Was, schon wieder Weihnachten? Jedes Jahr das gleiche Erstaunen, der innere Kalender will mit dem äußeren einfach nicht zusammenpassen. Doch wenn mit einem Schlag zahlreiche Ausstellungen der Kunsthandwerker/Innen eröffnen, wird es Zeit, sich auf den Advent einzustellen.
Das Angebot ist riesig, doch welche Messen und Märkte in Hamburg sind empfehlenswert? Die alten Hasen setzen da auf das Gütesigel AdK. Wo Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft des Kunsthandwerks Hamburg ausstellen, ist das Niveau erfahrungsgemäß top. In der Hamburger Innenstadt sind das drei Orte: Die Messe Kunst und Handwerk im MKG, die Adventsmesse in der Koppel 66 und die Ausstellung „Drei Monate Gestaltung außer der Reihe“ in der Lange Reihe 47.
Die Messe im Museum für Kunst und Gewerbe, schräg gegenüber vom Hamburger Hauptbahnhof, ist traditionell der Platzhirsch. Gegründet von Justus Brinckmann 1879 zur Förderung junger Hamburger Talente und später als Leistungsschau angewandter KünstlerInnen aus Norddeutschland etabliert (plus Sonderausstellung aus einem Gastland), versteht sich die Messe seit 2012 als internationales Forum für aktuelle Entwicklungen. Junges Autoren-Design und Hochschul-Nachwuchs aus dem In- und Ausland rückte seitdem verstärkt in den Fokus. Das brachte in den vergangenen Jahre zwar erfrischende Impulse, bedeutete für etliche Lokalmatadore jedoch das Ende einer langen Tradition.
Seit 2017 zeichnet Caroline Schröder als neue Leiterin der Abteilung Kunst und Design für die Messe verantwortlich und sie ringt offenbar genauso sehr mit Platzproblemen wie ihre Vorgänger. Waren im vergangenen Jahr 67 Teilnehmer zu Gast im MKG, so sind es diesmal (nur) 51 Ausstellerinnen und Aussteller, die ihre hervorragenden Produkte in der ehemaligen Turnhalle und in der Belle Etage des Museums am Steintorplatz präsentieren.
Den renommierten Justus Brinckmann Preis erhielt in diesem Jahr die Weberin Anne Andersson. In der Begründung der zehnköpfigen Fachjury heißt es: „Das klare, puristische Design und die hohe handwerkliche Fertigkeit von Anne Andersson begeisterten die Jury. Alltägliche, jedem vertraute Objekte wie zum Beispiel Hand- und Geschirrtücher überzeugen durch gute Gestaltung, hochwertige Haptik und schöne Farben. Auf den ersten Blick zurückhaltend sind die aus Leinen-Baumwoll-Mischungen gefertigten Textilien eine gelungene Verbindung von modernen und klassischen Webtechniken und zelebrieren das traditionelle Handwerk“. Mit Anne Andersson ist zum zweiten Mal hintereinander ein Mitglied der Arbeitsgemeinschaft des Kunsthandwerks Hamburg (AdK) ausgezeichnet worden. Überhaupt sind erfreulich viele AdK-Mitglieder (und Ex-AdK-Mitglieder) in diesem Jahr dabei. So zeigen im Bereich Textil Anne Andersson, Ulrike Isensee und Katja Stelz grafisch extravagante Tücher, Decken und Schalobjekte. Natürlich ist auch der Weber Andreas Möller dabei, der 2017 den Justus Brickmann Preis erhielt und diesmal in der Jury saß. Möller stellt übrigens erstmals gemeinsam mit seiner Frau Natalia aus. Hendrike Farenholtz und Ragna Gutschow sind mit ihren hervorragenden Möbeln immer ein Highlight der Messe, ebenso Hutmacher Peter de Vries und Kira Kotliar, deren bezaubernde Pappmaché-Figuren jeder Messe etwas Märchenhaftes verleihen. Im Bereich Schmuck und Silber glänzen die Arbeiten von Claudia Christl, Babette von Dohnanyi, Ulla und Martin Kaufmann, Claudia Westhaus und Großmeister Wolfgang Skoluda, dem die Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München im kommenden Frühjahr eine große Sonderausstellung widmet.
