Gleich mehrere Ausstellungen in Burgund und dem Elsass präsentieren Malerei aus dem deutschsprachigen Raum vom 14. bis zum 16. Jahrhundert.
Das Musée des Beaux-Arts et d'Archéologie in Besançon, das Musée des Beaux-Arts in Dijon sowie das Musée Unterlinden in Colmar präsentieren in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Institut für Kunstgeschichte (INHA[1]) gleichzeitig bis zum 23. September 2024 Wechselausstellungen, um altdeutsche Malerei von 1370 bis 1550 vorzustellen.
Insgesamt fast 200 Werke, allesamt aus französischen Sammlungen, veranschaulichen den Reichtum dieser Epoche. Neben den Meistern wie Lucas Cranach d.Ä. (1472–1553), Albrecht Dürer (1471–1528) und Martin Schongauer (1450–1491) bietet diese dreiteilige, museumsübergreifende Ausstellung auch die Möglichkeit, weniger bekannte Werke und Künstler zu entdecken und die Beziehungen zwischen den Künstlern untereinander, ihren Werkstätten und den Mäzenen und Förderern dieser Zeit zu verstehen.
Malerei aus dem deutschsprachigen Raum ist in Frankreich wenig bekannt, und das aus folgenden Gründen: Werke deutscher Malerei des Spätmittelalters und der Renaissance sind in französischen Sammlungen selten. Und daher gibt es auch nur sehr wenige Ausstellungen zu diesem Thema.
Dank eines Forschungsprogramms des INHA konnten nun die deutschen Gemälde in den französischen Sammlungen erfasst und neu bewertet werden. Diese Arbeit hat dazu beigetragen, die auf französischem Boden aufbewahrten Gemälde zu katalogisieren und besser kennenzulernen, indem Zuschreibungen und Ikonografie identifiziert wurden.
Made in Germany
Deutsche Gemälde aus französischen Sammlungen (1500-1550)
Das Musée des Beaux-Arts et d'Archéologie de Besançon zeigt eine ehrgeizige Ausstellung, die den deutschen[2] Renaissancegemälden aus den öffentlichen Sammlungen Frankreichs gewidmet ist. Zwei weitere Teile der Ausstellung, die sich mit deutscher Malerei am Oberrhein (14. bis 16. Jahrhundert) und dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation[3] (15. bis 16. Jahrhundert) befassen, finden gleichzeitig im Musée Unterlinden in Colmar und im Musée des Beaux-Arts in Dijon statt.
Das Museum von Besançon, das sich sowohl den schönen Künsten als auch der Archäologie widmet, behandelt die deutsche Malerei der Renaissance in Verbindung mit seinen Sammlungen. Aufgrund seiner Geschichte – denn die Franche-Comté gehörte vom 11. bis 13. Jahrhundert und von 1493 bis 1678 zum Heiligen Römischen Reich – bewahrt Besançon heute dank aufeinanderfolgender Schenkungen an die Stadt eine bedeutende Sammlung von Werken sowohl in der Malerei als auch in der Grafik. Die Ausstellung befasst sich mit den geografischen, aber auch symbolischen Grenzen zwischen den Bereichen des Privaten, des Öffentlichen und des Religiösen und zeigt nicht nur Werke der großen Meister, sondern auch anonymer Künstler, die noch immer die Geheimnisse dieser vergangenen Jahrhunderte offenbaren, in denen alle in Werkstätten, Zünften und überregionalen Netzwerken arbeiteten.
Die Ausstellung im Kunstmuseum von Besançon zeigt 70 Werke der Renaissance. Dieser enge und anspruchsvolle Fokus hebt die außergewöhnliche Gruppe von Gemälden von Lucas Cranach (1472–1553) hervor, die von dem französischen Maler und Grafiker Jean Gigoux (1806–1894) vermacht wurden und Meisterwerke der Sammlungen von Bisontine[4] darstellen.
Maître du portement de croix de Douai. Le Portement de croix. © Ville de Douai, Musée de la Chartreuse. Foto: © Béatrice Hatala
Für die Ausstellung „Made in Germany“ wurden die Werke, die auch sonst in der Dauerausstellung der Sammlung zu sehen sind, neu geordnet und kontextualisiert.
