Der venezianische Barockkomponist Antonio Caldara komponierte rund 3.400 Werke – kein Wunder also, dass es noch jede Menge Unbekanntes in seinem Œuvre gibt, das sich zu entdecken lohnt.
Genau das hat der junge Bratscher und Bassbariton Alexandre Baldo getan: er hat bislang verschollene Bass-Arien Caldaras entdeckt – und aufgenommen.
Rund 87 Opern, 32 Oratorien, 150 Messen, etliche Serenaden, Motetten, ein 16-stimmiges „Crucifixus“, ca. 100 weltliche Kantaten, 40 Madrigale, sowie über 300 Kanons und Triosonaten hat Antonio Caldara (1670-1736) komponiert. Vor gut 350 Jahren in Venedig geboren, war er einer der produktivsten Komponisten seiner Zeit – und einer der berühmtesten: als Kapellmeister war er am Hof des Herzogs zu Mantua tätig. (Foto: Portrait von Antonio Caldara, unbekannter Maler des 18. Jhts. Quelle: Museo internazionale e biblioteca della musica, Bologna. Gemeinfrei)
1716 wurde er von Kaiser Karl VI. als Vizekapellmeister an den Kaiserhof nach Wien geholt, wo der Kaiser höchstselbst einige von Caldaras Opern dirigierte. Caldara war berühmt für seine geschickte Art, italienische mit österreichischen und deutschen Stilelementen zu kombinieren.
In seiner Musik vereinen sich brillante Virtuosität, wie man sie etwa von seinem Zeitgenossen und Landsmann Antonio Vivaldi kennt, und eine satztechnische Strenge, für die etwa Johann Joseph Fux (1660-1741) mit seinem berühmten Lehrwerk „Gradus ad Parnassum“ steht. Johann Mattheson (1681-1764), ein nicht minder berühmter Musiktheoretiker aus Hamburg, schrieb zudem über Caldara, er besitze, wie Händel und Vivaldi, „ein großes Wissen über menschliche Gefühle und Emotionen“.
All das hat auch Alexandre Baldo in den Arien für Bassbariton entdeckt, die er in der österreichischen Na9onalbibliothek in Wien aufgestöbert hat. „Die Werke, darunter Opern, Oratorien sowie Serenaden, stammten aus seiner Zeit als Vizekapellmeister am Wiener Kaiser Hof und wurden zwischen 1716 und seinem Todesjahr 1736 komponiert. Als ich mir die Basspartien darin ansah, fielen mir sofort die außergewöhnliche Virtuosität und erstaunliche Expressivität auf, die sie dem Interpreten abverlangen.“ Und es wurde noch besser: viele Arien, die Caldara für den seinerzeit berühmten Bassisten Christoph Praun (1696-um 1772) komponiert hatte, lagen ideal für Baldos Stimme. Bei weiteren Recherchen stellte Baldo zudem fest, dass besagte Arien „seit ihrer Uraufführung allem Anschein nach nicht mehr gespielt worden sind und bisher auch noch nie aufgenommen wurden.“ Könnte es einen besseren Grund für eine Einspielung geben? Für den ausgebildeten Bratscher und Sänger Alexandre Baldo, der hier von dem durch ihn mitbegründeten Ensembles Mozaïque begleitet wird, jedenfalls nicht.
Alexandre Baldo, Gewinner des Concorso Internazionale Musica Sacra 2021 in Rom, erhielt im selben Jahr als Solist des Barockensembles Mozaïque den 1. Preis und den Publikumspreis bei der Göhngen Händel Competition sowie der Fiori Musicali beim internationalen H. i. F. Biber Wettbewerb in St. Florian in Österreich. Seit 2021 singt er mit Le Concert Spirituel unter Hervé Niquet, mit dem er im März 2022 sein Debüt an der Opéra de Reims in der Rolle des Magiers in Le mariage forcé von Jean Baptiste Lully gab. Er ist zudem ständiger Gast beim Ensemble Correspondances unter Sébastien Daucé. Im Oktober 2022 sang Baldo die Basspartie in Händels Messiah unter Oliver von Dohnányi im Theater in Opava (Tschechien). Im Januar 2023 folgte sein Debüt im Brucknerhaus Linz mit dem Ensemble Mozaïque und dem Programm „Orpheus am Gänsemarkt“, ein Programm mit Musik von Telemann, Keiser, Kusser und Händel. Alexandre Baldo studierte an der Universität Mozarteum Salzburg bei Christoph Strehl und ist ferner Schüler von Luciana Serra. Im Herbst 2023 wird Alexandre Baldo die Rolle des Esculapios aus L’Orfeo von Antonio Sartorio in einer von Philippe Jaroussky dirigierten Opernproduktion am Théâtre de l’Athénée in Paris singen.
Antonio Caldara: Arias for Bass
Alexandre Baldo: bass-baritone
Ensemble Mozaïque: Gabriele Toscani, Angelika Wirth: violin | Joanna Patrick: viola | Celeste Casiraghi: cello | Chloé de Guillebon: harpsichord | Elias Conrad: theorbo & baroque guitar
Label: Plan Classics / note 1 music gmbh, Heidelberg
CD, Booklet (de, en, fr.), 60:02 Min.
EAN: 7619990104471
- Weitere Informationen (Alexandre Baldo)
- Weitere Informationen (Ensemble Mozaïque)
Tracklist:
1 Aria „Sû cedete al dio dell'armi” La contesa de' numi (1723) 5:02
2-3 Recitativo & Aria „Così dunque tradisci... Aspri rimorsi atroci“, Il Temistocle (1736) 6:41
4 Aria „Tronchi, sì, la falce irata” Cajo Marzio Coriolano (1717) 3:34
5 Aria „Vedea modesto volto“ Mitridate (1728) 6:57
6 Aria „Minaccerà le sponde“ Scipione nelle Spagne (1722) 3:59
7 Introduzione Ifigenia in Aulide (1718) 4:56
8 Aria „Quanto ria tal pena sia“ Scipione Africano il maggiore (1735) 7:50
9 Aria „Più di belva“, Il Batista (1727) 5:26
10 Sinfonia Santa Ferma (1717) 3:24
11-12 Recitativo & Aria „Sapienza... Quando il tenero“, Gesù presentato nel tempio (1735) 8:34
13 Aria „Furie implacabili“ Nitocri (1722) 3:36
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