Meinung
Lange Nacht der Museen in Hamburg. Meine Reise durch die Nacht

28.000 Besucher amüsierten sich in der Museumsnacht der Hansestadt, trotz Eurovisions-Contest. Überall in der City tobte das Leben. Ich war natürlich auch wieder dabei, aber ich tobte nicht mit.

In den vergangenen Jahren habe ich unzweifelhaft die interessanten Kulturangebote der verschiedenen Hamburger Museen jedes Mal sehr genossen. Und trotzdem gab es zum Schluss der Veranstaltungen meistens einen Punkt, an dem ich mir wünschte, ein einsames kleines Tier im Wald zu sein. So viele Tausende rundherum erschöpfen nach acht, neun Stunden. Jedenfalls mich.
Diesen Aspekt hatte ich jedoch gar nicht bedacht, als ich meine Auswahl für den Abend traf. Ich suchte nur nach Museen, in denen ich bisher noch nie war.

Die vorbereitende Pressekonferenz, ein paar Tage vorher, fand im nagelneuen Helmut-Schmidt-Forum im Kattrepel in der City statt.
Erstens bekam ich während der Informationen zu dieser Langen Nacht Appetit auf zwei Museen, die mir bisher entgangen sind, beide der Natur und der Nachhaltigkeit gewidmet; zweitens nahm ich mir vor, endlich – jetzt, nachdem mein Verein in der zweiten Liga gelandet ist – das HSV-Museum zu besuchen, jawohl, gerade jetzt!
Und schließlich reizte es mich, dieses Helmut-Schmidt-Forum in aller Ruhe zu betrachten. Dafür hatte ich am Tag der Pressekonferenz, vom nächsten Termin gejagt, zu wenig Zeit.
Übrigens wollte KulturPort-Chefredakteur Claus Friede selbst ebenfalls bei Helmut Schmidt sein, genau wie ich gegen Ende der Nacht, also irgendwo zwischen Mitternacht und zwei Uhr morgens. Da würden wir uns also begegnen.

Um den schmerzlichen Teil zuerst abzuhaken, fahre ich gegen halb sieben an diesem milden Frühlingsabend zum Volksparkstadion und besichtige Trikots des HSV und Pokale. Alte Trikots. Und, natürlich, alte Pokale. Soviel neue haben sie gerade nicht.
Übrigens herrscht hier eine beleidigende Leere. Andererseits ist die Nacht noch jung – vermutlich kommen alle noch…

HSV MuseumEigentlich bin ich von Natur aus nicht so schrecklich gefühlsduselig. Doch es gibt eben Bereiche … Meine Eltern machten sich nicht viel aus Fußball und waren immer etwas verdutzt, dass ich Ahnung hatte, was Elfmeter ist und wieso Abseitsfalle. Das wusste ich auch nicht deshalb, weil ich mir viel aus Fußball machte. Sondern nur, weil ich den HSV liebte. Schon immer. Ich hörte auf dem Schulhof unauffällig zu, mit ganz langen Ohren, wenn die Jungen über Dieter und Uwe Seeler sprachen.
Ein derartiger Museumsbesuch taugt nichts ohne private Emotionen.
Ich kann nicht sagen, dass ich viel Neues entdecke, aber ich bade in Bekanntem, in Erinnerungen. Auf irgendeine Art ist dieser Fußballverein eng mit meinem Leben verflochten. Und das, obwohl ich keineswegs gewohnheitsmäßig in der Nordkurve stehe. Mein Herz ist rautenförmig.

Am Ende gerate ich in einen kleinen Kinoraum, der in Endlosschleife die Geschichte meines Vereins zeigt. Den ersten Teil noch in Schwarzweiß.
Da erlaube ich mir, restlos in Sentimentalität zu versinken. Die Erinnerungen an vergangene Siege. (Nicht an vergangene Niederlagen. Bei Asterix ist auch immer nur von Gorgovia die Rede, in dem die Gallier gesiegt haben, nie von Alesia, dem Ort der Pleite.)
Ach, Kuno Klötzer! Ach, Ernst Happel! Ach, Elfmetertöter Rudi Kargus!
Ich brauch ein Taschentuch.

