Film

Nur das Dröhnen der Helikopter erinnert an den nah gelegenen Vergnügungspark „Magic Kingdom” und dessen florierende Touristikindustrie. Jene Welt bleibt unerreichbar für die Kids des Prekariats und doch winken sie fröhlich den Piloten zu. Noch ignorieren sie die Armut um sich herum, quietschen, lachen, sind immer in Bewegung, übermütig, frech, ausgelassen.

Das herrlich eigenwillige Sozialdrama mit seinen bonbonfarbenen Sonnenuntergängen und architektonischen Absurditäten ist eine Hommage an Hal Roachs Filmserie „Die Kleinen Strolche” (ab 1922). US-Regisseur Sean Baker erzählt in „The Florida Project” die Geschichte jenes Sommers aus der Perspektive seiner altklugen sechsjährigen Protagonistin, hautnah, herzzerreißend und gnadenlos unsentimental, authentisch ähnlich „Tangerine L.A.”, aber nicht wie damals mit dem iPhone gedreht sondern in wundervollen Breitwand-Landschaften. Pop verité nennt Baker, ein Meister der Improvisation, seinen hyperstilisierten Realismus.

 
Musik

Es hätte ein wuchtiger Akzent zum Beginn der Italienischen Opernwochen werden können – es wurde ein holpriger Start. Verdis Musik, so aufgeführt, geht nur selten unter die Haut.

 
Fotografie
Gute Aussichten

Diese Schau ist längst eine Institution: Seit 2004 präsentieren die Hamburger Deichtorhallen Jahr für Jahr „Gute Aussichten“ – den einzigen Deutschen Wettbewerb, der Nachwuchsfotografen und -fotografinnen bundesweit in großen Ausstellungshäusern präsentiert.
Nun ist es wieder soweit. Doch zuvor eröffnete das Haus der Fotografie (die südliche Deichtorhalle) „Gute Aussichten Deluxe“ – eine Art „Best Of“ ehemaliger Preisträger.

 
Bildende Kunst
Rubens Städel Frankfurt

Der Maler aus dem flämischen Antwerpen beherrscht alle Gattungen der Malerei, vom Altarbild über Landschaften bis zum Portrait. Er bedient dabei den Geschmack seiner Zeit: mythologische Themen von antiken Göttern und Heroen, biblische Sujets aus dem Alten und Neuen Testament, Frauen mit üppig, sinnlichen Körperformen, vor Kraft strotzende, muskulöse Männer. Aber, welche sind die künstlerischen Bildquellen, die Rubens fünfzigjähriges Schaffen prägen?

 
Film
Call Me by Your Name

Eine hinreißende subtile Liebesgeschichte, ihr melancholischer Zauber ist überwältigend, unwiderstehlich: Jene unerträgliche Sehnsucht, das schmerzhafte Verlangen zwischen Scham, Stolz, Angst, Sprachlosigkeit und dem ach so fragilen Glück fühlt sich an, als wären es die eigenen, fast vergessenen Erinnerungen.
Wir spüren die wundervoll träge Mattigkeit am Ende heißer Sommertage und eine nie überwundene Wehmut. Strahlte Luca Guadagninos Film „A Bigger Splash” (2016) eher die elegant erotische Kühle eines Hitchcock-Thrillers aus, „Call Me by Your Name”, diese sinnliche behutsame Coming-of-Age-Romanze eines altklugen Siebzehnjährigen ist genau das Gegenteil und wurde für vier Oscars nominiert.

 
Bildende Kunst
Vivian Kahra und Bodo Korsig: restless in space

Die Galerie Borchardt in der Hamburger Altstadt zeigt Werke der beiden Künstler Vivian Kahra und Bodo Borsig. Beide stellen erstmals gemeinsam in einer dialogischen Ausstellung ihre Arbeiten vor.

