Meinung
mail aus riga - Nebels Welt XIII

Die letzten Wochen und Monate waren keine guten für die deutsche Zeitungslandschaft.
Erst geriet die FR (Frankfurter Rundschau) – nach Selbsteinschätzung die führende linksliberale Zeitung im Staate D. – in die Insolvenz; dann machte im Dezember die FTD (Financial Times Deutschland), ein mit vielen Preisen bedachtes Periodikum, dicht. Im Axel Springer Verlag geht der interne Konzentrationsprozess weiter.

DIE WELT liefert – wie auch schon bei der Berliner Morgenpost - die aufbereiteten überregionalen Nachrichten an das Hamburger Abendblatt, die wiederum die lokalen Nachrichten – wie auch die Berliner Morgenpost – an die jeweils regionale Ausgabe der Welt. Ein mit Argwohn beachtetes Modell, aber anscheinend erfolgreich. Axel Springer hat das beste Ergebnis seiner Geschichte erzielt. Nur – versucht man das Gleiche mit weniger Journalisten zu erreichen. Der Begriff „Schreibknecht“ verwandelt sich hier von einer ironischen Bezeichnung hin zu einer realen. Einen ähnlichen Versuch startete die Verlagsgruppe Dumont in Köln. Zu ihr gehören u.a. der Kölner Stadtanzeiger, Express Köln, die Berliner Zeitung (alle in den schwarzen Zahlen), die Hamburger Morgenpost (Ertragslage unbekannt) und eben die Frankfurter Rundschau.

Hier hatte man eine Zentralredaktion eingerichtet, die für alle Zeitungen dieser Gruppe die überregionalen Nachrichten aufbereiteten. Das spart natürlich auch (Personal)-kosten. Aber so richtig hat das wohl nicht geklappt; jede Zeitung hatte natürlich noch ihren eigenen Chefredakteur und da war wohl die Neigung nicht so groß, Nebels Welt sich zentral etwas vorgeben zu lassen. Lieber laboriert man an offensichtlichen Abgründen.

Man kann sich natürlich auf den Standpunkt zurückziehen und sagen, dass ist eben der Wettbewerb. Nur ist eine freie und pluralistisch aufgestellte Presse ein wesentlicher Bestandteil eines funktionierenden Gemeinwesens. Wenn man sich die Situation in USAmerika oder in Italien anschaut, sieht man, das auch in Demokratien Medien in die „falschen“ Hände geraten und für eigennützige Zwecke missbraucht werden können. Wenn das dann noch zu Monopolstrukturen führt – na dann freut Euch!
Das Problem sind die wegbrechenden bzw. sich anderes verteilenden Anzeigenerlöse.

Ihr Klaus Peter Nebel


Prof. Dipl.-Bibl. Prof. h.c. Klaus Peter Nebel ist Leiter des Studiengangs Kultur- und Medienmanagement an der Lettischen Kulturakademie in Riga/Lettland. Von 2007 - 2010 arbeite er als Professor für Marketing- und Unternehmenskommunikation an der UMC (University of Management and Communication), Berlin, Potsdam; In den Jahren 2007 und 2008 war er als Direktor der Konzernkommunikation der maxingvest AG, Hamburg tätig (Holding für Beiersdorf AG, Tchibo GmbH, tesa AG) und Leiter der Unternehmenskommunikation der Tchibo GmbH, Hamburg. Über 20 Jahre, von 1983 bis 2007 war er Leiter Presse & Public Relations der Beiersdorf AG in Hamburg.

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Im Hintergrund: In vielen Redaktionen herrscht derzeit ein eisiges Klima.
(Eiszapfen an Rigaer Holzhaus) Foto: JD.

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