Neben mir sitzen zwei Jugendliche und hantieren mit ihren Handys, statt gebannt dem Film über diesen mehr als 130 Jahre alten Verein zu folgen. Flüstern, kichern, stehen auf und gehen.
Ein älteres Ehepaar vor mir unterhält sich: Er versucht, ihr Andacht über den HSV zu vermitteln. Sie will jetzt aber bitte ins nächste Museum, sofort. Stehen auf und gehen.
Als ich den Film zum zweiten Mal sehe, erklingt draußen Gerumpel. Das Gerumpel bewegt sich ins kleine Kino und besteht aus etwa fünf amüsierten Besuchern und Dino Hermann, dem Vereinsmaskottchen. Sie rangeln ein bisschen, der dicke Dino bewegt sich so unbeholfen, wie man’s von einem Schaumstoffsaurier erwarten kann.

Hermann ist am 24. August 2003 aus dem Ei geschlüpft, und zwar buchstäblich, im Volksparkstadion, vor einem Spiel gegen ausgerechnet Bayern München. Wie das ausging? Ist doch gar nicht das Thema.
Die vergnügten Besucher sind schon wieder weg, Hermann bleibt und betrachtet mich mit schiefem Kopf. Dann setzt er sich neben mich. Ich seufze: „Ach, Hermann – ich bin so traurig!“ – und das Maskottchen nickt und lässt seinen dicken Kopf an meine Schulter sinken. Ich streichele die kleinen Stacheln auf seinem Rücken. So sitzen wir eine Weile im halbdunklen Kino. Reden kann der Saurier nicht, doch seine Körpersprache ist sehr aussagekräftig. Wir unterhalten uns, bitter lächelnd, über den neuesten Sieg dieser Bayern und darüber, dass die Hoffnung zuletzt stirbt. Zuallerletzt. Wir kommen wieder! Nur der HSV!
Als er das Kino verlässt, dreht Hermann sich noch einmal um und wirft mir viele, viele Kusshände zu.

Ich verlasse das Museum mit roten Augen und esse im Auto etwas Schokolade, die ich vorsorglich mitgenommen hatte.
Hamburg, meine Perle …
So. Nase geputzt und auf ins nächste Museum.

Dabei handelt es sich um das Gut Karlshöhe in Bramfeld, ein Erlebnisort mit Streuobstwiese, Gutshof und verschiedenen Tieren. Um halbneun beginnt hier der nächtliche Stallbesuch bei den Hühnern: Das Kennenlernen einer bedrohten Rasse ‚auf Augenhöhe‘ wird im LANGE NACHT DER MUSEEN-Büchlein versprochen.
Ich bin begierig, den Hühnern in die Augen zu sehen, tippe meinem Navi die Adresse ein: Karlshöhe 60d – und befinde mich etwa eine halbe Stunde später sehr erstaunt im Carsten-Reimers-Ring, in den das Navi mich gelotst hat. Es behauptet, nun wären wir da. Ich widerspreche: Hier sieht es lediglich nach Wohnsiedlung aus! Das Navi beharrt auf seiner Ansicht und regt an, ich sollte den letzten Teil zu Fuß gehen. Wie ist ihm egal.

Ich fahre den Carsten-Reimers-Ring auf und ab und hin und her. Das ist eine ungewöhnlich umfangreiche Straße mit vielen Verschlingungen. So wenig Museen oder Gutshöfe wie hier hab ich selten gesehen. Carsten Reimers, wer immer das war, beginnt, mir etwas auf die Nerven zu gehen.
Schließlich lässt sich das Navi ungern und nur mir zuliebe darauf ein, dass wir in eine winzige Seitenstraße namens Hofkoppel fahren, die gewiss vor etwa hundert Jahren zu Recht so hieß. Nun müsste ich aber wirklich zu Fuß weiter!
Ich steige aus und suche vergeblich nach irgendeinem Hinweis auf „Den Schatz der Artenvielfalt, Gut Karlshöhe“.
Da kommt ein abendlicher Hundbegleiter des Weges, der Rosa, eine schwarze Labradorhündin, an der Leine hat. Er meint sich zu erinnern – doch, hier hinten über die Brücke und durch den Wald und links herum und rechts herum … Unterwegs will Rosa lieber einer lustwandelnden Katze hinterher – und dort muss sie unbedingt schnuppern – wir kommen auf etlichen Umwegen hin: „Dort, sehen Sie? Da ist das Gartenbistro, da geht es bestimmt los!“

Im Gartenbistro ging es allerdings bereits los, ich bin ja durch all meine Irrfahrten zu spät.
Da sitzt ein nachhaltig aussehender Mensch zwischen lauschenden, leise ihren Kuchen kauenden Besuchern und erzählt was über Hühner.
Ich erfahre immerhin noch, dass die im Gut ansässigen ursprünglich aus Ramelsloh stammen und dass die weißen freundlicher und friedlicher auftreten als die braunen, ohne jeden Rassismus. Und dass für Hühner seit zwei Stunden Bettzeit herrscht, weshalb wir sie jetzt ganz gut besichtigen können, denn ein wenig schlafen sie: allerdings nur mit einer Gehirnhälfte. Die andere muss wach bleiben, weil ein Huhn sonst von der Stange fällt.

