Film
The Square

Ein Museum ist der perfekte Tatort, doch in Ruben Östlunds Film „The Square” steht weniger der Kulturbetrieb als Jahrmarkt der Eitelkeiten am Pranger sondern der moderne Mensch – also wir. Und zum eigenen Erstaunen genießt es der Zuschauer – leicht verwirrt, etwas verängstigt, aber begierig auf so viele intelligente, höchst amüsante Pointen, Wendungen, diese unbequeme Art von Gesellschaftskritik.
Es ist das Ende jeglichen Heldentums, der schwedische Regisseur kreiert eine moralische Versuchsanordnung, entlarvt ästhetisch bravourös die Oberflächlichkeit und Abgründe unseres Handelns. Eine schillernde opulente Satire mit reichlich Spielraum für Tragik und schwarzen Humor, das wurde in Cannes mit der Goldenen Palme belohnt.

 
Kultur, Geschichte & Management

Ein Musterbeispiel partizipativer Kunst mit Langzeitwirkung und gesellschaftlicher Verselbstständigung. Ein Entwicklungsbestimmung.


1989 begannen die Künstler Michael Clegg und Martin Guttmann mit dem Projekt „Die Offene Bibliothek“ (The Open Public Library) zunächst in der unmittelbaren Umgebung ihres damaligen Ateliers, in New Jersey (USA), wo erste Experimente zu Form, Größe und Nutzbarkeit untersucht wurden. 1991 wurde die „Offene Bibliothek“ dann erstmalig in Europa, im österreichischen Graz, anschließend in Hamburg (1993) und Mainz (1994) im Kontext von „Kunst im öffentlichen Raum“-Projekten präsentiert. Auf der Grundlage der von Umberto Eco veröffentlichten wissenschaftlichen Schrift „Das offene Kunstwerk“ [1] („Opera aperta“, 1962) konzipierten die beiden Künstler eine partizipatorische Installation im urbanen Raum, die Gemeinschaften definiert, bildet und zum schöpferischen Umgang anhält.

 
Festivals, Medien & TV
Film Festival Cologne 2017: Einiges Bekanntes, einiges Brandneues

Das Film Festival Cologne bringt Berlinale-Erfolge wie „Call me by your name“ und gehypte TV-Serien wie „Babylon Berlin“ in Köln auf die Leinwand. Dass Starbesetzung aber nicht immer Erfolgsgarant ist, zeigt sich schnell – und über wahre Schätze stolpert man dann ganz unerwartet.

Kaum ein Monat im Jahr, in dem nicht irgendwo ein Filmfestival stattfindet, und doch scheinen sich im Herbst die Termine besonders zu stapeln: Nicht nur in Toronto, New York und London, Reykjavik, Haifa und Warschau, sondern auch in Zürich, Hamburg und Köln finden entsprechende Events statt; gleich einer La-Ola-Welle wandern dabei die Stars und Sternchen, die hochgehandelten Preisträger-Produktionen und Film-Geheimtipps um die Welt. Wir machen Zwischenstopp beim Film Festival Cologne, vormals als Cologne Conference, das sich mit der Namensänderung zwar offiziell stärker zum (Kino-)Film hingewandt hat, aber nach wie vor auch noch zeigen will, was in der TV-Landschaft gerade so angesagt ist: Was ist hier zu entdecken, wer kommt vorbei?

 
Musik
Kammeroper: Spritziger Neustart mit Rossini-Smartphone-Komoedie Foto: Joachim Fluegel

Hamburgs kleines Opernhaus an der Max-Brauer-Allee meldet sich unter neuer Leitung furios zurück mit der Rossini-Opera-buffa „La Gazzetta“ – ein herrlich heiterer Opernabend mit grandioser Musik.

Es dauerte bei der Premiere von Rossinis „La Gazzetta“ nur ein paar Sekunden, dann war alles wieder da: die wunderbare Eleganz und Leichtigkeit der Musik, der Ideen-Witz auf der kleinen Bühne und die Intensität und Nähe zu den Künstlern, mit der Hamburgs kleines Opernhaus an der Max-Brauer-Allee über zwanzig Jahre glänzt und bezaubert (im Theater für Kinder sogar schon 50).

 
Kultur, Geschichte & Management
Das Oldenburger Wunderhorn

Gemeint ist nicht das jährlich stattfindende internationale Frauen-Handball-Turnier um das Oldenburger Wunderhorn; gemeint ist vielmehr ein Meisterstück der spätgotischen Goldschmiedekunst: Ein aus vergoldetem Silber gefertigtes Trinkhorn aus der Zeit um 1400, das unzählige miniaturartige Architekturbauten, Fabelwesen und Ungeheuer, Menschen und Symbole schmücken.
Es erzählt von Intrigen, von Kriegen, vom Kampf der skandinavischen Königreiche mit den hanseatischen Kaufleuten und den Vitalienbrüdern um Klaus Störtebeker und dem Triumph einer Königin.

