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Nein, zur Gänze gelesen habe ich „Zettel’s Traum“ nie, nur einige Male darin herumstudiert. Immerhin halbwegs ernsthaft, denn ich bin seit Jahrzehnten ein Fan des großen Arno Schmidt.

Warum also habe ich das Buch nicht vorne bis hinten gelesen? Natürlich ist „Zettel’s Traum“ ein Foliant, sowohl dem physischen als auch dem intellektuellen Gewicht nach, ein Werk, an dem ein hochbegabter, vielleicht sogar genialer Autor fast ein Jahrzehnt lang geschrieben hat. Aber der Umfang von Büchern hat mich noch nie abschrecken können – im Gegenteil, ihre Länge zog mich oft genug magisch an. Warum also dann? Sicherlich war ein Grund der exorbitante Preis, der sich aber endlich mit dieser wohlfeilen und (natürlich!) stark gekürzten Leseausgabe erledigt haben sollte. Man kann es den Herausgebern gar nicht hoch genug anrechnen, dass sie jetzt endlich ein Werk, das wegen seines Preises und Umfangs über Jahre hinweg für viele Leser gar nicht in Frage kam, einem breiten Publikum zugänglich gemacht haben.

 
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Jón Kalman Stefánsson, geboren 1963 in Reykjavík, ist zweifelsohne ein herausragender Schriftsteller.

Geradezu beglückend sind die lyrischen Elemente in seinen Werken. Zudem beschreibt er die elendig karge Gegend seiner Romane so großartig, dass sie uns Lesern dennoch ans Herz wächst und alsbald ebenso wichtig wird wie die dort lebenden, meist wortkargen Menschen. Seite um Seite entblättert sich die eigentliche Einöde mehr und mehr zur lebens- und liebenswerten Welt im Kleinen.

 
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Ist es legitim, das Werk eines großen Philosophen auf den Zusammenhang mit seinem Leben zu befragen und vielleicht gar seine intellektuellen oder sozialen Defizite als die Wurzel seiner Schriften anzusehen?

Eben dies hat sich der Kulturwissenschaftler Christian Schneider vorgenommen, der die Hauptmotive und Grundthesen des Genies Ludwig Wittgenstein mit dessen an Brüchen und Merkwürdigkeiten überreichem Leben zu verknüpfen versucht.

 
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„Die wunderbare Kälte“ von Elisabeth Rettelbach ist das Erstlingswerk dieser Autorin. Das ist dem Buch glücklicherweise nicht anzumerken.

Dafür ist es zu gut gemacht, zu gut geschrieben, zu gut vermarktet.

 
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Ist die Perfektion der Technik wirklich ein Zustand, den wir ganz unbedingt anstreben sollten? Friedrich Georg Jünger war sich da nicht so sicher.

Friedrich Georg Jünger lebte von 1898 bis 1977. Wie sein älterer Bruder Ernst, dem er Zeit seines Lebens eng verbunden blieb, war er Weltkriegssoldat und zählte in den Zwanzigern als entschiedener Antidemokrat zur Speerspitze der „Konservativen Revolution“. Nationalsozialisten allerdings waren die Gebrüder Jünger nie, sondern setzten sich durch verschiedene Schriften vom Regime ab – Ernst Jünger vor allem mit dem autobiographisch angehauchten „Auf den Marmorklippen“ (1939), in dem Friedrich Georg als „Bruder Otho“ figuriert, Friedrich Georg mit seinem Gedicht „Der Mohn“ sowie mit „Die Perfektion der Technik“, einem Buch, das noch während des 2. Weltkrieges abgeschlossen wurde, aber erst 1946 veröffentlicht werden konnte.

 
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Mit Wolfram Eilenberger feiert schon wieder ein Autor mit philosophischen Büchern Erfolge. Handelt es sich bei seinen Werken um wirkliche Philosophie?

Es war am Altpapiercontainer, wo wir einander trafen, mein frühpensionierter Nachbar aus der Bankenbranche und ich. Er ist nicht gerade eine Leseratte, und so zog ich ihn ein wenig mit seiner Lektüre auf, bekam aber zu meinem Erstaunen zu hören, dass er ein eifriger Leser geworden sei.

 
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Weniger Roman, mehr Recherchetagebuch: „Aus der Zuckerfabrik“ von Dorothee Elmiger mäandert essayistisch-fragmentarisch von Szene zu Szene. Ein Erzähler-Ich notiert Beobachtungen, Begegnungen und Begebenheiten, mischt Faktuales und Fiktives, und entwirft dadurch ein Sammelsurium an Gedankensplittern, Momentaufnahmen und Materialansammlungen zu Südseesehnsüchten, Kolonialisierungsmacht und ungestilltem Appetit.

