Für den in Mecklenburg-Vorpommern ansässige Fotografen René Kafka (*1981) ist die Einzelausstellung in der TONALi Galerie Hamburg die erste außerhalb seiner Heimatregion.
Kafka, der in Rostock im Fach Mediengestaltung ausgebildet wurde, bewegt sich in den Genres der digitalen Landschafts- und Stimmungsfotografie und hält seine unmittelbare Umgebung auf dem Darß zwischen Ahrenshoop und Zingst fest. Seine Farb- und Schwarz-weiß-Aufnahmen sind oftmals Langzeitlichtungen, die Bewegung sichtbar machen.
In einer Region, in der Tourismus die Haupteinnahmequelle ist, sind die Besucher auf der Suche nach Erholung, Ruhe, Entspannung und möglichst unberührter Ostseenatur und gleichzeitig kulturellem Angebot, Hotelkomfort und gute Verkehrsanbindung. Diesem Widerspruch begegnet Kafka mit seinen ästhetisch hochwertigen Fotos. Die menschlichen Hinterlassenschaften und Prägungen sind als leise Kommentare immer gegenwärtig. Kafka findet genau die Momente, in denen die Welt Atem zu holen scheint und wir in die Bildtiefen eintauchen können.
Ja, die Seele hat dieselbe Farbe wie der Blick. Nur die blaue Seele macht träumen, hat ihre Bläue von Fluten und vom Himmel. (Guy de Maupassant)
Die wilden Strände entlang des Darßer Walds, Teil des „Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft“, führen uns in ein ursprüngliches Landschaftsverhältnis, das nur noch an wenigen Stellen so zu erleben ist.
Die Überbleibsel der einstigen Fischerei wirken wie Anachronismen und museal, denn wie dahingehörig.
Eva Wick, die am Kurpfälzischen Museum in Heidelberg arbeitet, spricht in ihrer Einführungsrede davon, dass René Kafka „das Profane geheimnisvoll inszenieren kann, und dadurch unsere Vorstellungskraft fordert. Gleichzeitig spielt er mit unseren Sehgewohnheiten, rüttelt diese auf und macht uns ein Seh-Angebot, das häufig erst auf den zweiten Blick zu enträtseln ist. Seine Fotografien sind auf ein genaues Hinsehen ausgelegt. Anders als Viele es von der Bilderflut unserer Zeit gewohnt sind.
Kafka hebt sich von den Schnappschussjagenden ab. Seine Fotografien sind wie ein Gemälde wohl komponiert, harmonisch in Szene gesetzt und häufig durch ungewöhnliche Blickwinkel gekennzeichnet. Also ganz im Sinne der Herkunft des Wortes „Fotografie“, das aus dem Griechischen stammt und sich aus „photos“ für „Licht“ und „graphe“ für „Zeichnung“ zusammensetzt. In diesem Sinne ist René Kafka ein Lichtzeichner. Viele zeichnerische beziehungsweise grafische Elemente zeigen auch sein Herkommen als Grafiker."
Ein Fokus der Ausstellung liegt auf den Polaroid-Aufnahmen, die René Kafka in den Jahren 2020 bis 2023 aufgenommen hat. Im Gegensatz zur analogen und digitalen Fotografie sind die Polaroids Unikate, einmalige kleine Originale, die in ihrer festgelegten kleinformatigen und eigen-farbigen Art wie historisierende Erinnerungsfotos wirken, die man früher in Fotoalben klebte. Sie bilden inhaltlich eine Kombination aus ländlichen und urbanen Motiven, die durch ihre formale Ähnlichkeit in Kommunikation treten. Fehlfunktionen, die das technische Verfahren der Polaroids schon immer in sich trugen, sorgen für abstrakte, zeichnerische, lichtfunktionale Spuren. Kafka schafft es durch diese teilweise experimentellen Charakterzüge, einen ganz eigenen, individuellen, künstlerischen Ausdruck zu generieren.
René Kafka: Polaroids
„Der Trend zum Analogen reizt René Kafka, wenn er mit seiner Polaroid fotografische Erkundungen macht. Das Sofortbild mit dem typisch weißen Rahmen übt schon seit dessen Erfindung in den 1940er Jahren eine große Faszination aus“, sagt Eva Wick.
Und weiter: „jedes Bild ist ein Unikat, man kann es nicht manipulieren durch Zoom oder digitale Nachbearbeitung.
Ist das Motiv einmal gefunden, ist das Drücken des Auslösers wohlüberlegt. Das typische Surren ertönt und nach einigen Sekunden gibt das Fotolabor in Miniaturformat das Ergebnis preis. Unplanbare Farbunregelmäßigkeiten der oder Fehlstellen verändern das Motiv und machen einen besonderen Reiz aus.
Die Entschleunigung, die bei der Bildproduktion gefragt ist, lässt sich auch in Renés Motiven wiederfinden, nicht auf den Polaroids, auch Langzeitbelichtungen benötigen eine gewisse Zeitspanne.“
Das Blaue vom Himmel
Fotografien von René Kafka
Zu sehen vom 19. bis 28. Januar 2024 in der TONALi Galerie, Kleiner Kielort 8 (Hinterhof), in 20144 Hamburg
Geöffnet: Sa.-So., 10-18 Uhr, Mo.-Fr. 15-18 Uhr
Eine Ausstellung von KulturPort.De und Claus Friede Contemporary Arts
Gefördert durch die Fondation Erica Sauter, genf und die Carolina D'Amico Stiftung, Hamburg.
Eröffnung: 18. Januar 2023, 19 Uhr
Begrüßung: Prof. Claus Friede (Kurator, Hamburg)
Einführung: Eva Wick M.A.
Weitere Informationen (Tonali Galerie)
Kommentar verfassen
(Ich bin damit einverstanden, dass mein Beitrag veröffentlicht wird. Mein Name und Text werden mit Datum/Uhrzeit für jeden lesbar. Mehr Infos: Datenschutz)
Kommentare powered by CComment