Otto Bubeníček – Jeder Moment muss Sinn machen
- Geschrieben von Hans-Juergen Fink -
Otto Bubeníček war langjähriger Erster Solist der Hamburger Compagnie und hat zahlreiche Rollen in John Neumeiers Balletten kreiert und geprägt. Am Ende der Spielzeit verlässt er das Hamburg Ballett. Mit Hans-Juergen Fink sprach er über seine zukünftigen Pläne.
Das Datum seines letzten Auftritts auf der Staatsopernbühne kennt Otto Bubeníček schon: der 12. Juli, in der Nijinsky-Gala. Was er da tanzen wird? „Darüber wird noch nachgedacht.“ Seine allerletzte Vorstellung mit dem Hamburg Ballett geht wenig später beim Gastspiel im „La Fenice“ in Venedig über die Bühne, „in der Dritten Sinfonie von Gustav Mahler.“
„Stell’ dir eine völlig neue Art zu leben vor – ein Leben, in dem du frei bist zu sein, wer du wirklich bist. Du lebst dein Leben nicht länger danach, was andere Menschen von dir denken könnten.“ So steht es auf der Website www.bubenicek.eu – das Programm für die Zeit nach dem Hamburg Ballett? Bubeníček, Jahrgang 1974, lacht: „Klar. Dann bin ich frei – darum höre ich ja auf.“ Verständlich bei einem, der länger als 20 Jahre dem Hamburg-Ballett treu geblieben ist.
Angefangen hat Ottos Karriere und die seines Zwillingsbruders Jiri in Hamburg mit einem „Nein“. John Neumeier bot ihnen 1991 an, nach Hamburg zu kommen, doch sie wollten erst die Ballettschule am Prager Konservatorium beenden. Dann ging alles „ganz leicht“ – 1993 Hamburg, 1995 wurden beide Solisten, 1997 Erste Solisten, gelobt, gefeiert, geehrt. „Wenn wir etwas anpacken, dann mit 300 Prozent. Wir haben hart gearbeitet, und wir mussten nie kämpfen. Die Aufgaben kamen zu uns.“ Die unzähligen großen und kleinen Rollen, die er getanzt hat. „Allein in ‚Romeo und Julia’ war ich Romeo, Mercutio, Tybalt, Benvolio und in der Schauspieltruppe – und jedes Mal wird der Blick auf die Choreographie bereichert.“
John Neumeier, sagt er, habe eine wunderbare Art, seine Tänzer dazu zu bringen, Dinge zu tanzen, von denen sie gar nicht glaubten, dass sie das können. „Und wir sind hier Schauspieler, durch das Spielen und die Gefühle tanzen wir. Jeder Moment muss Sinn machen – und der Sinn muss zuerst da sein, dann kann man ihn auch tanzen – einfach, offen und wahr.“
Das Ende im Hamburg Ballett lässt ihm wenig Zeit für Melancholie, auch wenn er hier mehr als sein halbes Leben getanzt hat. „Direkt nach Italien gehen wir nach Tschechien“, erzählt Otto Bubeníček. Er und Jiri, der fast zeitgleich beim SemperOper Ballett in Dresden aufhört, wo er seit 2006 Erster Solist ist. In der diesjährigen Kulturhauptstadt Europas Pilsen gibt es mehrere Aufführungen unter dem hübschen Namen „Les Ballets Bubeníček“. Sie waren schnell ausverkauft.
2009 – damit ließ sich die Distanz Hamburg–Dresden leichter aushalten – begannen die beiden mit solchen Ballettabenden. Die Choreographie macht Jiri, Bühnenbild, Kostüme, Musik und Videos stammen von Otto, er designt und komponiert am Computer, „beim Zeichnen mit der Hand und am Klavier bin ich einfach nicht schnell genug.“ Inzwischen ist ihr Kalender bis 2017 gut gefüllt. „Drei, vier Jahre möchte ich schon noch selbst tanzen“, sagt Otto Bubeníček.
Ausprobieren, was geht. Dem Traum von der eigenen Compagnie näherkommen. Sie choreographierten für New York, Sapporo, Zürich, Wien, Dortmund. Das Ballett Dortmund holen sie diesmal komplett nach Pilsen mit „3 Streifen: Tanz“ zum Beispiel, ihr erstes großes Handlungsballett, nach dem Filmdrama „Das Piano“ von Jane Campion.
Dass er unter dem Markennamen „Bbooties“ auch Warm-up-Stiefel für Tänzer designt, ist typisch für den Mann, dem kreative Ideen schneller kommen, als er sie umsetzen kann: „Solche Stiefel gab’s natürlich, nur eben in langweiligen Farben.“ Bubeníček hat Farbe und Leben ins Bootie-Design gebracht. Mutter, Vater und Onkel stellen sie her – und Tänzerinnen und Tänzer in aller Welt wollen sie haben.
Wo er leben will, wenn er die Hamburger Bühne verlassen hat? „In Hamburg.“ Dafür hat die Liebe gesorgt, seine Freundin ist Orchestermusikerin in Hamburg, und Otto Bubeníček, der so viel Großes erreicht hat, will bei ihr bleiben. Und noch mal richtig lernen: „In Hamburg kann man Bühnenbild studieren, das ist genau richtig für mich.“
Mit herzlichem Dank an das Hamburg Ballett und an das Journal der Hamburgischen Staatsoper, für das dieser Text entstanden ist.
Abbildungsnachweis: Alle Fotos © Holger Badekow
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