Seit der Eingliederung in die spanische Krone im 15. Jahrhundert hat sich auf den Kanarischen Inseln nach und nach ein einzigartiger architektonischer Stil herausgebildet.
Die Kolonisatoren brachten eine neue Lebensweise mit sich, die die Gepflogenheiten der einheimischen Bevölkerung ablöste. Zahlreiche Einflüsse von Einwanderern unterschiedlicher Herkunft wurden in der Welt der Architektur und Kunst sichtbar und hinterließen ihre Spuren in mitunter prächtigen Bauwerken. Von der ersten Besiedlung der Kolonialherren zeugen noch heute zahlreiche Gebäude auf dem Archipel, die die Zeit überdauert haben.
Die Casa del Corregidor in La Laguna auf Teneriffa, einst Symbol der politischen Macht, wurde schon 1545 fertiggestellt. Von dem alten Bauwerk ist nur noch die Fassade aus rotem Stein erhalten, es ist eines der ältesten Beispiele für platereske Baukunst auf den Kanaren. Gleiches gilt für die Casa Regental, eines der herrschaftlichen Gebäude an der Plaza de Santa Ana in Las Palmas de Gran
Canaria, das als Residenz für die Präsidenten des Königlichen Gerichtshofs gedacht war. 1842 fiel das Bauwerk einem Brand zum Opfer, heute präsentiert sich die Fassade als eine außergewöhnliche Mischung verschiedener Architekturstile. Die Casa de Colón, ebenfalls in Las Palmas de Gran Canaria, wurde im 15. Jahrhundert erbaut und mehrfach restauriert. Ihre Hauptfassade ist im gotischen Stil gehalten, während das Rathaus der Stadt, im frühen 16. Jahrhundert erbaut, eine Fassade im Renaissance-Stil aufweist.
La Casa del Corregidor war der Wohnsitz der Obersten Richter, während sie auf der Insel Dienst taten. Sie waren die höchste militärische, politische und gerichtliche Autorität. Foto: Turismo La Laguna
Die christliche Religion spielt seit der Ankunft der ersten Siedler eine große Rolle auf den Kanarischen Inseln. Die Kathedrale Santa Ana in Las Palmas de Gran Canaria, die im Auftrag des spanischen Königs 1487 nach der Eroberung der Insel errichtet wurde, gilt heute als das bedeutendste Bauwerk der kanarischen Architektur. Sie vereint zahlreiche unterschiedliche Stile, darunter die Spätgotik in ihrem Inneren und den Neoklassizismus an ihrer Fassade. Nicht minder sehenswert sind die Kirchen Nuestra Señora de la Concepción in La Laguna und La Concepción in Santa Cruz auf Teneriffa. Beide stammen aus dem späten 15. Jahrhundert, sind aus Stein gebaut und werden von einem Glockenturm im toskanischen Stil gekrönt. Zu den ältesten Tempelanlagen Teneriffas zählt auch die Kapelle von San Telmo in Puerto de la Cruz. Sie wurde von Fischern aus der Gegend erbaut und geht auf das 16. Jahrhundert zurück.
Kathedrale Santa Ana in Las Palmas de Gran Canaria. Foto: Jorrit van Hertum. Innenraum. Foto: Uwe Barghaan
Hinsichtlich militärischer Gebäudearchitektur ist der Torre del Conde in der Villa de San Sebastián auf der Insel La Gomera hervorzuheben. Er ist der einzige auf dem Archipel erhaltene mittelalterliche Turm und wurde zwischen 1447 und 1450 erbaut. Bei ihm handelt sich um eine militärische Festung im gotischen Stil, mit quadratischem Grundriss und prismatischer Form. Als eines der bedeutsamsten Bauwerke in Las Palmas de Gran Canaria sticht außerdem das Castillo de La Luz hervor. Die Festung wurde im 15. Jahrhundert aus Quadersteinen errichtet und hat eine fünfeckige Form. Heute beherbergt sie das historische Museum der Stadt. In Santa Cruz de Tenerife wiederum war das Castillo San Juan Bautista, auch Schwarze Burg genannt, einst ein wichtiger militärischer Posten zur Verteidigung der Stadt. 1644 aus Basaltstein gebaut, gilt es als die am besten erhaltene Burg der Insel.
