Bildende Kunst
Selbstjustiz durch Fehleinkäufe. Sammlung Falckenberg

Ziemlich blöd guckt sie aus der Wäsche. Nein, falsch, vielmehr aus der Schärpe.
Die Frau mit dem dunkel angelaufenen Kopf und ihren zwei Einkaufstaschen steht ja völlig nackt vor gelbem Grund – bis auf die rote Schärpe, die sich leuchtend von dem gelbgrünlichen Leib abhebt. „Selbstjustiz durch Fehleinkäufe“ hat Martin Kippenberger (1953-1997) diese 1984 auf die Leinwand gebannte Abrechnung mit einer Liebschaft genannt. „Aber Kippenberger wäre nicht Kippenberger, wenn seine Arbeit nicht zugleich allgemein ein gekonnter Seitenhieb auf das Kunstsammeln wäre“, schreibt Harald Falckenberg in seiner Einführung.

Lange hat der Hamburger Sammler nach diesem Bild gesucht. Nachdem er es im Sommer 2014 endlich in den Händen hielt, inspirierte es ihn zur gleichnamigen Ausstellung – einem rund 140 Arbeiten umfassenden Querschnitt durch die Neuerwerbungen seit 2011.

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Harald Falckenberg ist einer der angesehensten und potentesten Sammler Deutschlands. Und doch zählt er sich nicht zur Riege der Superreichen, die Kunst als Statussymbol sehen und jede x-beliebige Summe zahlen. Ganz im Gegenteil, die Kunstwelt, bei der es nur noch um Kapitalanlage, gelegentlich auch um Geldwäsche geht, ist ihm höchst suspekt. Und Künstler wie Jeff Koons und Damian Hirst, die auf dieser Hype-Welle ganz oben schwimmen, ebenso.
Falckenberg sammelt seit 20 Jahren Konzeptkunst, Richard Artschwager, John Baldessari, Hanne Darboven und Konrad Klapheck, um nur einige Namen zu nennen. Vor allem aber Counter Culture, wie die subversive, gegen den Mainstream schwimmende Kunstrichtung neudeutsch genannt wird. Künstler, wie den frühverstorbenen Punk Martin Kippenberger gehören dazu oder der Aktions- und Konzeptkünstler John Bock, dessen Schrott-Installationen nicht selten ganze Räume füllen und zu riesigen Bühnenbildern geraten. Auch der amerikanische Performance- und Installationskünstler Mike Kelley (1954-2012), Paul McCarthy, Albert Oehlen oder der visionäre Allrounder Christoph Schlingensief. Weit mehr als 60 Positionen sind jetzt bei den Neuerwerbungen der vergangenen vier Jahre vertreten, völlig unterschiedliche Künstler, die jedoch eines vereint: Sie haben sich von der kommerziellen Schiene verabschiedet. Behandeln stattdessen gesellschaftliche Entwicklungen, wie Falckenberg schreibt: „Fragen und Probleme, die uns alle angehen“.

„Selbstjustiz durch Fehleinkäufe“, ist zu sehen bis 25. Mai, in der Sammlung Falckenberg, Wilstorfer Straße 71, Tor 2, 21073 Hamburg-Harburg,
Öffnungszeiten und Führungen: Do und Fr 18 Uhr, Sa 12 und 15 Uhr, So 12, 15 und 17 Uhr, Anmeldung ist erforderlich.
Individuelle Führungen für Gruppen und Schulklassen sind nach Absprache möglich.
Anmeldung und Information.


Abbildungsnachweis:
Header: Außenansicht der Sammlung Falckenberg in Hamburg-Harburg.
Galerie:
01. Martin Kippenberger, Selbstjustiz durch Fehleinkäufe, 1984. Mixed media auf Leinwand. 120x100 cm. © Martin Kippenberger Estate. Foto: Adam Reich.
02. Christoph Schlingensief: The African Twintowers. Stairlift to Heaven. Installation, Größe variable; Courtesy Hauser & Wirth. Foto / Photo: Uwe Walter.

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