Musik
Pimpinone/Dinner for One in der Hamburger Kammeroper Foto Joachim Fluegel

Oper schlägt Fernsehen – Wie die kleine Bühne der Hamburger Kammeroper an der Max-Brauer-Allee aus einer verrückten Idee eine hinreißende Opernüberraschung gemacht hat.

Was Jahr für Jahr Silvester Millionen Zuschauer vor den Fernseher lockt, kann nicht ganz verkehrt sein, sagte sich Uwe Deeken, Gründer und ehemaliger Leiter der Kammeroper. Also machte sich im Sommer das Kreativ-Team des kleinen Opernhauses an die Arbeit. Ehefrau Barbara Hass entwickelte eine Geschichte, Ettore Prandi und Marius Adam suchten und bearbeiteten die passende Musik, Lisa Überbacher war für Bühne und Kostüme zuständig, und für die spielfreudige Regie sorgte Andreas Franz.

Das Rezept: Man nehme ein bisschen von Telemanns 1725 uraufgeführtem Einakter „Pimpinone“, etwas Neapolitanisches aus Pergolesis „La Serva Padrone“ und runde das Ganze mit ein paar Takten Bach und Händel ab. Mische noch ein bisschen Schierlingskraut und Fingerhut unter und serviere den tödlichen Cocktail, Koloraturen schmetternd, den ahnungslosen Liebhabern von Fräulein Sofie. Die Wirkung ist im wahrsten Sinne des Wortes umwerfend.

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Kein Wunder bei diesem Ensemble. Sie überbieten sich gegenseitig sängerisch und darstellerisch. Und bleiben beim Gelächter des Publikums auch noch ernst. Zwei Stunden pures Vergnügen für Auge und Ohr. Das kleine Orchester, zwei Geigen, Bratsche und Cello, wird von Ettore Prandi vom Cembalo aus geleitet und entfaltet barocke Pracht. Überraschend, wie gut sich die Bühne, ein Restaurant im Design der 1970er-Jahre, einfügt. Beim „Dinner for One“ klingt es ganz selbstverständlich. Ein weiterer Clou ist eine echte Wurlitzer-Music-Box, die auf Knopfdruck Händel spielt.

Doch nochmal zurück zur Geschichte. Pimpinone ist in dieser Oper ein Edelitaliener, dem die Servicekraft weggelaufen ist – und das mitten in der Saison. Schnell findet er in der scheinbar schüchternen Vespetta eine neue Hilfe. Sie geizt nicht mit ihren Reizen, und bald schon ist Pimpi nicht mehr Herr im eigenen Haus.

Miss Sophie, in diesem Fall Fräulein Sofie, ist Stammgast in diesem Etablissement, wenn auch mit wechselnden Partnern. Leider lernen wir ihre Liebhaber nicht wirklich kennen, weil die regelmäßig schon vorm Dessert das Zeitliche segnen. Müssen sie ja auch, weil nach der Pause Fräulein Sofie ihr Abendbrot ja allein essen wird.

Da ist zunächst ist alles wie immer. Das heißt, wie wir es aus dem Fernsehen kennen. Fräulein Sofie wird mehr oder weniger formvollendet von James bedient. Wie im Laufe des Dinners die Liebhaber doch nochmal von sich hören lassen und warum Vespetta das letzte Lied singt, wird hier nicht verraten, das sollten Sie schon selber sehen.

Bei der Premiere ausgelassen gefeiert wurden Marius Adam als Pimpinone, Natascha Dwulecki als Vespetta, Sophia Maeno als Fräulein Sofie und Titus Witt als James. Großer Applaus für einen hinreißenden, kammermusikalischen Abend, maßgeschneidert für die Kammeroper. Mit einem Ensemble, das durch sein Können besticht, Musik, die zu Herzen geht und Empfindungen freisetzt, die weiterwirken, auch wenn der letzte Ton längst verklungen ist. Unbedingt ansehen! Es ist viel mehr als „same procedure as every year“.
Pimpinone/Dinner for One
Noch bis 5. Februar in der Hamburger Kammeroper, Max-Brauer-Alle 76, Hamburg-Altona.
Alle Daten und direkte Ticketbuchung unter www.alleetheater.de oder unter (040) 3829 59


Abbildungsnachweis: Alle Fotos: Dr. Joachim Flügel
Header: Titus Witt (James), Sophia Maeno (Fräulein Sophie)
Galerie:
01. Titus Witt (James), Sophia Maeno (Fräulein Sophie)
02. Natascha Dwulecki (Kellnerin), Marius Adam (Pimpinone)
03. Natascha Dwulecki (Vespetta),
Titus Witt (James), Sophia Maeno (Fräulein Sophie)
04.
Natascha Dwulecki (Vespetta), Marius Adam (Pimpinone)
05. Marius Adam

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