 
Film
Happy End

Vom Töten, dem Wunsch zu sterben und meist unsichtbaren Flüchtlingen erzählt Michael Haneke in seinem Oeuvre „Happy End” mit lakonisch kühler Raffinesse.
Es ist die Geschichte der Familie Laurent, reiche Bauunternehmer aus dem französischen Calais. Der Film, mehr Farce als Drama, beginnt im Hochformat des Smartphones. Konzentration bitte, Kommentare mitlesen, jene ersten Einstelllungen sind entscheidend: Die 12-jährige Ève (Fantine Harduin) dokumentiert / inszeniert am unendlich fernen Ende eines Flurs ihr Zähneputzen, Pipi vorm Schlafengehen, dann wird der Hamster (Nahaufnahme) als Testversuch mit Mamas Antidepressiva ins Jenseits befördert.

 
Film
Die Nile Hilton Affäre

Kairo, Januar 2011 am Vorabend der Revolution, eine Stadt voller Widersprüche, hier herrschen die Reichen, die Mächtigen. Korruption, Willkür, Gewalt und die Gier nach Geld bestimmen den Alltag, jene Extreme von Luxus und Armut.
„Die Nile Hilton Affäre” inszeniert Tarik Saleh atemberaubend virtuos als melancholisch düsteren Neo-Noir. Weder Moral noch Fernsehapparat funktionieren, Kommissar Noredin (grandios Fares Fares) erträgt es mit scheinbar stoischer Gleichgültigkeit. Nach dem Tod seiner Frau will er nur vergessen, flieht in die Routine der Arbeit, betäubt daheim die Trauer, den Schmerz, mit Alkohol und Tabletten. Lässig, ohne Skrupel kassiert der eher wortkarge Polizeibeamte Schmiergelder, gibt sich tough, kalt, unnahbar. Nie hat er die Machtstrukturen seines Landes hinterfragt, doch dann geschieht ein Mord, der alles verändert.

 
Kultur, Geschichte & Management

Nach den G20-Krawallen in Hamburg im Juli 2017 hat die Flora eine traurige Berühmtheit erlangt. Als „Trutzburg Linksautonomer in Deutschland“, als „Freiraum autonomer Lebensverwirklichung“ ging sie durch die Presse.

Aber kennen Sie die wechselvolle Historie des Gebäudes aus der Gründerzeit, die sich auch in seiner heutigen Architektur widerspiegelt?

 
Musik
Ein Blick in die Kindheit der Oper: Monteverdi – Il Ritorno d’Ulisse in Patria Foto Monika Rittershaus

Nach seinen gefeierten Hamburger Inszenierungen „Salome“, „Pelléas et Mélisande“ und „Pique Dame“ kehrt Opernregisseur Willy Decker im Herbst an die Staatsoper zurück. Gemeinsam mit Bühnen- und Kostümbildner Wolfgang Gussmann und dem Barockspezialisten Václav Luks widmen sie sich Monteverdis „Il Ritorno d’Ulisse in Patria“.

„Manchmal überraschen uns Handlungen, die aus sicherstem Vorsatz bei hellstem Bewusstsein geschehen. Von solcher Art ist die Erfindung der Oper. Niemals ist eine mächtigere Kunstform auf künstlichere Weise entstanden“. (Richard Alewyn)

 
Kultur, Geschichte & Management
200 Jahre Kunstverein in Hamburg

„Just what is it that makes today’s Kunstverein so different? So appealing?” Nach Charity Auktion (14.9.) und Festakt im Rathaus (22.9.) klingen mit einer Paneldiskussion unter dieser Fragestellung (23.9.) die offiziellen Jubiläumsfeierlichkeiten zum 200-jährigen Bestehen der ältesten Kunstinstitution Hamburgs im September aus.
Bettina Steinbrügge, Direktorin des ehrwürdigen Vereins, hat die Antwort indes längst parat: „Freiheit und Experimentierfreude“. Deshalb, so sagt sie, sei sie 2014 vom Wiener Museum für zeitgenössische Kunst, dem 21er Haus, an den Klosterwall nach Hamburg gewechselt: „Hier bin ich noch ein wenig in einem rechtsfreien Raum, in dem ich mehr ausprobieren kann“.