Meinung
Barbara Kisseler Foto I Hofmann

Sie hat gekämpft. Sie wusste schon lange, dass sie unheilbar krank war, doch wollte unbedingt noch die Elbphilharmonie im kommenden Januar einweihen. Der heimtückische Krebs ließ es nicht zu. Hamburgs Kultursenatorin Barbara Kisseler starb nach langer, schwerer Krankheit am vergangenen Freitag im Alter von 67 Jahren. Kaum jemand in Hamburg kannte Barbara Kisseler so gut wie Helga Schuchardt. Die ehemalige Hamburger Kultursenatorin (1983-1987) war in ihrer Zeit als Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur (1990-1998) Kisselers Chefin. Für KulturPort.de erinnert sich Helga Schuchardt.

Mit Barbara Kisseler verliert die Kulturpolitik eine wichtige durchsetzungsfähige Stimme.
Sie konnte auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen – als Kulturamtsleiterin in der Kommunalpolitik in einem Flächenland, Nordrhein-Westfalen. Als Kulturabteilungsleiterin in der Landespolitik in Niedersachsen. Als Staatssekretärin im Stadtstaat Berlin. Dies konnte sie alles nutzbar machen als Kultursenatorin in Hamburg.
Als Ministerin für Wissenschaft und Kultur in Niedersachsen konnte ich sie 1993 für den Posten der Abteilungsleiterin Kultur gewinnen. Es entwickelte sich eine fruchtbare Zusammenarbeit und die Kultur bekam in Niedersachsen eine starke Stimme. Vieles konnte nachhaltig bewegt werden, sei es bei inhaltlichen Themen oder erst recht bei Personalentscheidungen im Theater- oder Museumsbereich.
Als ich von den Berlinern gefragt wurde, ob ich nicht eine Frau wüsste, die bereit wäre mit einem Senator der PDS zusammenzuarbeiten, musste ich nicht lange nachdenken, natürlich war sie bereit. Berührungsängste kannte sie nicht. Nur meine niedersächsischen Freunde aus dem Kulturbereich haben mir diese Empfehlung sehr übelgenommen. Hatten sie sich doch immer auf sie verlassen können, vieles hatte sie über die Zeit möglich gemacht.
Dass sie den Senator überdauerte und als Staatssekretärin die Leitung der Behörde in Berlin übernahm, hat damals niemanden verwundert. Und auch hier war es wieder so, dass sich die Freude über ihr Fortgehen nach Hamburg im Kulturbereich Berlins in Grenzen hielt.
Barbara Kisseler ist immer parteilos geblieben. Das macht unabhängig und diese Unabhängigkeit hat sie genutzt.
Ihren Ärger über – vorsichtig gesagt – die Kulturferne in der politischen Landschaft der Hansestadt hat sie immer wieder thematisiert. Damit hat sie sich große Achtung erworben.

In den Jahren hat sich zwischen uns eine Freundschaft entwickelt. Wir haben uns regelmäßig, leider in zu großen Abständen, sonntagsfrüh bei uns zum Frühstück getroffen. Es war immer kurzweilig und informativ.
Natürlich war nicht zu übersehen, wie die Krankheit sie in Besitz nahm. Unser letztes Frühstück war Anfang des Jahres. Wir hatten nie über die Krankheit geredet, das war stillschweigende Absprache. Aber dieses Frühstück begann mit dem Satz: „Du Helga, ich werde nicht wieder gesund“.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Gelegenheit zu einem Gespräch darüber hätte nutzen sollen. Ich tat es nicht, weil ich irgendwie schon akzeptiert hatte, dass sie eine ganz eigene Art der Bewältigung für sich gewählt hatte.
Dann kam die Zeit des langen Schweigens. Das nun endgültig ist.
Sie hätte gern die Elbphilharmonie noch eröffnet, dafür hat sie ja auch ein gerüttelt Maß getan.
Man kann sagen, sie kam zur rechten Zeit ins Amt, um die Scherben zusammenzufügen, die sie zu übernehmen hatte. Dabei kam ihr in besonderen Maße ihre Hartnäckigkeit, ihre Zielstrebigkeit und natürlich ein gehörig Maß an Verhandlungsgeschick zur Hilfe.
Hamburg ist ihr zu Dank verpflichtet. Und wir haben eine Freundin verloren.

Helga Schuchardt


Headerfoto: Isabelle Hofmann

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