Dazu kommen viele Leihgaben von Partnerinstitutionen: der Bibliothèque Nationale de France, dem Musée du Louvre, Petit-Palais, Schloss Versailles, Musée Marmottan sowie zahlreiche Einrichtungen in der Region wie den Kunstmuseen in Nancy, Dünkirchen, Straßburg, Autun, Grenoble, Nîmes, dem Palais des Beaux-Arts in Lille, Musée Fabre in Montpellier, Musée Unterlinden in Colmar, der Fondation Bemberg in Toulouse, dem Musée Joseph Déchelette in Roanne, Musée de la Chartreuse in Douai, Musée Calvet in Avignon, Musée d'Arts et d'Histoire in Chaumont, der Abtei von Chaalis und der Kirche Saint-Maurice in Usson.
Maîtres et merveilles (Meister und Wunder)
Deutsche Malerei aus den französischen Sammlungen (1370-1530)
Auch das Musée des Beaux-Arts in Dijon präsentiert auf der Grundlage seiner außergewöhnlichen Sammlung einen umfassenden Überblick über die deutsche Malerei. Die Ausstellung hebt die großen Namen des 14. bis frühen 16. Jahrhunderts wie Dürer, Schongauer und Cranach hervor, stellt aber auch weniger bekannte Werke und Künstler vor.
Links: Conrad Witz (um 1400– um 1445): Kaiser Augustus und Sybille von Tibur, 1435. Rechts: Wolfgang Katzheimer der Ältere (um 1450–1508): Die Verabschiedung der Apostel
Sie bietet wesentliche Einblicke in das Verständnis der Stellung dieser Gemälde am Ende des Mittelalters, indem sie die Entwicklung der Darstellungsmethoden und die stilistischen Besonderheiten verschiedener künstlerischer Zentren untersucht.
Im Gegensatz zur Ausstellung in Besançon, sind fast alle Werke der Ausstellung in Dijon nicht öffentlich zugänglich gewesen, in Archiven und Museumslagern aufbewahrt, aber nun – oft erstmals – in einem umfassenden Kontext einer Epoche und kultureller Zuschreibung präsentiert und durch Leihgaben ergänzt.
Darunter befindet sich das Gemälde Der Tod der Jungfrau (Köln), das in der Nähe der Madonna mit Kind auf der Mondsichel (Colmar) präsentiert wird. Die Schmerzensmutter (Paris), deren feines Gesicht und Kristallisierung ihrer Tränen der dargestellten Jungfrau einzigartig in der Detailwiedergabe sind, wird aus stilistischen und technischen Gründen zum ersten Mal mit dem Schmerzensreichen Christus (Wien) in Verbindung gebracht.
Auch unterscheidet sich „Meister und Wunder“ durch ein deutlich didaktischeres Konzept, das davon ausgeht, dass kein Vorwissen über die altdeutsche Kunst jener Zeit bei den Besuchern existiert. Das Rahmenprogramm bietet Konzerte sowie Veranstaltungen zur Mode, Literatur und Musik der Renaissance an.
Couleur, Gloire et Beauté / Farben – Reich – Schön
Altdeutsche Malerei in französischen Sammlungen (1420–1540)
Das 1853 eröffnete Museum Unterlinden in Colmar widmet sich in seiner Wechselausstellung verschiedenen Fragen zur altdeutschen Malerei: Wie sah der künstlerische Schaffensprozess im 15. und 16. Jahrhundert aus? Welche Funktion nehmen diese Kunstwerke heute ein? In welcher Wechselbeziehung standen Maler und Werkstätten zu ihren Auftraggebern?
