Hat er nun doch, oder hat er nicht? Selbst kenntnisreiche Barock-Fans reiben sich ein wenig die Augen, wenn sie den Titel der jüngsten CD von Trompeten-König Matthias Höfs sehen: „Bach Trumpet Concertos“.
Kannte man so bisher nicht. Aber nun ist einerseits der Norddeutsche mit den strahlkräftigen kleinen Blechblasinstrumenten bekannt dafür, dass er ein begnadeter Arrangeur ist, der schon vieles für sein Goldstück umgeschrieben hat. Andererseits war der alte Thomaskantor auch nicht zimperlich, wenn es darum ging, seine Stücke mal für dieses, mal für jenes Instrument umzuarbeiten – wie er’s grad brauchte.
Und dann waren Bedenken wegen irgendwelcher Urheberrechte zu seiner Zeit noch weithin unbekannt. So wurden aus Bachs Feder aus Vivaldi-Violinkonzerten Orgelkonzerte, in Kantaten flossen Sätze vergessener Violinkonzerte ein, Fürstenhuldigung wurde zu Gotteslob im Weihnachtsoratorium. Ein bedarfsorientiertes munteres Hin und Her, mit dessen Aufklärung Musikwissenschaftler noch Jahrzehnte verbringen können.
Warum sollte da aus nicht überlieferten Trompetenkonzerten nicht auch das eine oder andere Bravourstück für Trompete in den vielen Bach-Kantaten überlebt haben, die mit großer konzertanter Virtuosität glänzen wie etwa BWV 51 „Jauchzet Gott in allen Landen“ für Trompete Sopran und Streicher? Eine reizvolle Idee wäre es, auch dort auf die Suche nach den Puzzle-Stücken Bachscher Trompetenkonzerte zu gehen und das eine oder andere zu rekonstruieren…
Matthias Höfs geht auch diesmal einen anderen Weg. Nicht den des Puzzles, sondern er schreibt sich gleich ganze Konzerte für die hohe Trompete um: zwei Violin-Konzerte von Vivaldi, die Bach schon für das Cembalo bearbeitet hatte, ein Oboen-Konzert des venezianischen Senatorensohns und Bach-Zeitgenossen Alessandro Marcello, dazu den Eingangssatz des Italienischen Konzerts von Bach und dessen Doppelkonzert für Violine und Oboe, von dem auch Teile in einer Kantate und einer Cembalo-Fassung existieren. „Musik ist, was man selbst draus macht“, wird sich Bach gedacht haben. Der Trompeten-Großmeister Höfs stimmt ihm sicher zu. Auch er schrieb um, und ging mit der Deutschen Kammerphilharmonie aus Bremen als orchestralem Partner ins Studio.
Zu reizvoll ist denn auch die Aufgabe, die spieltechnischen Eigenheiten und Eleganz einer Barock-Violine mit großartigen Kantilenen, virtuosen Verzierungen und atemberaubenden Begleitfiguren für ein ganz anderes Instrument aufzubereiten und aufzupolieren. Eines, auf dem die musikalischen Eskapaden von Bach und seinen Kollegen so locker, beweglich, unfassbar exakt und klar nur Spitzenkönnern über die Lippen gehen. Für einen winzigen Moment blitzt die Idee auf: Warum haben Bach & Co. aus dieser wunderschönen Trompetenmusik dann bloß noch die Versionen gemacht, die man bisher kannte?
Matthias Höfs: Bach Trumpet Concertos
Label: CD Berlin Classics. Arrangements von Bach-Werken- und Bearbeitungen.Matthias Höfs, Trompete, mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen.
YouTube-Video:
Matthias Höfs - Bach Trumpet Concertos (Album Trailer)
Headerfoto: Lutz Holzapfel
CD-Cover
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