns Magie sein, wären wir nicht so oberschlau und aufgeklärt. Die Zeiger einer Uhr etwa, die sich wie von Geisterhand bewegen, wüssten wir nicht um das Uhrwerk, das sie unsichtbar antreibt. Was aber ist los, wenn sich die Zeiger blitzartig verstellen, nur durch eine Hand, die über dem Zifferblatt schwebt – 37 Minuten vorwärts, und – das Staunen darüber hat sich noch nicht beruhigt – auch wieder 37 Minuten zurück.
Dann ist Thimon von Berlepsch am Werk. Ein junger Mann, Zwei-Tage-Bart, Mittdreißiger, einnehmendes Wesen. Beruf: Magier. Das erklärte Ziel seiner magischen Shows: das verloren gegangene Staunen, das Kindern noch so selbstverständlich zu eigen ist, in die Welt der Erwachsenen zurück zu bringen.
Das schafft er zum Beispiel – neben häufig ausverkauften Auftritten in größeren Sälen – in seinem Salon-Magie-Programm „Secret Circle“ mit erlesenen Close-up-Kunststücken, zelebriert in noblen Hotel-Suiten vor gerade mal 23 Teilnehmern: Kugeln, die unter einem kleinen Becher verschwinden, auch wenn man direkt neben ihm steht und ihm beständig auf die Finger geschaut hat. Aus demselben Becher holt er eine Zitrone, die dort gar nicht hineinpassen könnte, und weil’s so schön ist, gleich noch eine zweite. Salzbrezelchen schweben wie von Geisterhand, bevor sie unberührt in seinem Mund landen.
Der Ehering einer Zuschauerin verschwindet plötzlich und taucht, verknotet im Schnürsenkel des Magiers, zur Verblüffung aller wieder auf. Wörter, für ihn unsichtbar nach „Ich liebe...“ auf Zettel geschrieben und mehrfach gefaltet, werden vom Magier nacheinander erraten. Die Gesetze der Logik und Physik scheinen für Thimon von Berlepsch nicht zu gelten.
Mindestens ebenso viel tragen zur verzauberten Atmosphäre seine wunderbaren Geschichten bei. Charmant zieht er sein Publikum immer wieder in Gespräche, die am Ende dafür sorgen, dass man das eigenen Erstaunens wahrnimmt. Er ist ein blendender Erzähler, und er hat viel zu erzählen – nicht nur, um die Aufmerksamkeit seiner Zuschauer im rechten Moment so zu lenken, dass sie nicht dort ist, wo der Zauber bewerkstelligt wird.
Er erzählt seine eigene Geschichte. Die ist märchenhaft und hat dabei den Vorzug, wahr zu sein. Es ist die Geschichte des Thimon Baron von Berlepsch, der die ersten 22 Lebensjahre auf dem Märchenschloss Berlepsch beim hessischen Witzenhausen wohnt. Die Geschichte der vielen weiten Reisen mit den Eltern. Die Geschichte des alten Koffers mit Zauberutensilien, die er auf dem Speicher des Schlosses findet, und die sein Vater, der alte Möbel restauriert, durch einen aus London mitgebrachten Zauberkasten ergänzt, als er die Faszination des Jungen spürt. Die lange Zeit der Übung – Fingerfertigkeit, Wirkung aufs Publikum. Es folgen die ersten gelingenden Kunststücke, die Thimon eine Idee des Glücks geben, das solche magischen Momente in Menschen auslösen.
Berlepsch ist einer, dem diese Momente wichtig sind. Er sucht sie selbst bei ausgedehnten Reisen, in Begegnungen, bei denen er Schamanen und Zauberkünstler, Medizinfrauen und Hypnotiseure kennen lernt. Er kultiviert das Glück eines neugierigen, erfüllten Lebens, von dem er auch in seinem Buch „Der Magier in uns – Wie wir mit Neugier und Vorstellungskraft die Welt verändern können“ schreibt. „Ich sorge mit meinen magischen Momenten dafür, dass die Menschen begreifen: Es gibt noch so viel in der Welt, worüber du staunen kannst und dich freuen, wenn nur deine eigene Haltung dazu stimmt.“ Offenheit dafür herbeizuzaubern, bis alle das Gefühl haben: Das Leben ist mehr als das, was ich eben noch dafür hielt – das ist sein größtes Kunststück.
Zuweilen bietet Berlepsch seinen Zuschauern auch hypnotische Erlebnisse an. „Auch das Hypnotisieren“, sagt er, „hat etwas mit der Bereitschaft zu tun, sich einzulassen auf ein neues Erlebnis. Ich kann einfach erspüren, ob jemand mehr oder weniger dazu bereit ist.“ Es ist keine Machtübernahme über den Willen eines anderen, sondern setzt sein Wollen, seine Offenheit und sein Vertrauen voraus.
Natürlich gehören zum Zaubern Tricks – aber man scheut angesichts seiner Kunst fast ein wenig vor diesem banalen Wort. Er verrät selbstverständlich, Magier-Ehre, keinen einzigen. „Zauberei“, sagt er, „ist eine Mischung aus Intuition, Menschenkenntnis, Suggestion und Psychologie, ich arbeite mit den Leuten, und es gibt natürlich geheime Techniken, Fingerfertigkeit und die Lenkung der Aufmerksamkeit. Ich lenke sie dorthin, wo ich sie haben will in diesem magischen Moment.“
So betrachtet ist Thimon von Berlepsch ein ganz eigenes Gesamtkunstwerk, bei dem genau wie in der Uhr die Mechanismen und Kräfte, die letztlich die Zeiger bewegen, unsichtbar bleiben und höchstens zu ahnen sind. Wobei seine unnachahmliche Eleganz und Eloquenz für beste Unterhaltung sorgen. Das zauberhafte Staunen ist sowieso garantiert.
Buch: Thimon von Berlepsch: Der Magier in uns – Wie wir mit Neugier und Vorstellungskraft die Welt verändern können
272 Seiten, Kailash Verlag, 19,99 Euro
Videos
Thimon von Berlepsch | SWR Frank Elstner 2014
Thimon von Berlepsch | Showreel 2011
Website mit allen Terminen seiner aktuellen Tour
Abbildungsnachweis:
Header: Thimon von Berlepsch. Foto: B. Brundert
Galerie:
01. Buch-Cover
02. Thimon von berlepsch. Foto: B. Brundert
03. Kartenmagier. Foto: Carsten Sander
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