Am 8. August eröffnete der Kunstverein Heide um 11.30 Uhr in der Museumsinsel, Lüttenheid 40 in Heide, seine dritte und letzte Ausstellung dieses Jahres im Rahmen des Dithmarscher Kulturprojektes „Kunstgriff“. Ausstellender Künstler im doppelbegabten Sinne ist der Kieler Schriftsteller Feridun Zaimoglu.
Anfang Dezember 1964 in Bolu, einer Stadt im Nordwesten der Türkei, geboren, war Feridun Zaimoglu gerade fünf Monaten alt, als seine Eltern, die sich bisher als Wanderarbeiter verdingt hatten, mit ihm 1965 in Berlin als Gastarbeiter ankamen. Von Berlin aus ging es über München und Bad Godesberg an die Universität in Kiel, wo Zaimoglu sich in den Bereichen Medizin und freie experimentelle Malerei immatrikulierte. Sehr schnell stellte er aber fest, dass sein weiterer Lebensweg weder zu einem ordentlichern Studenten noch zu einem angehenden, reifen Bürger führen würde, denn ihm gingen sowohl die Stubenwärme wie die Selbstverortung ab und beides war für sein großes Ziel - das Schreiben - völlig unwesentlich. So wurde er freier Schriftsteller, aber immer noch mit einem Hang zur Kunst und Malerei. Seine grafischen Arbeiten werden von der Galerie Marc Richter in Lütjenburg/Ostholstein vertreten.
Die in der Ausstellung „HEIL and other pictures“ gezeigten grafischen Arbeiten von Feridun Zaimoglu teilen sich in zwei Bereiche:
Der erste Bereich ist sechzehn Figuren der biblischen Geschichte des neuen Testaments gewidmet – Josef, Maria, Jesus, Maria Magdalena und die zwölf Apostel. Alles in schwarzer China-Tusche ausgeführt und besonders markant in ihren jeweiligen Gesichtszügen, orientalisch, mit großer Nase und beeindruckend in ihrer Emotionalität. Da diese sechzehn Werke nicht einzeln sondern nur als Konvolut verkauft werden, braucht es dafür schon einen Mäzen.
Die Arbeiten im zweiten Bereich der Ausstellung sind schon eher etwas für den „normalen“ Geldbeutel und bestechen durch ihre besondere Art der Darstellung. Zaimoglus Technik, japanische Tusche im Kontext mit flüssigem Acryl, verzeiht keine Fehler und bietet den Blick auf eine Welt, die erst einmal verstört oder irritiert, denn man trifft auf deformierte Figuren, Szenen träumender Frauen, die in einem „Traumbild“ im wahrsten Sinne des Wortes „eingefroren“ sind, quasi Bilder der Entrückung, wie sie in Zaimoglus 2009 erschienenem Buch „Hinterland“ wortgewaltig in Szene gesetzt sind.
Diese Figuren sind der Welt der Verrichtung und Abrichtung enthoben. Womit sie beschäftigt sind oder womit sie interagieren, lässt sich mit dem Verstand nicht so leicht (be)greifen. Im normalen Alltag setzen wir uns voneinander ab, haben klare Konturen vor Augen. In den gezeigten Werken aber scheinen die Darstellungen überzulaufen. ineinander zu zerfließen, abgehoben und von etwas in Besitz genommen zu sein, wie in einem Traum mit großer Transparenz der Wirklichkeit. Die bürgerliche Vorstellung von der Autonomie oder Souveränität des Einzelnen ist aufgehoben. Das Individuum verschwimmt, zerfasert, löst sich im Umriss auf und wird Traumsequenz.
Wenn er nicht auf Lesereisen ist, lebt und arbeitet Feridun Zaimoglu in Kiel.
Zur Finissage am 28. August um 15.00 Uhr wird Feridun Zaimoglu verschiedene Texte lesen und mit den Zuhörern darüber diskutieren. Ein Büchertisch wird vom Peter Panter-Buchladen aus Meldorf gestellt und Zaimoglu wird auch vor Ort signieren. Anmeldung zur Lesung (empfohlen) bitte unter 0151-25207006.
Die Ausstellung ist zu den Öffnungszeiten der Museumsinsel zu besichtigen:
Di-Do + So: 11.30-17.00 Uhr
Fr: 11.30-14.00 Uhr
Sa: 14.00-17.00 Uhr
Mo: geschlossen
Quelle: Dirk-Uwe Becker, Schriftsteller & Künstler, Vorsitzender Kunstverein Heide eV, Vorsitzender Förderverein für Kunst und Kultur Eiderstedt eV<
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