Wir begeben uns alle zu einem Stallhäuschen, in dem es erwartungsvoll gluckst. Soweit ich es beurteilen kann, schlafen die Hühner mit überhaupt keiner Gehirnhälfte. Sie sind vielmehr recht interessiert an den ungefähr zwanzig Menschen, die sich plötzlich in ihrem Stall drängeln und machen ihrerseits das Beste aus der Augenhöhe.

ThorstenDer Hühnerexperte, Thorsten, erklärt, dass man die Farbe der Eier an den Ohrlappen der Hühner erkennen kann. Dass Hennen zum Größenwahn neigen und ohne weiteres ein Gelege von bis zu 30 Eiern bebrüten, wobei sich jedoch unweigerlich einige, nicht so gut zugedeckte, erkälten und zum Schluss womöglich nur ungefähr drei Küken bei der Sache rauskommen. Weshalb es sich empfiehlt, einer Henne nur acht Eier unterzulegen – und dann mit acht neuen Hühnchen zu rechnen.
Nach einer Viertelstunde weiß ich mehr über Hühner, als ich jemals geahnt habe. Dass ein Hahn nicht nur des Morgens zum Menschenwecken kräht etwa, sondern den ganzen Tag, um seine Hühner beisammen zu halten. Dass er scharrt und kurz pickt, wo er gute Mahlzeit vermutet, um dann die Stelle einem Huhn zu überlassen. Denn er selbst benötigt nicht soviel Proteine wie eine täglich eierlegende Henne.
Zum Schluss schildert Thorsten noch einmal, sehr zurecht! was Hühner durchmachen, die auf engstem Raum in Riesenställen der Hackordnung ausgesetzt sind, selbst, wenn man ihnen vorsichtshalber die Schnäbel stutzt. Er erzählt von Eierfabriken, in denen der erfinderische Mensch einem Huhn ein Ei mehr abquetscht, indem er die elektrische Beleuchtung auf einen 23-Stunden-Tag einstellt. Von Hühnern, die eigentlich ‚freilaufen‘ dürften (was so auch auf Ei und Karton vermerkt ist), die das jedoch hübsch bleiben lassen, weil schmerzhafte kleine Elektroschocks sie am Verlassen des Stalls hindern. Von den Antibiotika, die solche lebendigen Maschinenteile benötigen und die jeder mitisst, der industriell hergestellte Backwaren zu sich nimmt: Auf denen ist eine Angabe, welche Eiersorte drinsteckt, keine Pflicht.
Und wie unendlich, unendlich wünschenswert es wäre, wenn wir alle, die Endverbraucher, es nicht am allerwichtigsten fänden, wie billig unsere Lebensmittel sind …

Das war sehr informativ und fesselnd vermittelt. Ich bin zufrieden mit dieser Hühnerbegegnung und wandere zurück durch den inzwischen deutlich dunkler werdenden kleinen Wald, um die Brücke wiederzufinden, über die ich gehen muss, um zurück zu meinem Auto zu finden. Wo war doch gleich die Brücke?
Um es kurz zu machen: Es war ein Kinderspiel, von der Hofkoppel aus das Gut Karlshöhe zu entdecken im Gegensatz zu der Plackerei, vom Gut aus die winzige Straße Hofkoppel wiederzufinden.
Gut KarlshöheWas sich immerhin fand, war der richtige Eingang zum Gut, wunderbar von der Straße aus zu erkennen. Was mein Navi am geheimen Nebeneingang begeistert hat, bleibt rätselhaft.
Ich bin aufrichtig dankbar für die Idee der Veranstalter, dieses Jahr die lange Museumsnacht jahreszeitlich ein wenig mehr nach hinten zu schieben. Oft genug habe ich in den vergangenen Jahren ganz hübsch gefroren beim Gang von Kultur zu Kultur.
Endlich finde ich, mit einer gewissen Dankbarkeit, den Carsten-Reimers-Ring wieder, immerhin. Aber der ist wirklich weitläufig verschlungen. Unterwegs duftet mich überall Flieder an und dann ploppt ein orangefarbener Vollmond hoch, das ist immerhin ein romantisches Ambiente auf der Suche nach meinem Auto.

