Klartext
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Über die desaströse finanzielle Lage der Hamburger Museen ist in den letzten zwei Jahren viel berichtet worden. Teilschließungen, unbesetzte Stellen, baulicher Verfall – oft fehlt es am nötigsten, um die Museumslandschaft der Stadt, die kulturelle Lunge unserer Gesellschaft, am Leben zu erhalten.
Wir haben uns beinahe daran gewöhnt, dass Ankäufe von Kunstwerken nur noch über Spenden finanziert werden können, weil es keinen Ankaufsetat mehr gibt. Der bauliche Zustand der Depots lässt höchst fraglich erscheinen, ob die Sammlungen angemessen für die Nachwelt erhalten werden, und Forschung betreiben die Häuser eigentlich nur noch, wenn Drittmittel z. B. von Stiftungen, Freundeskreisen oder Einrichtung wie der DFG, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, eingeworben werden können. Damit sind bereits drei der vier zentralen Aufgaben eines Museums akut gefährdet: Das Sammeln, das Bewahren und das Erforschen.

Besonders perfide ist es jedoch, dass durch die straffen Reglements der Museumsträger nun auch der vierte und zugleich einzige Aufgabenbereich, der den Museen zusätzliche Einnahmen bescheren könnte, behindert wird: das Ausstellungswesen. Hierzu muss man wissen, dass der Haushalt der Hamburger Museumsstiftungen erst genehmigt wird, wenn Ausstellungen beinahe durchfinanziert sind.

Wenn man bedenkt, dass die großen Projekte in diesem Bereich einen Vorlauf von mehreren Jahren haben, die Haushaltspläne jedoch frühestens im November eines Jahres für das Folgejahr beschlossen werden, bedeutet dies, dass die Verantwortlichen in den Museen ins Blaue hinein planen müssen. Sie können potentiellen Leihgebern, Partnern und Sponsoren weder verbindliche Zusagen machen, noch die erforderlichen Verträge abschließen, ohne mit einem Bein in der Illegalität zu stehen. Die Ausstellungen können vor ihrer Genehmigung weder bekannt gemacht noch beworben werden, was dazu führt, dass die mit langem Vorlauf planende Tourismusbranche die Programme unserer Museen oft aussparen muss zu Gunsten z. B. der allgegenwärtigen Musicals.
Wenn die Kulturverantwortlichen unserer Stadt diesen unseligen Kurs nicht rechtzeitig korrigieren, bleiben von unseren traditionsreichen stolzen Museen wie der Hamburger Kunsthalle oder dem Museum für Kunst und Gewerbe nur (sinn-) entleerte Hüllen und dem Verfall preisgegebene Kathedralen der Kultur.

Ihr Ekkehard Nümann


(Notar. Seit 1989 Vorsitzender des Vorstandes „Freunde der Kunsthalle e.V.“ in Hamburg. Mitbegründer der Arbeitsgemeinschaft der literarischen Gesellschaft in Berlin, langjähriges Mitglied der Freien Akademie der Künste in Hamburg, Vorstandsmitglied der Nesch-Gesellschaft und Vorsitzender der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung. Langjähriger Vorstandsvorsitzender der Ernst Barlach Gesellschaft und Gründer des Barlach Museums in Wedel. Außerdem Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Kinderhospiz Sternenbrücke sowie Präsident des „Bundesverbandes der Fördervereine deutscher Museen für bildende Kunst“, der über 76.000 Mitglieder aus über 50 Freundeskreisen vertritt. Ausgezeichnet durch den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg mit der Senator-Biermann-Ratjen-Medaille.)

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Foto: Claus Friede

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