Wenn es um häusliche Architektur auf den Kanarischen Insel geht, ist zwischen zwei weit verbreiteten Bauarten zu unterscheiden: Der kultivierten und der populären. Der erste Fall meint monumentale Gebäude, die sich in bester Lage in den Stadtzentren befinden und deren Fassade häufig mit Adelswappen geschmückt sind – auf diese Weise wurde die soziale und kulturelle Macht ihrer Bewohner deutlich. Die traditionellen kanarischen Häuser dagegen sind meist einstöckig, einfach und funktional, mit weißen Wänden, braunem Holz, grauen oder gelben Steinen und dunkelroten Dächern.
Die kanarische Architektur im Wandel
Dass die Architektur auf den Kanaren heute so aussieht, wie sie aussieht, wurde durch zwei Faktoren wesentlich beeinflusst: die Entwicklung des Bürgerstands und den Tourismus. Im Laufe des 19. Jahrhunderts hält zunächst der Neoklassizismus Einzug auf dem Archipel. Von dieser Zeit zeugen heute hauptsächlich religiöse Gebäude wie die Kathedrale von Las Palmas de Gran Canaria Kirche und die Kirche Santiago de Los Caballeros de Gáldar, ebenfalls auf Gran Canaria. Ab 1903 wird der bauliche Stil auf der Inselgruppe dann immer modernistischer. Beispiele dafür sind das Gabinete Literario in Las Palmas de Gran Canaria, das Teatro Leal in La Laguna auf Teneriffa sowie das Elder House und das Rathaus von Santa Cruz de Tenerife. Mitte des 20. Jahrhunderts ist der vorherrschende architektonische Stil auf den Inseln zunächst rationalistischer und später – nach Ende des spanischen Bürgerkriegs – häufig klassizistisch-traditionalistischer Natur. Ab 1950 verändert schließlich der (Massen-)Tourismus die Gebäude-Landschaft des Archipels nachhaltig. Neben zahlreichen großen Hotelbauten entstehen auch einzigartige Meisterwerke wie der Mirador del Río und die Jameos del Agua auf Lanzarote oder der Lago Martiánez in Puerto de la Cruz auf Teneriffa.
„Alfredo Kraus“-Auditorium. Las Palmas de Gran Canaria. Foto: Pepe Lopex. CC BY-SA 3.0 Deed
Bis heute haben sich viele namhafte Architekten auf den Kanarischen Inseln verewigt. So entwarf beispielsweise Óscar Tusquets das Alfredo Kraus Auditorium in Las Palmas de Gran Canaria – ein farbenfrohes, monumentales Gebäude, errichtet aus Vulkangestein. Für das Auditorio de Tenerife Adán Martín zeichnet Santiago Calatrava verantwortlich. Das beeindruckende Gebäude mit seinem 60 Meter breiten Sockel, der sich sichelförmig bis 57 Meter hoch in die Luft schwingt, gilt als Wahrzeichens der Hauptstadt Santa Cruz de Tenerife. Derselbe Architekt designte auch das Internationale Messe- und Kongresszentrum von Teneriffa, das durch sein kühnes Design aus Stahl und Glas besticht. Das Magma Arte & Congresos in Adeje auf Teneriffa nicht zuletzt wurde vom Architekten Fernando Menis entworfen und erinnert an den vulkanischen Ursprung der Insel. Das Bauwerk zählt zu den Meisterwerken zeitgenössischer kanarischer Architektur und dient als Kulisse für eine Vielzahl kultureller Veranstaltungen.
Magma Arte & Congresos Tenerife. Foto: © Turismo de Islas Canarias
Weitere Informationen zu den Kanarischen Inseln unter www.hallokanarischeinseln.com
Kommentar verfassen
(Ich bin damit einverstanden, dass mein Beitrag veröffentlicht wird. Mein Name und Text werden mit Datum/Uhrzeit für jeden lesbar. Mehr Infos: Datenschutz)
Kommentare powered by CComment