Eine verpasste Chance: Kein Neubau des Munch Museums in Oslo
- Geschrieben von Isabelle Hofmann -
„Ohne Worte“ titelte jüngst das Hamburger Abendblatt mit Verweis auf die peinlichen Presse-Interventionen des Bundespräsidenten.
„Ohne Worte“ – das kam mir auch in den Sinn, als ich die Nachricht vom Stopp des geplanten Munch-Museums in Oslo las. Nicht wegen der mehr als 11 Millionen Euro, die das Projekt bereits schluckte. Oslo boomt wie keine zweite Stadt in Europa, insbesondere kulturell. Mit einem Sparstrumpf von 1.500 Milliarden Euro ist das auch keine große Kunst. Da erscheinen die 11 Millionen wie Peanuts, sogar die 500 Millionen Euro, die für den Siegerentwurf von Juan Herreros veranschlagt waren.
2009 hatte das spanische Architekturbüro den ersten Preis bei der internationalen Ausschreibung um das neue Munch-Museum gewonnen und den Baubeginn immer wieder herausgezögert. Nun sollte es langsam mal losgehen an der östlichen Waterkant, unweit der neuen Oper. Doch während am westlichen Hafenbecken fleißig Neubauten entstehen, das Berliner Büro Kleihues + Schuwerk die Planung des neuen Nationalmuseums vorantreibt und Renzo Piano sein segelgleiches Astrup-Fearnley-Museum auf der Insel Tjuvholmen bald fertigstellt (im September soll die Eröffnung sein), legten Oslos Kommunalpolitiker den bereits 2005 angeschobenen, längst überfälligen und dringend notwendigen Munch-Neubau nach der Herbstwahl auf Eis. Ausgerechnet den größten Publikumsmagneten, den Oslo haben könnte. Schon jetzt profitiert Norwegen durch seine spektakulär schöne Oper vom „Bilbao-Effekt“. Mit „Lambda“, dem 14-stöckigen Herreros-Hochhaus mit transparenter Fassade und sonderbarem Knick im oberen Drittel, würde sich dieser Effekt noch potenzieren. Munchs Fjord-Bilder, umgeben von Wasser: Was für ein Anblick, was für ein Ausblick!
Städtebaulich würde das Museum der Spanier gleichsam den Kontrapunkt zum elegant aus den Wellen gleitenden Opernbau bilden. Den Schlussakkord einer spektakulären Symphonie aus Glas, Stahl, Stein und Beton, wie sie nach der kompletten Umgestaltung des ehemaligen Arbeiterviertels Bjorvika zu erwarten ist. Aber daraus wird jetzt wohl nichts. Stattdessen macht die rechtspopulistische Fortschrittspartei mächtig Druck, Alternativen im Vorort Toyen auszuloten, wo sich das nach heutigen Standards völlig überholte Munch Museum von 1963 befindet. Dabei zeigten die vergleichsweise geringen Besucherzahlen nur allzu deutlich, dass der Standort an der Peripherie wenig attraktiv ist. Mit einem spektakulären Munch-Museum im ehemaligen Arbeiterviertel Bjorvika hingegen wäre Norwegen schlagartig auf der Wandkarte der Weltkunst verankert. Schade, schade, das haben die Osloer, die ansonsten ja alles tun, um von ihrem folkloristischen Naturimage wegzukommen, offenbar nicht begriffen. Chance verpasst. Aber geben wir die Hoffnung nicht auf: Vielleicht kriegen die Kleingeister ja doch noch die Kurve.
Ihre Isabelle Hofmann
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