Neuentdeckungen auf der MKG-Messe 2018: Corinna Petra Friedrich und Susann Sting, zwei hochinteressante Keramikerinnen, die mit grafischen Elementen und der bewussten Brechung von Perfektion experimentieren. Der Bremer Joachim Manz, dessen Lampenobjekte und Kleinmöbel zwischen Design und Skulptur oszillieren, sowie Alena Willroth mit Schmuck aus Polyethylen-Folie und die junge AdK-Künstlerin Svea Imholze, die mit dünnen Blechen und Drähten vegetativ anmutende Schmuckkörper konstruiert.
Oft ähnlich hochwertig, aber meist nicht ganz so hochpreisig, präsentiert sich die angewandte Kunst wenige Schritte weiter in Richtung Alster. Unter den zahlreichen Ausstellern aus dem In- und Ausland im Haus des Kunsthandwerks (Koppel 66) sind etliche AdK-Mitglieder und erfreuen mit Dingen, die den Alltag verschönern. Die edlen Hüte von Silvia Bundschuh beispielsweise oder die Aquarelle und kleinen Keramiken von Daniel Vogler. Gunter König, der seine formschönen Möbel bislang im MKG präsentierte, ist dieses Jahr ebenfalls in der Koppel zu Gast, genau wie die beiden Schmuckgestalterinnen Ilka Bruse und Anke Gralfs.
Gleich nebenan, in der Langen Reihe 47, verwandelt sich eine Eisdiele seit nunmehr 13 Jahren während der Wintermonate in einen Showroom der Extraklasse. Hier zeigen rund 20 KunsthandwerkerIinnen ausgewählte Arbeiten, unter ihnen Ula Dahm (Seidenschmuck), Anna-Karin Garbe (Filz-Taschen) Jerry Johns (Keramik), und Hermann Savary (Holzschalen und -Stifte), die sich wunderbar auch als kleine Geschenke und Mitbringsel eignen. Gleich eingangs fallen die bezaubernd-verspielten Anhänger von Marjon Reinsberger aus Edelsteinen, Keramik und Perlen ins Auge, das fröhliche Bestiarium der Keramikerin Cornelia Woitun und der hinreißende Papierschmuck von Andrea Meyer - eine Entdeckung für alle, die ihn noch nicht kennen. Eigens zum Weihnachtsfest kreierte die Buchbinderin aus Schleswig-Holstein zarte Himmelsboten, deren Flügel handgeschnittene Klöppelspitzen-Muster zieren: „Spitzenengel“ in jeder Hinsicht.
Messe Kunst und Handwerk
im Museum und Kund und Gewerbe am Steintorplatz, 20099 Hamburg (bis 9.12.)Weitere Informationen
Adventsmesse
Koppel 66 (bis 23.12. jeweils Fr-So 11-19 Uhr)Weitere Informationen
Flyer
„Drei Monate Gestaltung außer der Reihe“
Lange Reihe 47 (bis 23.12. täglich 11-19 Uhr, danach bis 12.01.19, Di-Sa 12-19 Uhr).Weitere Informationen
Abbildungsnachweis:
Header: Blick in die Galerie Lange Reihe 47 mit Keramiken von Jerry Johns
Galerie:
01. Links: Antonia Aschendorf, Präsidentin der Justus Brinckmann Gesellschaft, rechts: Preisträgerin Anne Andersson. Foto: Justus Brinckmann Gesellschaft
02. Schals von Handweberei Purpur. Foto: Isabelle Hofmann
03. Dosen, brauner schamottierter Ton, 2017, Foto: Jens Gerber
04. Textilschmuck Ula Dahm. Foto: Isabelle Hofmann
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