Ausgehend von der Sammlung von Kunst des Mittelalters und der Renaissance im Musée Unterlinden, die einige außergewöhnliche Ensembles mit Tafelbildern beinhaltet, darunter das Meisterwerk des Isenheimer Altars, vereint Couleur Gloire et Beauté mehr als sechzig Werke von berühmten Künstlern dieser Zeit – darunter den in Colmar geboreren Martin Schongauer, Albert Dürer und dem deutsch-schweizer Hans Baldung Grien – sowie von neu zu entdeckenden Meistern wie Caspar Isenmann (1410–1472), Jost Haller (um 1415–um 1480), Wilhelm Stetter (1487–1552) oder dem Meister der Gewandstudien (auch Meister der Coburger Rundblätter genannt, um 1485– um 1500).
Wilhelm Stetter: Johannes der Apostel trinkt aus dem Giftkelch, 1519, Öl auf Holz (Linde) © Musée Unterlinden, Colmar. Fotografie: © Christian Kempf
Sie ist als eine Entdeckungsreise und über einen Rundgang durch verschiedene Abteilungen konzipiert, in der Besucher Material, Geschichte und Stil eines außergewöhnlichen und kohärenten Bestands an Malereien entdecken, die am Ende des Mittelalters und zu Beginn der Renaissance am Oberrhein[5] entstanden sind. Des Weiteren zeigt die Ausstellung die Entwicklung im Kunstgeschmack der Auftraggeber während dieses Zeitraums und die Antworten der Maler auf diese Veränderungen auf und präsentiert die Ergebnisse des Forschungsprogramms mit jüngst entdeckten Werken, Neuzuschreibungen und Rekonstruktionsvorschlägen.
Made in Germany
Deutsche Gemälde aus französischen Sammlungen (1500-1550)
Zu sehen bis 23. September 2024 im Musée des Beaux-Arts et d'Archéologie in Besançon, 1 place de la Révolution, F-25000 Besançon/Frankreich
Weitere Informationen (Museum, franz.)
Maîtres et merveilles (Meister und Wunder)
Deutsche Malerei aus den französischen Sammlungen (1370-1530)
Zu sehen bis 23. September 2024 im Musée des Beaux-Arts in Dijon, 1 Rue Rameau, F-21000 Dijon/Frankreich
Weitere Informationen (Museum, franz.)
Couleur, Gloire et Beauté / Farben – Reich – Schön
Altdeutsche Malerei in französischen Sammlungen (1420–1540)
Zu sehen bis 23. September 2024 im Musée Unterlinden in Colmar, Place Unterlinden. F-68000 Colmar/Frankreich
Weitere Informationen (Museum)
Der von den Éditions Faton und dem Institut national d’histoire de l’art (Nationales Institut für Kunstgeschichte) herausgegebene Katalog spiegelt den aktuellen Wissensstand in der Forschung zur altdeutschen Malerei der Jahre 1370–1550 wider und dient gleichzeitig als Referenz für Werke in französischen Sammlungen sowie als historiografische Studie zu den wichtigen französischen Sammlungen mit altdeutschen Malereien. An einer Vielzahl von Objekten fanden umfassende Studien insbesondere mit Blick auf deren Zuschreibung an einen Künstler oder eine Schule statt. Der reich bebilderte, 400 Seiten umfassende Katalog beinhaltet rund 140 Katalogeinträge von namhaften Wissenschaftlern aus Deutschland, Österreich, Frankreich und der Schweiz und erscheint in deutscher und französischer Sprache.
Fußnoten:
[1] Institut National d'Histoire de l'Art, mit Sitz in Paris.
[2] In den Ausstellungstexten der Museen wird der französische Begriff „germanique“ und nicht „allemande“ verwendet, weil es sich um Künstler aus dem deutschen Sprachraum handelt.
[3] Den Namenszusatz „Deutscher Nation" erhielt das Heilige Römische Reich erst im Verlauf des 15. Jahrhunderts. Es existierte von 962 bis 1806.
[4] Alternativer Name von Besançon.
[5] Die Region erstreckt sich zu beiden Seiten des Rheins und umfasst die Vogesen, den Schwarzwald und das Gebiet zwischen Straßburg im Norden und Basel im Süden. Die reichen, wirtschaftlich florierenden Städte Basel, Colmar, Freiburg im Breisgau und Straßburg bildeten damals die großen Zentren künstlerischen Schaffens.
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