Der Vollmond rutscht weiter nach oben und erhält im Zuge dessen eine natürlichere Farbe. Er bleibt in meinem Blickfeld, denn jetzt fahre ich überwiegend nach Osten, zum Freilichtmuseum Rieck Haus am Curslacker Deich. Es gelüstet mich danach, die dänischen Protestschweine zu betrachten, die mir hier versprochen worden sind.
Leider stellt sich heraus, dass für die Schweine, ähnlich wie bei den Hühnern, schon Schlafenszeit ist. Zwar kann ich sie hören – sie unterhalten sich im Stall noch ein wenig. Ich kann sie vor allem riechen. Aber die Optik lässt zu wünschen übrig. Das ist bedauerlich. Ich hab mich vorher informiert, was eigentlich ein dänisches Protestschwein ausmacht und erfahren, es handle sich dabei vor allem um die Farbzusammenstellung Weiß und Rot. Das sind die Farben vom Dannebrog, der dänischen Flagge. Die war den nordfriesischen Dänen unter preußischer und österreichischer Besatzung Ende des 19. Jahrhunderts verboten. Worauf sie das rotweiße Schwein züchteten, um Flagge zu zeigen. (Übrigens heißt die Rasse mit ihrem seriösen Namen Rotbunte Husumer.)
Vor etwa fünfzig Jahren glaubte man, die Protestschweine seien ausgestorben, doch inzwischen gibt es sie vereinzelt wieder, sehr gehegt und gepflegt.
Sie sehen so aus, als hätten sie auf ihre rotbraunen Körper ein knappes weißes T-Shirt mit langen Ärmeln gezogen. Ich steige auf eine kleine Holztreppe im Nebenraum, um einen Blick in den Schlafstall zu werfen, erkenne jedoch im Halbdunkel nur ab und zu ein wedelndes Ringelschwänzchen. Gut zu erkennen ist immerhin die Stall-Tränke, wie eine kleine Toilette gebaut einschließlich Spülkasten.
Eventuell eignet sich ein Freilichtmuseum doch besser für den Tag als für eine Nacht, so lang sie auch sein mag.

Riekhuss StuuvDas große Hauptgebäude, das Rieck Haus, ist alt und wunderschön. Es stammt aus dem 16. Jahrhundert und war ein „Einhaus“. Darin sind Wohnraum für die Familie des Bauern und sein Gesinde, Ställe sowie Erntelager unter einem Dach zusammengefasst. Solche Häuser gab es bis ins 19. Jahrhundert hinein überall in der Norddeutschen Tiefebene.
Der Wohnbereich ist liebevoll ausgestattet, mit einer Herdstelle um ganz groß (und für viele) zu kochen, mit Schrankbetten, nur 1.60 lang, weil man darin nicht ausgestreckt lag, sondern kauerte. Ein Kachelofen ist genauso prachtvoll wie ein geschnitzter Kleiderschrank.
Dazwischen läuft jemand herum, der ebenfalls prachtvoll wirkt, ein wenig wie aus dem Herrn der Ringe: das ist Professor Torkild Hinrichsen, gewissermaßen der aktuelle Hausherr. Er errang vor einigen Jahren Bekanntheit, als er noch Direktor des Altonaer Museums war und löwenhaft für dessen Erhalt kämpfte, weil der Senat es dicht machen wollte.
Hinrichsen sitzt etwas betrübt auf einer antiken Truhe und unterhält sich mit einer der der spärlichen Besucherinnen über Gesetze, die den Menschen hierzulande verbieten (oder jedenfalls verbieten wollen) nachhaltig und vernünftig zu landwirtschaften und zu leben.

Ich frage eine junge Frau am Eingang des Rieck Hauses, ob noch eine Veranstaltung zu erwarten sei.
Oh ja! Das Chorsingen! Um elf Uhr – also jetzt.
Erwartungsvoll gehe ich in den angegebenen Raum, den Scheunenbereich.
Hier warten vier Mitarbeiterinnen des Professors, Liederhefte in der Hand, auf ihren Einsatz, während er selbst an einem kleinen Tasteninstrument Platz nimmt – das ich lieber nicht beschreibe, weil ich keine Ahnung habe, um was es sich dabei handelt.
Ich werde mit einem Becher Kaffee und einem Schmalzbrot gelabt und begreife, dass ich den einzigen Zuhörer darstelle. Gleich darauf wird diese Erkenntnis korrigiert. Hinrichsen verlangt nämlich, dass ich mitsinge. Jeder, bemerkt er streng, könne singen. (Er hat mich eben noch nie gehört.)
Ich erhalte ein Liederheft und wir arbeiten uns durch „Der Mai ist gekommen“ und „Der Mond ist aufgegangen“ – alles Tatsachen – sowie andere schöne Lieder.
Das Tempo wird durch Professor Hinrichsen mit energischem Zirpen angegeben. (Ich meine jetzt nicht seine Stimme, sondern das kleine Instrument.) Dabei lässt er kein Herumgetrödel zu: Ich kann kaum so schnell singen, wie’s verlangt wird. Vielleicht befürchtet er, wir könnten ins Leiern geraten, wenn er uns nicht antreibt.
Vor dem fünften Lied gelingt es mir, mich von den freundlichen Gastgebern zu verabschieden. Ich will ja noch zu Helmut Schmidt.