Es sind reale Begebenheiten, die Dorothee Elmigers Werk zugrunde liegen.

 
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Der Roman „Die Vögel“ gehört längst zum Kanon zeitgenössischer Literatur in der norwegischen Heimat seines Autors Tarjei Vesaas.

Bestsellerautor Karl Ove Knausgård hat dieses Buch sogar als besten norwegischen Roman bezeichnet, der je geschrieben wurde. Bisher war der Roman hierzulande nur antiquarisch erhältlich.

 
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Ein erfrischend unakademisches Buch über das Schreiben auf einem Blatt Papier hat der Philosoph Manfred Sommer geschrieben.

„Stift, Blatt und Kant“? Das ist ein merkwürdiger Titel, der aber das Thema dieses Buches und das Interesse des Autors sehr genau beschreibt. Zunächst nämlich geht es wirklich nur um das Verhältnis vom Bleistift zum Papier, aber es versteht sich, dass diese Banalität nicht das eigentliche Thema ist, denn von da aus kommt Manfred Sommer auf elementare Überlegungen der Erkenntnistheorie zu sprechen. Besonders geht es um die Rolle, die der Leib im Erkenntnisprozess und in der Selbsterfahrung eines Menschen spielt. Sommer fragt sich, „ob nicht, was Verstand ist, sich durch das begreifen läßt, was die Hand tut.“

 
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Im Klimakatastrophen-Krimi „Malé“ erzählt Roman Ehrlich vom wortwörtlichen Untergehen einer Welt, die dem stetig steigenden Meeresspiegel zum Opfer fällt – interessiert sich aber eigentlich mehr für die Schicksale, Sehnsüchte und Selbstbefragungen seiner Protagonisten, die in der langsam versinkenden Stadt Malé aufeinandertreffen.

 
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Es heißt „Die Pest“, und der Roman handelt auch wirklich von der Pest und spricht von nichts anderen. Und doch ist dieser Roman ein Buch über ein ganz anderes Thema. Sogar in der Wikipedia kann man lesen, dass „Die Pest“ eigentlich die Besetzung Frankreichs durch die Deutschen bedeutet.

Und mit dem Kampf gegen die Krankheit ist die Résistance gemeint. Die Schilderungen der Seuche und der ihr geschuldeten Situation in der Stadt sind aber so akkurat, nüchtern und dabei so lebenswahr, dass man dem Roman gerade in dieser Zeit besondere Aufmerksamkeit schenken muss.

 
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Brian Mc Neill, geboren 1950 in Falkirk, Schottland, Schottlands Botschafter der Folkmusik, hat sich längst auch als Romanautor einen Namen gemacht.

Nun zeigt er, dass er auch großartige Kurzgeschichten erzählen kann. In „The Horseman’s Word“ beweist McNeill ein feines Gespür für die Eigenheiten verschiedener Klassen und Kulturen. Natürlich auch für die Spannungen, die daraus entstehen können. Sechs Erzählungen sind es, die ein ganzes Jahrhundert umspannen: 1913 (The Horseman`s Word) bis 2016 (Das letzte Gefecht).

 
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Ist es das wichtigste philosophische Buch des Jahres? Ich glaube das ganz unbedingt.

Endlich – siebzig Jahre nach seinem Tod – sind die „Cirkelprotokolle“ von Nicolai Hartmann erschienen. Es dürfte schwerfallen, anregendere und interessantere Texte zu den zentralen Fragen der klassischen Philosophie zu finden.

 
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In ihrem Debütroman „Streulicht“ erzählt Deniz Ohde vom Erwachsenwerden zwischen den Existenzentwürfen: vom falschen Versprechen der Bildungsgerechtigkeit, vom verzögerten Aufstieg als Arbeiterkind und der konstanten Angst des Scheiterns, vom Erwartungsdruck und der Enge des Heimatorts, aus dem sie ausbrechen will, auch wenn alle anderen bleiben. Ohde entwirft ein einfühlsames und ehrliches Portrait einer Existenz, die geprägt ist von alltäglichen Erfahrungen der Ungleichheit und dem verinnerlichten Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit, bei dem der Aufschrei jedoch ausbleibt – und das Aufbegehren erst spät gelingt.

 

Ein kleiner Ort neben einem Industriepark, irgendwo in Deutschland. Fabrikschlote ragen in den Himmel, eine feine Säure liegt in der Luft, in der Ferne das konstante Brummen der Werkhallen. Hier hat ihr Vater 40 Jahre lang Aluminiumbleche durch Laugen gezogen, hier ist die namenlose Ich-Erzählerin selbst aufgewachsen.

 

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