 
Film
Die Verlegerin Filmstill

Grandioses Polit-Kino als beschwörendes Fanal.
Das Doku-Drama „Die Verlegerin” ist Steven Spielbergs unmittelbare Reaktion auf das Jahr Eins der Ära Trump, jenes US-Präsidenten, der in geifernder Polemik Journalisten als „scum” bezeichnet oder „unehrlich”, der Meinungs- und Pressefreiheit zur Farce reduziert, während er selbst täglich für neue Schlagzeilen sorgt. Regisseur Spielberg steckte 2017 mitten in den Dreharbeiten seines Science-Fiction-Thrillers „Ready Player One”, aber kurz entschlossen schob er den Film über die umstrittene Veröffentlichung der geheimen „Pentagon-Papiere” dazwischen. Es ging um die Lage im Vietnamkrieg, der jahrzehntelange Vertuschungsskandal des Weißen Hauses erschütterte 1971 die Vereinigten Staaten ähnlich wie wenig später die Watergate-Affäre. Die Parallelen zur Gegenwart sind nur zu offensichtlich, die Zeit drängt, es gilt Widerstand zu leisten. Jetzt genau wie damals.

 
Musik
Dresden übertrumpft Bayreuth: Thielemanns „Ring“ der großen, zarten Gefühle

So kurzweilig, so fesselnd erklang Wagners „Ring des Nibelungen“ lange nicht mehr wie kürzlich in Dresden mit Christian Thielemann und der Sächsischen Staatskapelle.
Das Abendrot über der Semperoper, opulent, fast drohend, flammendrot wie aus der Kulissenmalerei, ist verschwunden. Und der fast leergefegte Dresdner Theaterplatz wieder düster, kaum etwas deutet darauf hin, das hier gleich ein Musikereignis beginnt, für das Wagner-Fans vor einem Jahr lange Schlange standen, um Karten zu bekommen. Genau einen Tag dauerte der Vorverkauf in der Schinkelwache, dann waren die beiden Zyklen von „Der Ring des Nibelungen" komplett ausverkauft. Es war ja auch nicht irgendein „Ring“, sondern „Der“ Ring mit Christian Thielemann am Pult der Sächsischen Staatskapelle und einem Sänger-Ensemble, das zu großen Teilen Bayreuth-gestählt ist.

 
Film
Shape of Water Das Fluestern des Wassers

Betörender Genre-Mix aus Märchen, Musical, Spionagethriller, Liebesgeschichte, Neo Noir. Guillermo del Toro verändert nachhaltig den magischen Kosmos von ‚La Belle et la Bête’ und auch ein wenig unsere Welt. Die ästhetisch frappierende Fantasy-Burleske mit unverkennbar politischer Message wurde nominiert für 13 Oscars.
Das melancholische bildgewaltige Außenseiter-Epos als Hommage an die Unsterblichkeit des Kinos ist wohl der persönlichste Film des mexikanischen Regisseurs und Autors. „Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” erzählt von der stummen Putzfrau Elisa Esposito (Sally Hawkins), die in einem streng geheimen unterirdischen Forschungslabor der US-Regierung Toiletten und Böden schrubbt.

 
Bildende Kunst
Karl Schmidt-Rottluff: expressiv, magisch, fremd BKF F Ulrich Perrey

Gut Ding will Weile haben, heißt es. Manchmal erstaunlich lange Weile: Zum ersten Mal untersucht eine Ausstellung den Einfluss außereuropäischer Kunst auf das Werk Karl Schmidt-Rottluffs (1884-1976).
Dabei hat William Rubin in seinem Standartwerk über den „Primitivismus in der Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts“ die Anregungen exotischer Stammeskunst auf die europäische Moderne schon vor über 30 Jahren aufgezeigt. Zahlreiche Gruppenausstellungen zu diesem Thema gab es seitdem. Einzelausstellungen weitaus seltener. Dennoch verwunderlich, dass dieser Aspekt im Oeuvre des berühmten „Brücke“-Künstlers erst jetzt unter die Lupe genommen wird. Nicht etwa in Berlin, sondern im Bucerius Kunstforum in Hamburg: „Karl Schmidt-Rottluff: expressiv, magisch, fremd.“