Hier sind sie, die Menschenmassen. Trotz der späten Stunde, Mitternacht wird jeden Augenblick erwartet, drängen sich noch an die vierzig Personen in dem kleinen Forum am ZEIT-Pressehaus. Helle, sehr modern gestaltete Räume mit verblüffender grauer Verkleidung an der Decke, die aussieht, als wären dort Rohre seit Jahrzehnten verrottet … Das ist sicher Kunst am Bau.
Ich höre noch ein wenig vom Ende eines Vortrags, in dem gesagt wird, dass Schmidt inzwischen als wichtigster Deutscher nach Martin Luther eingeschätzt wird.

Schmidt SpeisenClaus Friede, den ich hier erwartet hatte, ist übrigens nicht dabei. Das lässt sich, bei seinen mehr als zwei Metern Körpergröße, schnell überblicken.
War er schon hier? Kommt er noch? Oder hat er umdisponiert? Es sieht jedenfalls so aus, als hätten wir uns verpasst...
Die kulinarischen Höhepunkte hab ich ebenfalls verpasst, es gibt nichts mehr zu essen. Dazu ist es nun wirklich zu spät. Es gibt sogar nahezu nichts mehr zu trinken – doch als ich mich danach erkundige, sehe ich vermutlich derart durstig aus, dass die netten jungen Herren an der Rezeption mir etwas von ihrem privaten Mineralwasser spenden.

Schade übrigens, ich hätte beispielsweise gern den veganen Kichererbsen-Eintopf probiert, der angeboten wurde. (Oder auch das Rauchbier, schon aus Neugier.)
Stattdessen gibt es etwas für die Ohren: zwei junge Cellistinnen, Carolin Wieler und Antonia Grohmann, beide von der Hochschule für Musik und Theater, spielen Schmidts Lieblingslieder: „Helmut goes music“.
Sie spielen sehr gekonnt und perfekt die klassischen Stücke, dann sogar den Tango El Choclo – und holpern ein wenig bei ‚Hey Jude‘, als hätten sie es nur kurz geübt oder als würden sie selbst die Beatles nicht besonders schätzen.

KonzertIch schaue mir inzwischen die Ausstellung an: 100 Jahre in 100 Bildern, Helmut Schmidt, Pflicht – Vernunft – Leidenschaft.
Viele der Fotos berühren enorm. Das so typische, unverwechselbare Gesicht, das Raubtierlächeln, der Haarschopf. Ein müder Schmidt, ein amüsierter, ein angespannter und auch mal ein entspannter Kanzler. Schmidt ganz jung und mitten in seinem Leben und als Greis mit klugen Augen.
Mir gefällt vor allem der Hamburger Bengel Helmut mit Schiffermütze. Vielleicht bilde ich’s mir ein, aber mir scheint, dieses Kindergesicht kann einfach nur aus dieser Stadt stammen.

Und da ist wieder das, was ich am Anfang der langen Nacht im HSV-Museum empfand: Ohne persönliche Emotionen – macht es einfach viel weniger Spaß …

19. Lange Nacht der Museen in Hamburg

Weitere Informationen


KulturPort.De — Follow Arts ist Medienpartner der Langen Nacht der Museen Hamburg.


Abbildungsnachweis:
Header: Weg zum Gutshof Karlshöhe. Foto: Gut Karlshöhe/LNdM
01. Vitrine HSV Museum. Foto: HSV Museum
02. Thorsten. Foto: Dagmar Schneider
03. Gut Karlshöhe zur Langen Nacht der Museen. Fotoi: Gut Karlshöhe
04. Hamburg-Curslack, Deutschland: Stube des Rieckhuus. Quelle: Wikipedia, Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported
05. Speisekarte im helmut Schmidt-Forum. Foto: Dagmar Schneider
06. Cellistinnen, Carolin Wieler und Antonia Grohmann. Foto: Dagmar Schneider

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