Elfie Semotan ist eine renommierte österreichische Fotografin, die in den letzten 50 Jahren ein umfangreiches fotografisches Œuvre geschaffen hat. Semotans Karriere begann zunächst als Fotomodell in Paris.
Ihr damaliger Lebensgefährte, der kanadische Fotograf und Regisseur John Cook (1935-2001), führte Elfie Semotan (*1941) Ende der 1960er-Jahre zur Fotografie und weckte ihre Leidenschaft für die Arbeit hinter der Kamera. Vor allem war es die Kunst des fotografischen Storytellings, die sie sich aneignete: Bilder, die wie Filmstills wirken, Personen- und Bildkompositionen, die stets eine Geschichte jenseits des Abgebildeten erzählen.
Ihre Fähigkeit, mit den Mitteln der Fotografie die Grenzen zwischen Kunstgeschichte, Mode, Werbekampagne und dem Alltäglichen aufzulösen, ist zu einem bestimmenden Merkmal ihrer Arbeiten geworden.
Die Ausstellung im Francisco Carolinum Museum in Linz zeigt einen Querschnitt ihres Schaffens und beginnt mit der Serie „o. T. (Birkenwald), New York, 1999“, in der sich unscharfe Silhouetten durch ein dunkles, „natürliches“ Ambiente bewegen, das sich bei genauerer Betrachtung jedoch als künstlich hergestellte Kulisse entpuppt. Die Serie gibt den Ton für die Ausstellung an: Hier werden die Betrachtern auf- und herausgefordert, die Fiktion in der Inszenierung zu enthüllen und Parallelen zwischen Natur, Kunst und dem menschlichen Körper zu entdecken.
Klassische Modefotografie ist hier keine zu finden, denn es geht der Künstlerin nicht darum, noch ästhetischere und glamourösere Bilder zu produzieren, sondern ganz bewusst mit diesen Konventionen zu brechen und rätselhaftere Facetten zu enthüllen. Die präsentierten Gesichter sind oft weniger perfekt und unzugänglich. Elegante Bewegungen werden nicht klischeehaft als Ideal propagiert, sondern stattdessen in Form von ausgefallenen Gesten gezeigt. Ein Beispiel dafür ist das Bild „Shalom Harlow (Male Gestures), Suburbs, New York, 1998/2024“. Bei dieser Modestrecke wurde bewusst auf Kleidungstücke gesetzt, die sowohl von Männern als auch von Frauen getragen werden. Das kanadische Model Shalom Harlow (*1973) setzt diese in ikonischen Posen männlicher Filmfiguren um. Elfie Semotan spielt hier mit Rollenklischees und stereotypen Darstellungen in Filmen.
Elfie Semotans kreative Freiheit bei der Inszenierung von Modekampagnen zeigt sich in den ausgewählten Arbeiten für das Modehaus LISKA, in Wien, zwischen 1999 und 2018, sowie in Editorials für Zeitschriften wie zum Beispiel Allure, D-Magazine oder Madame.
Die tiefen Freundschaften zu Künstlern und Designern und deren Wertschätzung ihrer Ideen schufen ihr den Freiraum, außergewöhnliche fotografische Inszenierungen umzusetzen. Die lange, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Modedesigner Helmut Lang (*1956) findet ihren Ausdruck in fragmentierten, unterbelichteten „Backstage“-Fotografien, die einen Einblick in eilige Momente vor dem Laufsteg-Auftritt geben. Bei dieser Schau war sie nicht nur als Fotografin dabei, sondern – mit 56 und nach rund 30 Jahren Pause – auch als Model.
Bereits in den 1970er Jahren schuf Elfie Semotan eine Reihe von konstruktivistisch inspirierten Fotografien von Landschaften und Stillleben, in denen sie sich mit den verschiedenen Qualitäten des Lichts auseinandersetzt. Über die Erkenntnis, dass allein Licht und Schatten das Unscheinbare einzigartig machen können, fand sie zu formalen Strukturen, die auch ihre späteren Porträtfotografien und kommerziellen Arbeiten maßgeblich beeinflussten. Für Elfie Semotan ist das Bild mit dem Ball eine unspektakuläre Szene, aber in ihrer Einfachheit und Schönheit für sie ein perfektes Foto.
Blick in die Ausstellung. Foto: Manuel Carreon Lopez / kunst-dokumentation.com
Elfie Semotan geboren 1941 in Wels, Oberösterreich, absolvierte ihre Ausbildung an der Modeschule Hetzendorf in Wien, bevor sie ihre Karriere als Model in Paris begann. Im Jahr 1969 kehrte sie nach Wien zurück und etablierte sich als renommierte Mode-, Werbe- und Porträtfotografin. Ihre Arbeiten wurden in führenden Magazinen wie Elle, Esquire, Harper's Bazaar, Marie Claire, The New Yorker und Vogue veröffentlicht. Besonders bekannt wurde sie durch ihre langjährige Zusammenarbeit mit dem Modedesigner Helmut Lang von 1986 bis 2004 sowie durch ihre bedeutenden Kampagnen für Unternehmen wie Römerquelle und Palmers, die sie international bekannt machten. Elfie Semotan war mit den Künstlern Kurt Kocherscheidt (1943–1992) und Martin Kippenberger (1953–1997) verheiratet. Im Jahr 2011 wurde Elfie Semotan mit dem Österreichischen Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet. Sie lebt und arbeitet derzeit in New York, Wien und Jennersdorf.
Elfie Semotan
Zu sehen bis 28.07.24, im Francisco Carolinum Linz, Museumstraße 14, A-4020 Linz/Österreich
Kuratiert von Maria Venzl
Öffnungszeiten: Di.–So., Feiertage: 10–18 Uhr
Weitere Informationen (OÖ Landeskultur)
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